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Vernetzung |

FibriCheck gewinnt die MEDICA App COMPETITION 2018

Foto: Messe Düsseldorf, Constanze Tillmann

Die App "FibriCheck" des gleichnamigen Startups katapultierte sich auf den ersten Platz bei der diesjährigen MEDICA App COMPETITION, dem Wettbewerb um die beste Health-App-Lösungen im Rahmen der weltgrößten Medizinmesse MEDICA in Düsseldorf. Eingebettet in eine Session beim MEDICA CONNECTED HEALTHCARE FORUM wurde die Präsentation des belgischen Entwickler-Teams von "FibriCheck" zur besten unter den insgesamt zehn Finalisten beim Live-Pitch am 14. November auf der Bühne in Messehalle 15 gewählt.

 

Die zehnköpfige internationale Jury wählte zudem die "Tonic App" (aus Portugal) auf den zweiten und die "Veta Health App" (aus den USA) auf den dritten Platz. Dabei zeigte sich eindrucksvoll: Digital Health ist keine reine Männersache. Die drei Sieger-Apps wurden jeweils von Frauen präsentiert. Wie alle übrigen Finalisten hatten sie sich bereits unter achtzig Einreichungen aus aller Welt durchgesetzt. Aus Europa und Nordamerika, aber auch aus Australien, Barbados, Ghana, Indien, Singapur und Thailand kamen Bewerbungen. Unter jenen finalen Top-10, die die Chance erhielten, sich bei der MEDICA 2018 dem internationalen Fachpublikum zu präsentieren, waren sogar Bewerbungen aus Taiwan und den Vereinigten Arabischen Emiraten.


Tatsächlich ist die belgische Sieger-App "FibriCheck" bereits durch die amerikanische Zulassungsbehörde FDA zugelassen, um verschiedene Herzrhythmusstörungen mit einer Smartphone-Kamera zu erkennen und einen Bericht sowohl für den Arzt als auch für die Patienten zu erstellen. Die App baut auf der so genannten Photoplethysmographie auf. Dabei handelt es sich um eine optische Messmethode, die darauf basiert, dass sich Streulicht mit der an den Blutgefäßen in der Haut vorhandenen Blutmenge verändert. Hierzu wird der LED-Blitz des Smartphones verwendet, um den Finger des Benutzers ausreichend zu beleuchten. Die Haut streut das Licht. Die Lichtintensität des gestreuten Lichts schwingt mit der Menge des Bluts, das der Herzschlag in die beleuchteten Finger pumpt. Die Kamera gibt in der Folge Informationen zu Schwankungen des gestreuten Lichts an die App weiter. Mit Hilfe Künstlicher Intelligenz wird schließlich erkannt, ob Arhythmien des Herzschlags auftreten.


Herzensangelegenheit auf Rezept
In Belgien gibt es "FibriCheck" bereits auf Verordnung, wobei die App zum kostenfreien Download bereitsteht. Der Arzt überreicht seinem Patienten einfach ein Papier mit einem QR-Code. Dieser wird genutzt, um die App auf dem Smartphone zu aktivieren. Die Funktionsweise der App kommentierte Stephanie Vinckenbosch von `FibriCheck´ bei ihrer Live-Pitch-Präsentation trocken und auf den Punkt: „Der User legt seinen Finger auf die Kamera mit der LED-Lampe und wir kümmern uns um den Rest.“ Die ärztliche Verordnung ist indes nur ein Weg, die App sinnvoll zu nutzen. Geplant ist, diese neuartige Version des digitalen Screenings darüber hinaus auch bislang symptomlosen Anwendern gegenüber bekanntzumachen und anzubieten. Auch hierzu wurde bereits ein recht unkompliziertes Verfahren getestet: Ein QR-Code fand Abdruck in einer Zeitung mit der Aufforderung, die App zu laden, zu aktivieren und sich bei diagnostizierten Auffälligkeiten an einen Arzt zu wenden. Mehr als 12.000 Nutzer erstellten laut Vinckenbosch in der Folge 120.000 Aufzeichnungen binnen 48 Stunden. Bei 136 Nutzern (1,1 Prozent) wurde ein Vorhofflimmern festgestellt. 2.111 (17 Prozent) zeigten andere Arhythmien. Bei 191 (2 Prozent) hatten die Messungen eine Qualität, die nicht zur Analyse ausreichte. "FibriCheck" erhielt bereits das CE-Zeichen als medizinisches Screening- und Monitoringgerät der Klasse IIa zur Identifizierung unregelmäßiger Herzrhythmen.
Und was macht die Konkurrenz? Zwar wartet die Apple Watch mit einem ähnlichen Feature auf, allerdings ist dazu eben die Smartwatch notwendig. "FibriCheck" kommt allein mit dem Smartphone aus.


Medizinisches „Ökosystem“ für optimalen Support
Die portugiesischen Macher der "Tonic App" sprechen dagegen direkt und ausschließlich Ärzte an. „Es ist eine App, die alles bietet, was ein Doktor braucht“, schilderte Daniela Seixas, CEO von tonicapp, in ihrer Präsentation. Sie verdeutlichte die Herausforderung: „Ärzte sind ausgebrannt.“ Verantwortlich dafür seien Kosten- und Zeitdruck. „Sie müssen mit einer stetig wachsenden Wissensbasis und einer Vielfalt an Interessengruppen umgehen.“ Daher gebe es einen Bedarf für eine mobile „All-in-one“-Lösung, mit der Ärzte alles und jeden finden können, was und wen sie benötigen – und mit der umgekehrt alle betroffenen Interessengruppen die richtigen Ärzte finden können. So ist die App eine Art "Linked-In" als Plattform für Ärzte, über die sie Zugriff bekommen auf Empfehlungen, Fall-Diskussionen, Leitlinien, Kodierempfehlungen, Neuigkeiten, Jobs und Networking.

 

„Wir bauen ein medizinisches Ökosystem aus Handy plus Internet plus Partnern auf“, erklärte Seixas bei der MEDICA App COMPETITION die Intention. Kurzum: Die App will bei der Diagnose und Behandlung der Patienten helfen, indem sie Ärzten auf intelligentere Weise die weit verstreuten Ressourcen zur Verfügung stellt, die für ihre alltägliche Arbeit notwendig sind. Im Herkunftsland der App, in Portugal, kommt dies laut Seixas offensichtlich gut an: „Wir haben innerhalb von nur 17 Monaten einen Marktanteil von 17 Prozent erreicht.“ Bei den Hausärzten, die jünger als 41 Jahre sind, soll der Marktanteil der Apps sogar schon bei rund 58 Prozent liegen. Zahlen, die nach Expansion „schreien“. Und in der Tat gibt es "Tonic App" nun auch bereits schon in Großbritannien, Frankreich und Spanien.


Die drittplatzierte "Veta Health App" aus den USA richtet sich dagegen explizit an Patienten und begleitet diese: „Veta Health bietet eine Front-End-Plattform, die den Patienten auf seiner Reise über den Behandlungspfad unterstützt“, berichtete Mitbegründerin Dr. Nora Zetsche. Die App ermögliche eine Integration von mehr als 400 Wearables – und bietet Echtzeit-Informationen über den Gesundheitszustand des Patienten. Anpassbare Versorgungspfade versetzten Patienten in die Lage, ihren Gesundheitszustand zu verwalten und ihre Pflegeprotokolle einfach zu verstehen, so Zetsche: „Wir geben dem Patienten die Informationen, die er auf dem Behandlungspfad benötigt.“ Auf diese Weise soll etwa die Therapietreue bei der Medikation optimiert und unerwünschte Arzneimittelwirkung besser beobachtet werden. Die App entspricht dabei dem US-amerikanischen Health Insurance Portability and Accountability Act (HIPAA), der strikte Regeln vorsieht, um die Vertraulichkeit und Integrität von Patientendaten zu schützen.

 

Die Macher der „Veta Health App“ nehmen aber auch Europa ins Visier. Apropos: Die Internationalität des Teilnehmerfeldes der MEDICA App COMPETITION sowie die länderübergreifende Ausrichtung der Apps verdeutlichte einmal mehr, dass Deutschland stark gefordert ist, um im Wettbewerb der Digital Health-Angebote für die Gesundheitssysteme zu bestehen. Angenommen haben diesen Wettbewerb immerhin die Schöpfer der digitalen Übersetzungshilfe "Medicospeaker", die als einzige deutsche Health-App unter den Finalisten bei der MEDICA 2018 auszumachen war.


Informationen zu allen Finalisten sind online abrufbar unter: http://www.medica.de/mac1

 

Autor: Dr. Lutz Retzlaff, freier Medizinjournalist (Neuss)