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Health-IT |

Kassenärzte pitchen für die Zukunftspraxen

Siegerehrung beim ersten KV Digital Pitching Day, Foto: KV Telematik

Beim ersten KV Digital Pitching Day der KBV gingen der innovative Praxis-IT-Hersteller doctorly und das in der Hautkrebsfrüherkennung angesiedelte Start-up Magnosco als Sieger vom Platz.

 

Die Krankenkassen pitchen schon länger, Krankenhausketten tun es auch, und jetzt steigen auch die Kassenärzte in den Ring. In den Räumen der KV Telematik in Berlin trafen sich am 6. März acht Start-ups zum ersten KV Digital Pitching Day. Es winkte eine Einladung zur Teilnahme am Take-off-Pitch der KV-Zukunftspraxen, der am 26. September ebenfalls in Berlin stattfinden wird.

 

Voucher für den Weg in die Zukunftspraxen

In den Zukunftspraxen der KVen – ihre genaue Zahl steht noch nicht fest – sollen ab Januar 2019 innovative digitalmedizinische Lösungen für Arztpraxen evaluiert werden mit dem Ziel, sie besser auf die Anforderungen in den Praxen abzustimmen. Wie genau das ablaufen soll, ist derzeit noch etwas offen. Bis zu zehn Start-ups mit ihren IT-Lösungen sollen aber teilnehmen, heißt es bei der KBV. Für die Teilnahme an dem September-Pitch können sich Start-ups formal bewerben. Ein zweiter Zugangsweg sind die Pitching Days, die die KV Telematik im Vorfeld veranstaltet. Mindestens ein weiterer derartiger Pitching Day soll im Laufe des Sommers noch folgen.

 

Die KV Digital Pitching Days unterscheiden sich von normalen Pitchings dadurch, dass deutlich mehr Aufwand betrieben wird. Natürlich gibt es eine Jury, die am Ende abstimmt – bestehend dieses Mal aus den beiden KBV-Vorständen Thomas Kriedel und Andreas Gassen, dem KV Telematik-Chef Florian Fuhrmann sowie mehreren Experten aus den Reihen der Kassenärzte. Vorher gibt es aber noch ein umfangreiches Programm, bei dem die Start-ups in mehreren Runden zu Technik, medizinischen Aspekten, Geschäftsmodellen sowie rechtlichen Rahmenbedingungen beraten werden.

 

Nach allem, was von teilnehmenden Unternehmen zu hören war, kam das sehr gut an. Mit dabei waren einige schon recht etablierte Unternehmen, darunter TeleClinic, das in Baden-Württemberg an mehreren Modellprojekten zum telemedizinischen Erstkontakt beteiligt ist und NeuroNation, ein Start-up, das kognitive Tests und Training-Tools entwickelt und weltweit schon über 13 Millionen Kunden hat.

 

Ebenfalls mit dabei war Minddistrict, ein niederländischer Anbieter evidenzbasierter E-Mental-Health-Lösungen für die Primärversorgung bzw. die Schnittstelle zwischen Primärversorgung und psychotherapeutisch-psychiatrischer Versorgung. Eher technisch aufgestellt war das Unternehmen Lime mit dem Produkt Herax, einer Rehabilitationsrobotik zur Bewegungstherapie der Hand. Ein weiteres telemedizinisch unterstütztes Medizinprodukt war der OvulaRing von VivoSendMedical, der unter anderem für den Bereich Fertilisationsstörungen eine ärztlich begleitete Zyklusdiagnostik anhand des Biomarkers Körpertemperatur digital umsetzt. Und das Unternehmen Imilia schließlich präsentierte mit Timerbee eine Lösung für die Ressourcenunterstützung entlang des Behandlungspfads.

 

Doctorly und Magnosco kamen aufs Treppchen

Gewonnen haben letztlich die beiden Berliner Start-ups doctorly und Magnosco. Doctorly entwickelt eine innovative, cloudbasierte Praxis-IT mit dem Anspruch, den Verwaltungsaufwand in Arztpraxen durch moderne IT-Lösungen zu minimieren. „Wir haben uns mit über 100 Arztpraxen in Deutschland zusammengesetzt und festgestellt, dass ein Großteil des Verwaltungsaufwands auf manuelle und veraltete Prozesse in der Praxisverwaltung zurückzuführen ist. Deswegen entwickeln wir ein modernes Praxismanagement-System, das die Zeit für Verwaltungsaufgaben um bis zu 50 Prozent reduziert“, sagte Doctorly-CEO Samir El-Alami.

 

Ergänzt wird die Praxis-IT auf Patientenseite durch eine Health App, über die Ärzte mit der Praxis kommunizieren und Zugang zu ihren Daten erhalten können. Die IT-Lösung soll in den kommenden Monaten den Akkreditierungsprozess bei der KBV durchlaufen und voraussichtlich ab dem dritten oder vierten Quartal 2018 für Ärzte nutzbar sein: „Vom Zukunftspraxenprogramm erhoffen wir uns eine enge Zusammenarbeit mit dem KV-System, um gemeinsam die Vision für ein optimiertes Gesundheitswesen umzusetzen“, so El-Alami.

 

Der andere Sieger, das Start-up Magnosco, ist im Bereich Hautkrebsfrüherkennung unterwegs. Das Unternehmen hat DermaFC entwickelt, ein Tool für Hausärzte, das das Hautkrebs-Screening effektiver machen könnte. Es handelt sich um eine Laserspektroskopiekamera, mit der Melanozyten angeregt und dann die Zellmuster evaluiert werden. Mit Hilfe von Maschinenlernalgorithmen berechnet das System mit hoher Treffsicherheit, ob es sich um ein malignes Melanom handeln könnte oder ob das unwahrscheinlich ist. Hintergrund ist, dass ein erheblicher Anteil der Überweisungen von Hausärzten an Dermatologen im Rahmen des Hautkrebs-Screenings ohne Biopsie enden, weil die Dermatologen der Auffassung sind, dass kein Hautkrebs vorliegt.

Text: Philipp Grätzel von Grätz, Chefredakteur E-HEALTH-COM