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Vernetzung |

Ministerium konkretisiert Telematikpläne – ein bisschen

© Aurielaki

Die KBV hatte geladen, und fast alle kamen. In Sachen elektronische Patientenakte gibt es noch immer keinen Konsens über die Gesamtarchitektur. Das Ministerium hält sich bedeckt.

 

Der für Digitalisierung im Bundesgesundheitsministerium zuständige Abteilungsleiter Gottfried Ludewig ist nicht zu beneiden. In den kaum drei Monaten, die er sich jetzt um die Digitalisierung des Gesundheitswesens kümmert, musste er schon ordentlich Scherben wegfegen, die sein Chef produziert hatte, als er zum Amtsantritt etwas leichtfertig die elektronische Gesundheitskarte fundamental in Frage gestellt hatte.

 

Das Ganze wurde (und wird immer noch) dadurch aggraviert, dass es gleich mehrere CDU-Abgeordnete mit telematischem Halbwissen gibt, die seither durch die Lande ziehen, und jedem, der es hören will, mitteilen, die eGK sei tot. Seither spüren die eigentlich schon abgetauchten Fundamentalkritiker der eGK aus den Reihen der niedergelassenen Ärzte wenig überraschend wieder Morgenluft und scheinen, wenn man sich die einschlägigen Medien so ansieht, auch weitgehend immun gegen ministeriale Klarstellungen.

 

Einmal mehr: Konnektor und Karte bleiben

Ludewig versuchte es dennoch: Die Telematikinfrastruktur stehe nicht in Frage. Konnektoren würden selbstverständlich gebraucht und sollten bitte auch bestellt und installiert werden. Nur was den Zugriff auf die eigenen Daten angehe, wolle man Flexibilität schaffen. Es soll auch ohne Kartenlesegerät möglich werden, mobil per Smartphone auf die eigenen Daten zuzugreifen.

 

Ob das bedeutet, dass ein eGK-unabhängiger Zugriff geschaffen wird oder vielmehr eine lesegerätfreie Kopplung von eGK und Smartphone, das ließ Ludewig wohlweislich offen. Immerhin: In diesem Punkt sollen zügig Entscheidungen herbeigeführt werden. Von dem Befreiungsschlag in der Sommerpause ist zwar nicht mehr die Rede. Aber innerhalb der nächsten sechs Monate soll hier wohl Klarheit geschaffen werden.

 

Bei der zweiten Gretchenfrage der politischen Gesundheitstelematik in Deutschland hielt sich Ludewig dagegen bedeckt, und die Regie der KBV-Veranstaltung erlaubte an dieser Stelle leider auch keine Nachfragen. Die KBV plädiert weiterhin für ihr Konzept, wonach es nur eine übergreifende elektronische Akte geben solle, die unter Kontrolle des Patienten ist, gerne auch von den Krankenkassen angeboten (und bezahlt) werden kann, bei der man aber inhaltlich ein gewichtiges Wörtchen mitreden will.

 

AOK-Vorstand wird fast ohnmächtig

Das passt nicht zu dem, was zumindest Teile der GKV anstreben, nämlich eine arztgeführte elektronische Patientenakte (ePA) in Ärzteverantwortung und eine separate elektronische Gesundheitsakte (eGA) in Patientenhand, die via Telematikinfrastruktur irgendwie miteinander kommunizieren. Bei diesem Modell ist dieses „Irgendwie“ bisher genauso wenig spezifiziert wie die Frage beantwortet, wer die ärztliche ePA bezahlt, wenn die Krankenkassen schon die eGA des Patienten finanzieren.

 

KBV-Vorstand Dr. Thomas Kriedel erinnerte daran, dass die unterschiedlichen Konzepte eine gesetzliche Basis im Sozialgesetzbuch haben. Will heißen: Solange die Gesetzeslage mit §68 SGB V einerseits und §291a SGB V andererseits so ist, wie sie ist, müsse sich niemand wundern, wenn jeder anders an das Thema E-Akten herangehe. Da ist was dran, und vor diesem Hintergrund war es etwas ernüchternd, dass Ludewig andeutete, man wolle erst einmal die endgültige Aktenspezifikation der Gematik abwarten.

 

Diese Spezifikation ist gesetzlich für Ende 2018 terminiert. Die Gematik versucht bekanntlich, mit einer Zwitterkonstruktion ePA/Patientenfach den Spagat zwischen beiden Welten. Das Problem ist, dass sich dieses Modell mit dem mobilen Zugang sehr schwertut. Denn die patientengesteuerte Akte läge in diesem Fall innerhalb der Telematikinfrastruktur und damit in einem Bereich, in dem das BSI ein Wörtchen mitzureden hat. Sechs bis zwölf Monate werde es noch dauern, bis der Gesetzgeber in Sachen Akten vorankommen werde, so Ludewig sinngemäß. Als der Vorstandsvorsitzende des AOK Bundesverbands, Martin Litsch, das hörte, fiel er auf dem Podium fast in Ohnmacht.

Text: Philipp Grätzel von Grätz, Chefredakteur E-HEALTH-COM