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Vernetzung |

Zukunft der gematik: Politik spielt Game of Thrones

Bild: © vania zhukevych

Gesundheitsminister, Bundesrechnungshof, Bundestagsabgeordnete: Die Kritik an der gematik ist breit. Kommt jetzt der Nationale Koordinator nach US-Vorbild? Oder übernimmt die Politik das Ruder bei der gematik?

 

Funktioniert die gematik, oder funktioniert sie nicht? Teils wird scharf geschossen: „Es liegt in der Natur der Sache, dass dieses Konstrukt nicht zielführend arbeiten kann. Es wird Veränderungen geben“, sagte der Bundestagsabgeordnete Tino Sorge, Berichterstatter für Digitalisierung der CDU/CSU Bundestagsfraktion, bei einem Kamingespräch anlässlich des Kongresses Diatec 2019 in Berlin.


Tino Sorge: „Nicht mehr gewillt, nur zuzuschauen“
Auf Nachfrage betonte Sorge zwar, dass es nicht darum gehe, „die gematik auszuschalten“. Es müsse aber Möglichkeiten geben, dass jemand die Entscheidungen für die Selbstverwaltung treffe, wenn sich nichts bewege. Er selbst glaube, dass die Politik eine stärkere Führungsrolle übernehmen müsse: „Ob das in Richtung eines Nationalen Koordinators geht, werden wir sehen. Ich selbst und viele andere sind jedenfalls nicht mehr gewillt, nur zuzuschauen, was die Selbstverwaltung macht.“


Zu den „vielen anderen“ gehört auch Bundesgesundheitsminister Jens Spahn, der in diversen Äußerungen der vergangenen Wochen schon größere Änderungen bei der gematik in Aussicht gestellt hat. Bisher war erwartet worden, dass das im Rahmen des vom BMG als Entwurf für Mitte des Jahres angekündigten Digitalisierungsgesetzes geschieht. Doch jetzt hat Spahn in das noch immer nicht verabschiedete TSVG einen (weiteren) Änderungsentwurf eingebracht, der nach einem Bericht des Ärzteblatts besagt, dass das BMG mit 51% Hauptgesellschafter der gematik werden möchte. GKV Spitzenverband und Leistungserbringer zusammen demnach jeweils 24,5% Anteile bekommen.


Was das für die elektronische Patientenakte und den vom Bundesgesundheitsministerium orchestrierten, mittlerweile berühmt-berüchtigten Letter of Intent vom vergangenen September bedeuten würde, den die Bundesregierung damals als großen Durchbruch vermarktet hatte, bleibt derweil offen. Sorge sieht den „Letter“ mittlerweile eher kritisch: „Das ist suboptimal gewesen.“ Mittlerweile gebe es ein Dialogformat, bei dem die drei beteiligten Ministerien an einem Tisch säßen mit dem Ziel, das Thema Standardisierung breiter aufzusetzen und nicht einzelne Akteure Standards bestimmen zu lassen.


Alexander Beyer: „Am Ende muss jemand entscheiden“
Die Frage ist: Hilft das wirklich weiter? Dem gematik-Geschäftsführer Alexander Beyer jedenfalls werden diese Diskussionen langsam zu viel. Er wird dieser Tage nicht müde, darauf hinzuweisen, dass die gematik derzeit schneller, und nicht langsamer als die Politik sei, die das TSVG bekanntlich immer noch nicht durch den Deutschen Bundestag gebracht hat: „Die gematik hat mit der Vorlage der Spezifikation für die elektronische Patientenakte gezeigt, dass sie in den bestehenden Governance-Strukturen sehr effektiv und vor allem auch sehr schnell arbeiten kann. Ich glaube daher nicht, dass grundsätzliche Änderungen an der Governance-Struktur nötig sind“, so Beyer im Gespräch mit E-HEALTH-COM.
Eine offene Flanke sieht Beyer weniger bei der technischen Umsetzung als bei den medizinischen Inhalten: „Die werden nicht von uns kommen. Was wir hier einbringen und anbieten können, sind unsere Fähigkeiten bei der Moderation von Konsensen. Die Expertise liegt bei Standardisierungsorganisationen und Fachgesellschaften, und da ist sie auch gut aufgehoben.“ Klar sei aber auch, dass am Ende jemand die Entscheidungen treffen müsse: „Wir begrüßen, dass die KBV an dieser Stelle Verantwortung übernehmen will. Ohne konsentierte Datensätze macht das Ganze nur begrenzt Sinn, und ich glaube auch nicht, dass jeder einzelne Datensatz gesetzlich geregelt werden sollte“, so Beyer zu E-HEALTH-COM.

Text: Philipp Grätzel von Grätz, Chefredakteur E-HEALTH-COM