In Bayern können ab sofort schneller als bisher freie Krankenhausbetten an Kinder vermittelt werden. Darauf hat Bayerns Gesundheitsministerin Judith Gerlach am Montag in München zum Start der bayerischen „virtuellen Kinderklinik“ hingewiesen. Gerlach betonte: „Im vergangenen Winter waren Kinderkliniken überlastet, weil viele Kinder vor allem mit RS-Virus-Infektionen in die Klinik kamen. Deshalb haben wir die ‚virtuelle Kinderklinik‘ gegründet. Bei diesem bundesweit einmaligen Angebot handelt es sich um ein digitales Netzwerk der Kinderkliniken und Krankenhäuser mit pädiatrischer Abteilung in Bayern.“
Die Ministerin erläuterte: „In der ersten Ausbaustufe können Bayerns Kinderkliniken nun ein modernes Belegungsmanagement nutzen. Das heißt: Sie bekommen einen schnellen Überblick über freie Kapazitäten. Damit können auch unnötig lange Anfahrten vermieden werden.“
Gerlach fügte hinzu: „Im nächsten Jahr soll die ‚virtuelle Kinderklinik‘ erweitert werden. Dann sollen sich zum Beispiel die an den Kliniken tätigen Ärzte online austauschen können, sodass spezielles Expertenwissen unmittelbar auch in der Fläche zur Verfügung steht. Eine erste Anwendung ist im Bereich der Kinderintensivmedizin geplant.“
Gerlach unterstrich: „Ich freue mich, dass sich bereits jetzt 39 der 44 infrage kommenden Krankenhäuser in Bayern beteiligen werden. Die ‚virtuelle Kinderklinik‘ ist ein Leuchtturmprojekt für die kindermedizinische Versorgung. Sie ist auch ein gutes Beispiel dafür, welche Chancen die Digitalisierung im Gesundheitsbereich eröffnen kann.“
Der Vorsitzende des Landesverbands der leitenden Ärzte der bayerischen Kinderkliniken und Koordinator der Fachgruppe virtuelle Kinderklinik, Professor Matthias Keller von der Kinderklinik Dritter Orden Passau, erläuterte: „Wir haben aus den Erfahrungen der letzten Jahre gelernt und gehandelt. Mit dieser telemedizinischen Vernetzung haben wir die Voraussetzungen für ein aktives Belegungsmanagement geschaffen. Darüber hinaus bietet diese Plattform künftig zusätzlich die Möglichkeit, die hochwertige heimatnahe Versorgung von kranken Kindern nachhaltig sicherzustellen, indem in einem zweiten Ausbauschritt ein Netzwerk von Fachexperten virtuell durch telemedizinische Visiten zum Kind kommt. Damit machen wir die Stärken der Digitalisierung für die Kinder nutzbar.“
Professor Keller betonte: „Mit der telemedizinischen Vernetzung haben die bayerischen Kinderkliniken nun ein Instrument in der Hand, das sie für direkte Absprachen nutzen können. Das sorgt für eine Entlastung der Kinderklinik-Teams in den Notfallzenten.“
Professor Keller fügte hinzu: „Gefordert ist aber auch die Bundesregierung. Denn die chronische Unterfinanzierung der Kinderkliniken bleibt ein Riesenproblem, das aktuell durch die generelle Finanzierungslücke aller Kliniken noch verschlimmert wird. Wir müssen verhindern, dass kranke Kinder noch mehr darunter leiden. Deshalb muss die Bundesregierung handeln und die Finanzierung der Kliniken sicherzustellen.“
Gerlach bekräftigte: „Die Bundesregierung darf sich nicht länger gegen ein Soforthilfeprogramm zur finanziellen Stabilisierung der Krankenhäuser stemmen. Sonst droht eine Pleitewelle, noch bevor die Krankenhausreform Wirkung entfalten kann. Das kann niemand wollen, der ernsthaft das Wohl der Patientinnen und Patienten im Sinn hat.“
Die Ministerin erläuterte: „Die RSV-Welle hat nach Einschätzung des Robert Koch-Instituts bereits begonnen. In diesem Winter ist das Infektionsgeschehen aber bislang noch nicht so stark ausgeprägt wie vor einem Jahr. Unser Sentinel-System, ein Netzwerk aus rund 200 Arztpraxen, die regelmäßig von zufällig ausgewählten Patientinnen und Patienten mit akuter Atemwegserkrankung Abstriche nehmen, hat für den Zeitraum Anfang Oktober bis Ende November 2,2 Prozent RS-Viren nachgewiesen. Der Stichprobe lagen rund 3.000 Abstriche zugrunde. Im selben Zeitraum 2022 lag die RSV-Quote bei zwölf Prozent.“
Gerlach betonte: „Die Infektionslage ist aktuell nicht besorgniserregend. Aber wir nehmen die Erfahrungen aus dem vergangenen Winter ernst. Deswegen ist die ‚virtuelle Kinderklinik‘ ein wichtiger Meilenstein.“
Das RS-Virus löst Atemwegserkrankungen aus, die meist wie eine Erkältung mit Schnupfen, Husten und Fieber verlaufen. In einigen Fällen kann sich daraus aber – insbesondere bei Säuglingen und Kleinkindern – im Verlauf eine schwere Erkrankung der unteren Atemwege entwickeln.
Quelle: Bayerisches Staatsministerium für Gesundheit, Pflege und Prävention