COVID-19-Patient:innen sind dazu verpflichtet, sich in häusliche Isolation zu begeben. Insbesondere für Risikopatient:innen kann dies aber gefährlich sein, wenn sie dort einen schweren Verlauf entwickeln. Ob sie früh genug in die Klinik eingewiesen und behandelt werden, kann entscheidend sein für ihr Überleben.
Leider bemerken viele COVID-19-Patient:innen zunächst nicht, dass sich ihr Zustand verschlechtert. Alternativ alle Risikopatient:innen bei Diagnosestellung zur Sicherheit sofort in die Klinik aufzunehmen, würde jedoch die Kliniken überlasten.
Geringer Aufwand – hoher Sicherheitsgewinn
Während der zurückliegenden Corona-Wellen betreuten daher Prof. Georg Schmidt und sein Team über 150 Patient:innen mit Risikofaktoren für einen schweren Verlauf telemedizinisch mit einem Ohrsensor, der ähnlich wie ein Hörgerät im Gehörgang getragen wird.
Dieser erfasste alle 15 Minuten alle wichtigen Werte wie Temperatur, Herzschlag, Atmung und Sauerstoffsättigung und übermittelte sie an das Telemedizinische Zentrum des Klinikums rechts der Isar. Dort beobachtete das Team permanent alle eingehenden Werte und kontaktierte die Patient:innen bei Hinweisen auf eine Verschlechterung.
Treffsicherer als die Selbsteinschätzung
Einzusetzen ist der vom Forschungsteam des Telemedizinischen Zentrums verwendete Ohrsensor ähnlich einfach wie ein Hörgerät. Zusätzlich wurde jede/r Teilnehmer:in mindestens einmal am Tag angerufen und nach seinem/ihrem Befinden befragt.
Bemerkte das Team eine Verschlechterung der Werte, rief es den Patienten bzw. die Patientin an. Ein Arzt oder eine Ärztin traf dann die Entscheidung, ob eine Einweisung in eine Klinik nötig ist oder nicht. Mit minimalem Aufwand realisierte das Team so eine Überwachungsqualität, die der Monitorüberwachung in einer Klinik sehr nahe kommt.
Hohe Zufriedenheit unter den Patient:innen
Ungefähr jede/r achte Teilnehmer:in musste im Verlauf der Studie eingewiesen werden. Interessanterweise gab die Mehrzahl dieser Patient:innen später an, dass sie selber zu dem Zeitpunkt noch gar nicht gemerkt hatten, wie schlecht es ihnen ging.
„Nach unserer Kenntnis ist dies weltweit die erste Studie, die Patient:innen in häuslicher Isolation kontinuierlich aus der Ferne überwacht und im Falle einer kritischen Gesundheitsverschlechterung eine sofortige Krankenhauseinweisung veranlasst hat“, sagt Prof. Georg Schmidt, Leiter der Arbeitsgruppe Biosignalverarbeitung am Klinikum rechts der Isar der TUM.
Die Studie zeigt, dass COVID-19-Risikopatient:innen effektiv telemedizinisch überwacht und damit bei zukünftigen Infektionswellen unter Umständen Ressourcen eingespart werden können. Auch die Patient:innen waren höchst zufrieden und fühlten sich durch die kontinuierliche Überwachung insgesamt deutlich sicherer.
Publikationen
Remote monitoring of COVID-19 positive high-risk patients in domestic isolation: A feasibility study
David Wurzer, Paul Spielhagen, Adonia Siegmann, Ayca Gercekcioglu, Judith Gorgass, Simone Henze, Yuron Kolar, Felix Koneberg, Sari Kukkonen, Hannah McGowan, Stefanie Schmid-Eisinger, Alexander Steger, Michael Dommasch, Hans Ulrich Haase, Alexander Müller, Eimo Martens, Bernhard Haller, Katharina M. Huster, Georg Schmidt
PLOS ONE, 16(9): e0257095; 24. Sept. 2021 – DOI: 10.1371/journal.pone.0257095
Mehr Informationen
Die Studie wurde gefördert durch die TUM-Universitätsstiftung, die Margarete-Ammon-Stiftung und das Bayerische Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst. Hergestellt wird der von den Autoren verwendete Sensor von der Cosinuss GmbH, einer Ausgründung der TU München.
Quelle: TUM