Der Markt für Medizintechnik wächst und erreicht 2024 weltweit voraussichtlich ein Volumen von über 500 Milliarden US-Dollar. Da parallel die Digitalisierung weiter zunimmt, steigt der Bedarf an Nicht-Medizinprodukten, die benötigt werden, um Geräte in Krankenhäusern oder Arztpraxen zu vernetzen. Das Problem: Für Nicht-Medizingeräte wie Router gelten andere Sicherheitsanforderungen als für Medizingeräte. Daraus ergeben sich Risiken, die bei zunehmender Vernetzung umso mehr ins Gewicht fallen.
Dipl.-Ing. Hans C. Wenner, Senior Manager Regulatory Affairs beim VDE, erklärt: „Es geht um elektrische Sicherheit, wenn Produkte in Patientennähe betrieben werden, oder um das Eindringen von Flüssigkeiten, denn Produkte im OP-Bereich müssen widerstandsfähig gegen Feuchtigkeit sein. Was die elektromagnetische Verträglichkeit betrifft, so sind Grenzwerte einzuhalten, da EEG- oder Neuromonitoring-Systeme sehr empfindlich sind. Nicht zuletzt spielt das Thema Cybersecurity eine große Rolle, da wir Patientendaten schützen müssen.“ Mit MD Comp hat der VDE ein Konzept entwickelt, das Herstellern die Entwicklung konformer Produkte leichter macht.
Erfolg durch Reduktion: MD Comp fokussiert auf die Kernanforderungen
Komponenten, die keine medizinische Zweckbestimmung haben, können und müssen nicht sämtliche Anforderungen aus der europäischen Medizinprodukteverordung (MDR) und die damit einhergehenden Normen erfüllen. Der VDE schlägt daher vor, diejenigen technischen Eigenschaften von Nicht-Medizinprodukten zu identifizieren, die für eine konforme und sichere Integration in medizinische Systeme notwendig sind. Im ersten Schritt stehen dabei ausgewählte Kapitel der medizintechnischen Sicherheitsnorm IEC 60601-1 im Fokus.
„Wichtig ist, dass Hersteller MD Comp so früh wie möglich im Entwicklungsprozess berücksichtigen“, stellt Wenner fest. „Dank der strukturierten Herangehensweise können sie dann Produkte auf den Markt bringen, die eine sichere Vernetzung im Gesundheitswesen ermöglichen.“ MD Comp sei überdies auch für Start-ups eine praxisnahe Hilfestellung, die erstmals ein Medizinprodukt entwickeln und etwa mit der Normenrecherche überfordert sind.
Nächste Schritte: Erstes Produkt entwickeln, Definition von Zubehör schärfen
Im Rahmen des Projekts 6G Health des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) arbeitet der VDE gemeinsam mit Partnern daran, das Konzept MD Comp bis Ende 2024 exemplarisch auf die Entwicklung eines Nicht-Medizinprodukts anzuwenden. Dabei soll der Ansatz auf weitere medizintechnische Sicherheitsnormen ausgeweitet werden. „Wir schlagen darüber hinaus vor, MD Comp mit dem europäischen Rechtsrahmen zu verknüpfen. Unser Ziel ist zu erreichen, dass bestimmte Produkte nicht als Zubehör im Sinne der MDR eingestuft werden, sondern als eigene Kategorie. Dadurch lassen sich Unklarheiten im Konformitätsbewertungsprozess vermeiden“, so Wenner.
Informationsveranstaltung zu MD Comp am 10. Juli
Die Online-Informationsveranstaltung MD Comp: Wie die sichere und konforme Integration von Medizinprodukten und Nicht-Medizinprodukten gelingt findet am 10. Juli 2024 von 12 bis 13 Uhr statt. Die Autoren Dipl.-Ing. Hans Wenner (VDE e.V.), Dipl.-Ing. Christoph Lipps (DFKI, Kaiserslautern), Dr. Matthias Flieger (cetecom advanced, Saarbrücken) und Prof. Dr. Boris Handorn (Produktkanzlei, Augsburg) stellen darin die zentralen Punkte des Konzepts vor. Alle Interessierten sind herzlich eingeladen. Mehr Informationen und der Link zur Anmeldung finden sich hier.
Über die VDE Empfehlung MD Comp
Die VDE Empfehlung MD Comp – A practical framework to integrate non-medical devices and medical devices in a compliant way entstand im Rahmen der Initiative Connected Health der 6G-Plattform Deutschland und des Projekts 6G Health unter Koordination des VDE DGBMT Fachausschusses Regulatory Affairs. Sie kann hier kostenlos heruntergeladen werden.
Quelle: VDE DGBMT