Seit dem 1. Januar 2021 können alle gesetzlich Versicherten von ihrer Krankenkasse eine elektronische Patientenakte (ePA) erhalten. Doch bislang nutzen dieses Angebot nur sehr wenige Menschen. Dabei hat eine ePA gerade für Menschen mit Diabetes Vorteile: Bei einem Arztwechsel, einer Überweisung in eine Klinik oder auch im Notfall sind alle notwendigen Daten inklusive des Medikationsplans sofort verfügbar. „Das spart wertvolle Ressourcen für doppelte Anamnese und Diagnostik und schafft uns mehr Behandlungszeit für die Patientinnen und Patienten“, so Dr. med. Tobias Wiesner, Vorstandsmitglied der DDG und niedergelassener Diabetologe in Leipzig. „Dies trägt wesentlich zur Patientensicherheit bei, da sich das medizinische Personal stärker auf die ganzheitliche und individuelle Behandlung konzentrieren kann.“
Digitale Transformation ist eine Chance für die Versorgung
Das „Gesetz für eine bessere Versorgung durch Digitalisierung und Innovation“ (Digitale-Versorgung-Gesetz – DVG) bringe einen wichtigen Aspekt der Digitalisierung mit sich und eröffne neue Perspektiven für die Versorgung: „Niedergelassene Ärzte können wichtige Gesundheitsanwendungen auf Rezept verordnen, Videosprechstunden für ihre Patienten anbieten und auch auf ihrer Website darauf hinweisen“, so Wiesner. Auch Papier und Fax könnten dann der Vergangenheit angehören: „Neben der elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung und dem E-Rezept können wir auch Heil- und Hilfsmittel oder häusliche Krankenpflege elektronisch verordnen.“ Damit werde die zeitaufwendige, aber wichtige Dokumentation erleichtert – für den Experten auch ein Punkt, von dem die individuelle Versorgung erheblich profitieren wird.
Digitale Schätze für zukunftsweisende medizinische Forschung
Voraussetzung dafür ist allerdings eine sichere Vernetzung der medizinischen Versorgung über die Telematikinfrastruktur. „Hier fehlt es aber an einigen Stellen noch an Interoperabilität“, so Professor Dr. med. Baptist Gallwitz, Mediensprecher der DDG. Er berichtet, dass Soft- und Hardware in Arztpraxen und Krankenhäusern derzeit meist inselartig implementiert seien und der Datenaustausch zwischen den einzelnen Systemen nicht funktioniere. „Daran zu arbeiten, ist eine der wichtigsten Aufgaben im Digitalisierungsprozess. Wenn die Schnittstellen dafür geschaffen sind, wird nicht nur die Versorgung, sondern auch die Wissenschaft enorm davon profitieren. Für den medizinischen Fortschritt braucht es große Datenmengen in der Forschung.“ Mit Spannung verfolgt der Experte daher die erste Beratung zum neuen Gesundheitsdatennutzungsgesetzes (GDNG). Es sieht vor, dass großen Forschungsdatenzentren auf Anfrage anonymisierte und pseudonymisierte Daten zur Verfügung gestellt werden können.
DDG setzt mit Kodex zur Digitalisierung einen Rahmen
Um den digitalen Transformationsprozess zu begleiten, arbeitet die DDG seit 2017 kontinuierlich an einem Kodex zur Digitalisierung. „Damit Kommunikations- und Interaktionsprozesse die Patientenversorgung und Forschung optimieren und nicht zu Lasten des Einzelnen gehen, braucht es klare Leitplanken“, so Professor Dr. med. Dirk Müller-Wieland, Vorsitzender der DDG Kommission Digitalisierung. Mit dem 2023 neu aktualisierten „Kodex Digitalisierung der DDG“ schaffe die Fachgesellschaft dafür eine notwendige Basis. „Medizinische Standards und Datenschutz sind Grundvoraussetzungen für den aktuell in der Medizin fortschreitenden Transformationsprozess der Digitalisierung“, so Müller-Wieland. „In jedem Aspekt der Digitalisierungsstrategie muss sowohl die Patientenperspektive systematisch eingebunden werden als auch die Belange des medizinischen Fachpersonals Berücksichtigung finden.“ Nur so lasse sich ein funktionierender Ablauf zwischen allen Beteiligten und den Betroffenen sicherstellen.
Weitere Informationen:
Kodex der DDG zur Digitalisierung:
https://www.ddg.info/die-ddg/kommissionen/digitalisierung