Die digitale Gesundheitsanwendung (DiGA) Oviva Direkt für Adipositas ist eine dauerhaft gelistete DiGA, die die Behandlung bei starkem Übergewicht digital unterstützt. Es handelt sich bei Oviva um ein Medizinprodukt Klasse IIa nach MDR. Wie andere DiGA muss auch Oviva eine Anbindung an die elektronische Patientenakte (ePA) umsetzen. Das verlangt § 341 SGB V, wonach DiGA Hersteller gewährleisten müssen, dass die Daten der Versicherten in die ePA eingestellt werden können – auf freiwilliger Basis, und nur nach Zustimmung durch die Patient:innen.
Via ePA können die behandelnden Ärztinnen und Ärzte dann auf die DiGA-Daten zugreifen und sich so einen Überblick über den Therapieverlauf verschaffen. Als eine der ersten DiGA hat sich die Oviva Direkt App auf den Weg in Richtung ePA begeben. Die nötige Anbindung an die Telematikinfrastruktur wurde mit dem Kooperationspartner RISE realisiert, der dazu mittels TI-as-a-Service (TIaaS) eine VPN-Verbindung zwischen der DiGA und der TI bzw. der ePA – egal welchen Herstellers – schafft. So kann die DiGA Daten der Patient:innen in die ePA schreiben.
Medizinische Inhalte werden als MIO umgesetzt
Was genau werden da für Daten eingestellt? „Generell können in der ePA unter anderem von der mio42 spezifizierten Medizinischen Informationsobjekte (MIOs) gespeichert werden“, erläuterte Dr. Dominik Schmelz, Produktmanager Telematikinfrastruktur bei RISE, gegenüber E-HEALTH-COM. „Im Kontext der DiGAs handelt es sich bei den zu übermittelnden Daten um strukturierte Daten auf Basis des DiGA MIO Toolkit 1.1. Dieses beschreibt das interoperable Format der versorgungsrelevanten Daten einer DiGA.“
Für die Oviva Direkt App heißt das konkret, dass Gewichtsverläufe, Rückmeldungen der Patient:innen sowie weitere patientenrelevante Informationen zur Verfügung stehen, dazu auch Stammdaten, Behandlungsdauer und Körpermaße, die im Therapieverlauf gesammelt oder eingegeben werden. „Abhängig von den Daten der DiGA in der ePA können dann Behandlungspläne in Rücksprache mit dem Arzt bzw. der Ärztin verfeinert und Patientencharakteristika, Aktivitäten in der Anwendung oder Informationen zur Medikation im Therapieverlauf genutzt werden. All dies trägt zu einer besseren und vor allem informierteren Therapie bei“, so Manuel Baumann, CTO und Co-Founder von Oviva, gegenüber E-HEALTH-COM.
TIaaS und TI-Gateway ersetzen den Hardware-Konnektor
Ähnlich wie medizinische Einrichtungen brauchen auch DiGAs für die Kommunikation mit der TI einen Konnektor und eine SMC-B. „DiGAs werden wie Leistungserbringer gesehen. Sie werden mit der SMC-B in der TI registriert“, so Schmelz. Derzeit dürfen DiGA-Hersteller nur in die ePA schreiben und erhalten vom ePA-Akten-System dafür einen eigenen Schreibordner. Da ein Patient aber mehrere DiGA verordnet bekommen kann, hat jede DiGA ihren eigenen Bereich im Aktensystem. Die Verbindung per Konnektor geschieht in diesem Fall ohne „Kasten“, also ohne Hardware: „TI-as-a-Service ersetzt den Hardware-Konnektor vor Ort beim DiGA-Hersteller durch eine reine Software-Anwendung. Das ist speziell für DiGA-Hersteller, die oft in Cloud-Umgebungen betrieben werden, sinnvoll“, betont Schmelz.
TIaaS ist eine Option für die DiGA-Anbindung, aber es soll nicht die einzige bleiben. Das TI-Gateway, das irgendwann demnächst auch die Anbindung medizinischer Einrichtungen an die TI revolutionieren soll, wird auch bei den DiGAs eine Rolle spielen, und es wird einen breiteren Funktionsumfang bieten: „Das TI-Gateway bietet eine sichere und noch leistungsfähigere Anbindung an die TI“, so Schmelz. „Unser TI-Gateway verwendet im Backend den RISE Highspeed-Konnektor (HSK), der in deutschen Rechenzentren betrieben wird. Es wird in diesem Jahr zur Zulassung kommen. Mit dem TI-Gateway ist der DiGA-Hersteller mit einem sicheren Fuß in der TI und kann weitere Dienste wie KIM und TIM ebenfalls nutzen.“
Schrittweiser Ausbau
Klar ist: Eine umfangreiche DiGA-Nutzung im Zusammenhang mit der ePA kann es erst geben, wenn es eine funktionierende ePA gibt. Der aktuelle Sprung für die Oviva App ist der von der Referenzumgebung der gematik, wo die ePA-Anbindung getestet wurde, in die „Produktivumgebung“ der TI. Auf diese technische Anbindung sollen im Herbst 2024 die ersten echten DiGA-Datenlieferungen in die (jetzige) ePAs folgen, „wenn wir die Zulassung haben und die momentanen Probleme mit der GesundheitsID behoben sind“, so Baumann.
Ab diesem Zeitpunkt können Behandler:innen, sofern sie bereits die ePA in ihrer Einrichtung nutzen, die Daten lesen. Der nächste Schritt folgt dann mit der neuen ePA, genauer dem ersten Update der neuen ePA, der ePA Version 3.1. Baumann: „Ab Mitte 2025 werden auch wir als DiGA-Hersteller in der Lage sein, die ePA-Daten technisch zu lesen und dem Patienten zusammen mit unseren Hilfestellungen zur Verfügung zu stellen, um die Wirksamkeit der DiGA weiter zu verbessern.“