Die Messung des digitalen Reifegrades gemäß den Anforderungen des Krankenhauszukunftsgesetzes (KHZG), ist für die Krankenhäuser, die sich basierend auf den neun Fördertatbeständen um Förderung beworben haben, obligatorisch. Das Reifegradmodell DigitalRadar ermöglicht in diesem ersten Schritt die umfassende Bewertung des Digitalisierungsgrads. In einem zweiten, späteren Schritt wird es Aufschluss über die Effekte der Förderung in Bezug auf eben diesen Digitalisierungsgrad und der Verbesserung der Versorgung von Patient:innen bzw. regionaler Versorgungsstrukturen geben.
Erstes nationales Benchmarking Projekt weltweit; Deutschland im internationalen Vergleich solide positioniert.
Die erste DigitalRadar Reifegraderhebung kommt einer nationalen Bestandsaufnahme gleich. Weltweit gab es nie zuvor ein so umfangreiches, einheitliches Benchmarking mit dem konkreten Ziel, die Digitalisierung der Krankenhauslandschaft eines Landes zu vermessen und daraus Bedarfe zur Verbesserung der Versorgung abzuleiten. So hat diese erste Evaluation deutlich gemacht, dass es vor allem in den Dimensionen klinische Prozesse, Informationsaustausch, Telehealth und Patientenpartizipation Entwicklungsbedarf gibt. Auch die Weitergabe strukturierter Daten im Krankenhausbereich sowie die Interoperabilität zwischen den vorherrschenden Softwarelösungen ist ausbaufähig. Das durchschnittliche Ergebnis des sogenannten DigitalRadar Score der deutschen Krankenhäuser liegt bei 33,25 Punkten (max. 100) wobei die Ergebnisse breit streuen (Standardabweichung 10,18) und sich je nach Trägerschaft und Größe der Krankenhäuser unterscheiden. Der niedrigste Punktwert liegt bei 3,27 Punkten, der höchste erreichte Punktewert liegt bei 63,87 Punkten. «Die Ergebnisse zeigen, dass die Krankenhäuser unterschiedlich weit auf dem Weg zur Digitalisierung sind und dabei Prioritäten verschieden setzen. Es wird sehr interessant sein, zu sehen, inwiefern das Investitionspaket des KHZG diese Variation für eine bessere Versorgung senken kann», sagt Prof. Dr. Alexander Geissler, Co-Projektleiter des DigitalRadar.
«Mit dem KHZG hat der Bund die Grundlage für einen zielgerichteten und nachhaltigen digitalen Ausbau der Krankenhäuser gelegt. Der Krankenhauszukunftsfonds und die darin festgelegten Fördertatbestände adressieren explizit die durch den DigitalRadar festgestellten Bedarfe. So wurden allein in den Fördertatbeständen «Digitale Dokumentation» und «Patientenportale», wo der DigitalRadar erhebliche Nachholbedarfe identifizierte, jeweils über 1.000 Förderanträge gestellt. Durch das Investitionsprogramm werden Lücken in der Digitalisierung geschlossen und Krankenhäuser auf ihrem Weg in die digitale Zukunft systematisch unterstützt. Infolgedessen werden wir die digitale Reife deutscher Krankenhäuser in den nächsten Jahren spürbar verbessern», so Thomas Renner, stellvertretender Abteilungsleiter für Digitalisierung und Innovation im Bundesministerium für Gesundheit.
Der internationale Vergleich der deutschen Krankenhäuser auf Basis der prognostizierten EMRAM-Stufen liefert wichtige Erkenntnisse über die Fortschritte auf dem Weg zur digitalen Reife. Prof. Dr. Sylvia Thun, Co-Projektleiterin des DigitalRadar, ordnet das Ergebnis ein: «Das DigitalRadar-Modell bietet eine umfassende Einschätzung der digitalen Reife deutschlandweit und enthält zudem einen geschätzten EMRAM-Reifegrad, der ein globales Benchmarking ermöglicht. Die Ergebnisse zeigen, dass Krankenhäuser in Deutschland im Vergleich zu anderen Ländern wesentliche Fortschritte gemacht haben und nun gut positioniert sind, um die digitale Reife in vorrangigen Bereichen wie Interoperabilität und Patientenpartizipation voran zu treiben.»
Die prognostizierten EMRAM-Indikatoren zeigen, dass knapp ein Drittel der deutschen Krankenhäuser die Kernforderungen des internationalen Modells mit geschätzten Reifegraden bis zur Level-5-Zertifizierung erfüllen. Die restlichen 69% der Krankenhäuser haben gute Möglichkeiten, sich einem höheren Score zu nähern, indem sie digitale Lösungen im Bereich der Radiologie, des Labors oder der Kardiologie vorantreiben. Bis heute zeigen Daten, dass die Mehrheit der Krankenhäuser in vielen OECD-Ländern bei EMRAM-Bewertungen auf der Stufe 0 abschneiden. Mit dem jetzigen Ergebnis schneidet Deutschland im Vergleich zu beispielsweise Australien oder Kanada solide ab; soll heißen, wesentlich mehr deutsche Krankenhäuser haben im Vergleich den Reifegrad 0 überschritten.
Krankenhaus Dashboard zur Visualisierung und Strategieentwicklung
Um die Ergebnisse des DigitalRadars für die Krankenhäuser nutzbar zu machen, hat das Konsortium ein Dashboard entwickelt, welches den Krankenhäusern ab dem 11. Februar zur Verfügung steht. Durch die visualisierten Ergebnisse – nach DigitalRadar-Dimensionen, Fördertatbeständen und klinikinternen Prozessen – können die Krankenhäuser weitere Analysen von potenziellen Handlungsfeldern anstoßen. Darüber hinaus schaffen die Dashboards anhand von Filterkriterien unterschiedliche Vergleichsmöglichkeiten.
Auch eine Überleitung des DigitalRadar zum weit verbreiteten EMRAM-Reifegradmodell ist in den Dashboards enthalten. Jedes Krankenhaus ist nun in der Lage, seinen Fortschritt in Richtung digitaler Reife zu verfolgen, indem es via DigitalRadar über das EMRAM-Level informiert wird, dass es bei einer vollwertigen Zertifizierungen durch die Healthcare Information and Management Systems Society (HIMSS) wahrscheinlich erhalten würde. Die Dashboards für die Krankenhäuser werden in den kommenden Monaten um weitere Analysemöglichkeiten ergänzt.
Zeitgleich wird das Konsortium DigitalRadar die erhobenen Daten analysieren und auswerten. Die Kommunikation dieser detaillierten Ergebnisse aus der ersten Datenerhebung ist für Mitte 2022 geplant. Das Konsortium „DigitalRadar“ wurde im vergangenen Jahr vom Bundesministerium für Gesundheit mit der Evaluation des Krankenhauszukunftsfounds beauftragt. Die Projektpartner sind HIMSS Europe, inav – Institut für angewandte Versorgungsforschung, Lohfert & Lohfert, RWI – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung und die Universität St. Gallen.
Quelle: Konsortium DigitalRadar