„Ein Wendepunkt für den NHS“ – So sieht es zumindest Tom Hegarty von der Organisation Foxglove in einem Beitrag für das Online-Magazin Yorkshire Bylines. Es geht um den Auftrag für das Management der neuen, landesweiten Datenplattform des National Health Service (NHS), genannt Federated Data Platform, kurz: FDP. Das Volumen des Auftrags ist demnach gigantisch, es beträgt knapp eine halbe Milliarde britische Pfund. Dies sei der mit Abstand größte Datenauftrage, den der NHS jemals vergeben habe, so Hegarty.
Die NHS FDP ist eine neue Datenplattform, die künftig sämtliche NHS Trusts verknüpfen soll und die es ermöglichen soll, Daten gemeinsam und sicher innerhalb sicherer und von den einzelnen NHS Trusts spezifizierbarer Auswertungsumgebungen zu analysieren. Es wird dabei im ersten Schritt um Krankenhäuser und integrierte Versorgungsnetzwerke gehen. Die Daten einzelner GP-Praxen sollen nicht Teil der Plattform werden. Die FDP-Plattform soll es einfacher machen, regional zu kooperieren, Daten zu vergleichen und gemeinsam auszuwerten. Es handelt sich um eine dezentrale Plattform, die Daten der unterschiedlichen NHS Trusts zugänglich macht, nicht um eine neue zentrale Datenbank.
Potenzielle Anwendungsszenarien der FDP-Plattform sind laut NHS unter anderem:
- Verknüpfung von Care-Teams über Einrichtungsgrenzen hinweg für eine gemeinsame Patientenversorgung
- Priorisierung von Wartelisten und OP-Planung
- Versorgungsforschung auf regionaler Ebene, Identifizierung von Präventionsbedarf, etwa im Bereich Impfungen
- Identifizierung von Versorgungsengpässen
- Entlassmanagement an der Schnittstelle Krankenhaus-Pflegeheim
Ein spezifische Opt-out-Regelung für Patient:innen ist bei der FDP-Plattform nicht geplant. Im ersten Schritt werde es keine Datennutzung über den unmittelbaren Versorgungskontext hinaus geben. Der NHS versichert außerdem, dass auch künftig kein Datenzugangsrecht für „Marketing- oder Versicherungszwecke“ erteilt werde. Nicht alle sind überzeugt davon, dass das für immer gilt. Die Kommunikation des NHS dazu sein alles andere als klar und transparent, monierten Kritiker:innen.
Palantir kam mit dem NHS erstmals während der Pandemie in Kontakt. Damals wurde das Unternehmen beauftragt, die NHS COVID-Datenbank zu betreiben. Der Vertrag war lange nicht öffentlich, wurde dann aber auf Druck der Plattform openDemocracy doch freigegeben. Besonders beliebt ist Palantir in Großbritannien nicht, was auch an Investor Peter Thiel liegt, der den Briten kürzlich wegen ihrer Liebe zum NHS ein „Stockholm-Syndrom“ attestiert hatte.
Für die FDP-Plattform wurden von Palantir auf Basis der Covid-Plattform insgesamt 36 Pilotprojekte durchgeführt. Die Zufriedenheit mit diesen Pilotprojekten in den durchführenden NHS Trusts war übersichtlich. Das Health Service Journal hat eine kürzlich dazu eine Umfrage gestartet. Nur acht von 36 Pilotprojekten gaben an, dass sie die Plattform als nützlich erachteten.
Weitere Informationen
FAQs zur NHS Datenplattform FDP
Vertrag zwischen dem NHS und Palantir über den Betrieb einer Covid-Datenplattform
https://cdn-prod.opendemocracy.net/media/documents/Palantir_Agreements.pdf
Health Service Journal-Umfrage zu den FDP-Pilotprojekten
Beitrag von Tom Hegarty zur FDP-Vergabe in den Yorkshire Bylines