Kurz vor dem Start der elektronischen Patientenakte (ePA) sieht sich fast die Hälfte der niedergelassenen Ärzt:innen nicht ausreichend auf die ePA vorbereitet: 48,5 Prozent von ihnen gaben in der aktuellen Befragung „Im Fokus“ der Stiftung Gesundheit an, nur geringe oder gar keine Vorkenntnisse zu besitzen und noch umfassende Schulungen oder Informationen zu benötigen. Lediglich 9,0 Prozent schätzen sich als gut vertraut und sicher im Umgang ein. Weitere 42,5 Prozent verfügen über Grundkenntnisse, fühlen sich jedoch unsicher.
Vor allem bei Haftungsfragen, Zugriffsberechtigungen und der Datenübertragung in die ePA fühlen sich rund 60 Prozent der Ärzt:innen zu wenig informiert. 56,7 Prozent ist das Vorgehen bei Internet-Problemen nicht klar, und jede zweite Ärztin und jeder zweite Arzt gibt an, Informationen für die Patientenaufklärung zu benötigen. Lediglich 15,5 Prozent der Ärzt:innen brauchen keine weiteren Informationen.
Verhaltene Erwartungen an die ePA
Als größten Vorteil der ePA sehen Ärzt:innen die schnellere Verfügbarkeit von Patienteninformationen an: 38,3 Prozent der Ärzt:innen stufen dies als großen oder sehr großen Nutzen ein, allerdings sehen mit 35,4 Prozent fast ebenso viele nur einen geringen oder sehr geringen Nutzen.
In allen weiteren abgefragten Bereichen überwiegt der Anteil der Skeptiker:innen: So zweifeln beispielsweise 44,3 Prozent daran, dass die ePA doppelte bzw. unnötige Untersuchungen oder Behandlungen vermeiden könne. Einen großen oder gar sehr großen Nutzen erwarten in diesem Punkt nur 29,0 Prozent der Ärzt:inen. Die größten Zweifel haben Ärzt:innen daran, dass die ePA die Patientensicherheit verbessern könnte: Zwei Drittel der Ärzt:innen gehen von einem geringen oder sehr geringen Nutzen aus, nur 9,3 Prozent erwarten einen positiven Effekt.
Kritik an komplizierten Zugriffsberechtigungen und hohen Kosten
Bei der Frage nach möglichen Hemmnissen im Zusammenhang mit der ePA haben Ärzt:innen am häufigsten komplizierte Zugriffsberechtigungen (68,0 Prozent) genannt, gefolgt von hohen Kosten (58,8 Prozent). Auf dem dritten Platz rangiert die Einschätzung, dass die ePA wenig Nutzen bringe (56,5 Prozent). Als Begründung nannten die Ärzt:innen vor allem praktisch-organisatorische Gründe („Völlig unstrukturiert 100 Seiten völlig durcheinander, wer soll das wann lesen?“) sowie die Tatsache, dass Patient:innen selbst entscheiden, was in die ePA hochgeladen wird. In den Freitexten äußerten viele Ärzt:innen ihre Sorge um die Sicherheit der Patientendaten.
„Angesichts früherer Herausforderungen mit der Telematikinfrastruktur ist das Misstrauen der Ärzteschaft natürlich verständlich“, erläutert Reza Mazhari von der eHealth Experts GmbH, der die Ergebnisse der Stiftung Gesundheit kommentiert hat. Um das volle Potenzial der ePA auszuschöpfen und die Bedenken zu adressieren, sei eine sorgfältige Implementierung unerlässlich: „Unsere Aufgabe seitens der Industrie wird es sein, eine Kombination aus stabiler Technik, benutzerfreundlichem Design und hohen Sicherheitsstandards anzubieten. Leistungserbringer benötigen Systeme, die ePA-Prozesse übersichtlich abbilden und relevante Informationen schnell zugänglich machen – ohne unnötige Navigation oder zusätzlichen Aufwand.“
Weitere Informationen
https://www.stiftung-gesundheit.de/studien/im-fokus/start-der-elektronischen-patientenakte-epa/
Quelle: Stiftung Gesundheit