„Unsere damalige Betreuerin Dr. Alice Haynes war im Projekt ‚Multi-Immerse‘ des Universitätsklinikums des Saarlandes involviert“, sagt Anna Calmbach. Das fächerübergreifende Projekt befasst sich damit, wie Angehörige schwer erkrankte Kinder und Jugendliche im Universitätsklinikum des Saarlandes auf virtuelle Weise besuchen können. Dabei geht es nicht um reine Videogespräche mit den Kindern auf Isolierstation, sondern um eine möglichst realitätsnahe Abbildung eines Besuchs am Krankenbett.
Unter Anleitung ihrer Betreuerin konzipierten die beiden Studentinnen daraufhin zum einen ein Kuscheltier, über das Kinder Kontakt mit ihren Eltern aufnehmen können und zum anderen einen Handschuh, der das Kuscheltier steuern kann. „In der Ausführung hatten wir sehr viele Freiheiten und konnten mitentscheiden, wie die Forschungsfrage angegangen werden soll. Zuerst haben wir uns damit beschäftigt, welche Bedürfnisse ein neues Gerät bei Eltern und Kindern erfüllen müsste“, sagt Sophie Kunz. In einer umfassenden Literatur-Analyse haben die beiden Studentinnen erarbeitet, dass Kinder vor allem etwas zum Anfassen brauchen, da selbst Videoanrufe noch sehr abstrakt für sie sind. Für Eltern hingegen ist ein mobiles Gerät am besten geeignet, damit sie etwa auch von Unterwegs mit ihren Kindern kommunizieren können. „Das Kuscheltier bietet den Kindern also ein Stück weit einen Ersatz für den physischen Kontakt mit den Eltern, während der Handschuh für die Erwachsenen ein tragbarer Kontaktpunkt mit ihren Kindern ist“, erklären die Studentinnen.
Die beiden Geräte haben drei miteinander verknüpfte Funktionen: Wenn die Eltern mit eingeschaltetem Handschuh winken, winkt auch das Kuscheltier. Wenn das Kind dem Kuscheltier die Hand gibt oder die Eltern eine Geste mit dem Handschuh ausführen, wird ein Händchenhalten simuliert. Dies wird unter anderem mit Wärme und Vibration an beiden Geräten erzielt. Zudem können Kinder ihren Eltern mitteilen, wie sie sich gerade fühlen. „Dazu haben wir auf beiden Geräten eine ‚Gefühlsskala‘ eingebaut, die entsprechend dem Gefühlszustand des Kindes grün, gelb oder blau leuchtet“, sagt Anna Calmbach.
Die beiden Prototypen wurden nicht nur weitgehend von den Studentinnen erdacht, sondern auch selbst gebaut, genäht, verkabelt und programmiert. Die nötigen Kenntnisse dazu haben sie während ihres Studiums erworben. In einer anschließenden Nutzerstudie mit Eltern und Kindern zwischen drei und elf Jahren haben sie überprüft, wie ihre Entwicklungen bei der Zielgruppe ankommen. „Die Arbeiten wurden gut aufgenommen. Es war schön, das Lächeln der Kinder zu sehen“, sagt Sophie Kunz.
Eng betreut durch das „Human-Computer-Interaction Lab“ von Informatik-Professor Jürgen Steimle an der Universität des Saarlandes haben die beiden Studentinnen ihre Forschung ausgearbeitet und auf einer wissenschaftlichen Fachkonferenz eingereicht. Mit Erfolg, vom 17. bis 20. Juni werden sie zur „Interaction Design and Children Conference“ reisen, die in diesem Jahr an der Universität Delft in den Niederlanden stattfindet, und werden dort ihre Ergebnisse präsentieren.
Hintergrund:
Im Rahmen des EFRE-Projektes „Multi-Immerse“, das Professorin Martina Lehser (Hochschule für Technik und Wirtschaft des Saarlandes htw saar/ZeMA) leitet, arbeiten am Center for Digital Neurotechnologies Saar (CDNS) auf dem Medizin-Campus Homburg die Universität des Saarlandes, die htw saar und das Zentrum für Mechatronik und Automatisierungstechnik (ZeMA) zusammen. Außer Professorin Martina Lehser und den Professoren Stefan Seelecke und Paul Motzki sind beteiligt von der Medizinischen Fakultät der Universität des Saarlandes Professor Daniel Strauss (Direktor der Systems Neuroscience & Neurotechnology Unit), Professor Michael Zemlin (Direktor der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin am Universitätsklinikum des Saarlandes), Professorin Eva Möhler (Direktorin der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie am Universitätsklinikum des Saarlandes) sowie Informatiker der Universität des Saarlandes (Professor Jürgen Steimle) und des Deutschen Forschungszentrums für Künstliche Intelligenz (DFKI).
Quelle: Universität des Saarlandes