Weiter geht’s mit der Digitalisierung von bislang analogen Dokumenten und Prozessen im Gesundheitswesen: Seit dem 01.10.2021 sind alle 102 Krankenkassen in Deutschland „ready“ für die Bearbeitung von elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen, kurz eAU. Sofern also das Praxisverwaltungssystem (PVS) eines Arztes bzw. einer Ärztin dazu technisch in der Lage ist, können – und müssen – diese Praxen ab sofort die eAU ihrer Patienten an deren jeweilige Krankenkasse auf digitalem Weg versenden. Diejenigen, bei denen die eAU-Funktion noch nicht installiert ist, haben eine Übergangsfrist bis zum 31.12.2021. Die Funktion im PVS ist, je nach Anbieter, von der Ärztin bzw. dem Arzt selbst aktvierbar oder fest eingebaut.
Dr. Florian Hartge, Chief Production Officer in der gematik, verwies darauf, dass es aktuell hier und da bei der eAU holpern könne, was charakteristisch für eine Einführungsphase und angesichts der Dimension des Unterfangens auch nicht verwunderlich sei, denn: „Wir befinden uns in einer Einführungsphase eines der wichtigsten Massenprozesse des Gesundheitswesens, das jährlich rund 77 Mio. mal durchgeführt wird. Wir appellieren an die Ärzteschaft, sich sukzessive an KIM anzuschließen und dem eAU-Verfahren beizutreten. Wir haben bisher 37.000 Betriebsstätten an KIM angeschlossen. Da ist natürlich noch längst nicht das Potential ausgeschöpft, daher erwarten wir in den nächsten Wochen einen starken Anstieg – gerade auch im Rahmen der PVS-Updates rund um den aktuellen Quartalswechsel.“
Wie die eAU in der Praxis funktioniert
Die Ärztin/der Arzt stellt die Arbeitsunfähigkeit (AU) fest. Dann erstellt sie/er die AU am PC, ihr/sein Praxisverwaltungssystem (PVS) sucht anhand des Institutionskennzeichens der Krankenkasse automatisch die KIM-Adresse der korrekten Kasse raus. Die Ärztin/der Arzt verschickt dann die eAU an die Krankenkasse über das PVS-System. Der Beleg für Arbeitgeber und Versicherte wird (momentan noch) weiterhin ausgedruckt.
Signierung der eAU mit der QES
Die Ärztin bzw. der Arzt unterzeichnet die eAU mit der Qualifizierten Elektronischen Signatur (QES). Sie oder er kann hierbei sowohl die Einzel-Signatur anwenden (d. h. jedes Mal die PIN eingeben) oder die Stapelsignatur (d. h. die AU wird im PVS gespeichert, und die Ärztin/der Arzt kann später durch einmalige Eingabe der PIN den gesamten Stapel mit AU für verschiedene Kassen signieren) oder die Komfortsignatur (d. h. die Ärztin bzw. der Arzt gibt einmal PIN ein und kann bis zu 250 Signaturen speichern und diese im Laufe des Tages „verbrauchen“).
Zuständigkeit der gematik bei der eAU-Einführung
Die gematik sorgt für die Spezifikation von KIM sowie die Zulassung der Hersteller und Anbieter. Darüber hinaus wurde die gematik von ihren Gesellschaftern beauftragt, den so genannten eAU-Feldtest zu organisieren. Dieser Feldtest läuft seit Mitte August 2021 in der Produktivumgebung – also unter realen Versorgungsbedingungen in der Praxis –, und wird durch die gematik noch bis November/Dezember dieses Jahres betreut.
AU für Arbeitgeber und Versicherte
Die Ausdrucke sollen Schritt für Schritt aus dem Praxisleben entfallen. Ab Mitte kommenden Jahres sollen Praxen nur noch auf Wunsch des Versicherten den Arbeitsgeber- und Versichertenbeleg drucken. Ebenso soll ab dann das Arbeitsgeberverfahren den Versand direkt an den Arbeitgeber regeln. Für dieses Verfahren ist der GKV-Spitzenverband zuständig.
Quelle: gematik