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McKinsey-Studie: E-Health in Deutschland gewinnt an Dynamik

Die Digitalisierung des deutschen Gesundheitssystems gewinnt an Dynamik. Corona hat in einigen Bereichen wie ein Katalysator auf den Digitalisierungsprozess gewirkt. Allein die Nutzung von Telemedizin ist um den Faktor 900 gestiegen: In 2020 hat sich die Zahl der digitalen Sprechstunden in deutschen Arztpraxen auf fast 2,7 Millionen erhöht - von weniger als 3.000 digitalen Arzt-Patient-Gesprächen vor COVID-19 im Jahr 2019. Die Zahl der Downloads der Top-40-Gesundheits-Apps hat sich auf 2,4 Millionen nahezu verdoppelt. Auch auf gesetzlicher und technologischer Ebene hat sich einiges getan, um den Weg zu bereiten für digitale Meilensteine wie elektronische Patientenakte (ePA) und das verzögerte E-Rezept. Dafür tickt das System an anderen Stellen noch weitgehend analog, insbesondere beim Datenaustausch zwischen ambulanten und stationären Einrichtungen. Die Kommunikation zwischen Arztpraxen und Krankenhäusern erfolgt zu 95% immer noch in Papierform.

 

Dies sind die zentralen Ergebnisse des neuen eHealth Monitor von McKinsey & Company. Die Unternehmensberatung liefert damit jährlich einen regelmäßigen Überblick über die Fortschritte der Digitalisierung im deutschen Gesundheitswesen. "Wir haben in Deutschland beim Thema E-Health im letzten Jahr einige Fortschritte gemacht, sind aber noch lange nicht am Ziel", stellte McKinsey-Partnerin Laura Richter, Co-Autorin des Studie, bei der Vorstellung der Analyse fest. "Die größten Herausforderungen sind der flächendeckende Datenaustausch von Leistungserbringer:innen insbesondere über ambulant-stationäre Grenzen hinweg sowie die Skalierung von ePA und E-Rezept in Richtung Patient:innen durch eine umfassende Informationskampagne."

 

30 Indikatoren beschreiben den Fortschritt von E-Health in Deutschland

Der eHealth Monitor untersucht in diesem Jahr zum zweiten Mal anhand von rund 30 Indikatoren Entwicklung und Status quo von E-Health in Deutschland. Die Analyse soll Entscheider:innen und Akteur:innen im Gesundheitswesen einen aktuellen Überblick über relevante Trends und Neuerungen liefern. "Insgesamt haben sich die Rahmenbedingungen für E-Health in Deutschland weiter verbessert", sagte Co-Autor Tobias Silberzahn, Partner bei McKinsey in Berlin. Dazu beigetragen haben sieben E-Health-fokussierte Gesetze, die zwischen 2019 und 2021 auf den Weg gebracht wurden. Ihre Ziele: die Verbesserung der regulatorischen Rahmenbedingungen für die Digitalisierung des Gesundheitswesens hierzulande und die Beschleunigung des Ausbaus der digitalen Infrastruktur. Tobias Silberzahn: "Mit der Einführung von ePA und E-Rezept baut Deutschland weiter am E-Health-Fundament - aber es gibt noch einige Bereiche, bei denen Deutschland im internationalen Vergleich mehr Gas geben sollte." Als Beispiel nannte er die Fernbetreuung von Patient:innen, die in Großbritannien schon etabliert sei.

 

Mit den zunehmenden Erfahrungswerten im praktischen Umgang mit ePA, E-Rezept oder digitalen Gesundheitsanwendungen sollten nach Ansicht von McKinsey vor allem bessere Rahmenbedingungen zur Förderung digitaler Lösungen geschaffen werden, die einen konkreten Mehrwert im Leben und der Arbeit von Bürger:innen, Ärzteschaft und und des Pflegepersonals haben werden. Verbesserungen seien insbesondere bei der integrierten Versorgung von chronischen Patienten notwendig - also der Verknüpfung von klassischen medizinischen Interventionen mit digitalen Lösungen über Sektorgrenzen hinweg.

 

Fortschritte bei digitaler Infrastruktur - Nachholbedarf bei der Information

Konkrete Fortschritte zeigt der eHealth Monitor bei der digitalen Infrastruktur: Mehr als 90% der Hausarztpraxen sind nach den jüngsten Erhebungen der Kassenärztlichen Bundesvereinigung mittlerweile an die Telematikinfrastruktur angeschlossen. Jüngere niedergelassene Ärzt:innen und Psychotherapeut:innen unter 50 Jahren sowie mittelgroße bis große Praxen weisen überdurchschnittliche Anschlussraten auf. Bei den ambulanten Ärzt:innen wächst auch das Angebot an digitalen Services (+18% im Vorjahresvergleich). Allerdings befürchtet nahezu die Hälfte von ihnen, dass sich durch die Digitalisierung die Arzt-Patienten-Beziehung verschlechtern könnte (46%, vs. 43% im Vorjahr).

 

Großen Nachholbedarf zeigt der eHealth Monitor in der Rubrik "digitale Gesundheitskompetenz": Mehr als jeder zweite Deutsche (55%) zeigt sich zwar in Umfragen digitalen Gesundheitsangeboten gegenüber aufgeschlossen, doch es fehlt den Befragten eigenen Angaben zufolge an Information und Aufklärung über die digitalen Angebote. Ende 2020 hatten beispielsweise rund 40% der Versicherten noch nie etwas von der ePA gehört, deren erste Ausbaustufe im Januar 2021 an den Start ging. Entsprechend gering ist bislang auch die Resonanz auf das digitale Angebot: Ein halbes Jahr nach der Einführung der ePA im Januar haben bei den 20 größten gesetzlichen Krankenversicherungen weniger als 240.000 Versicherte die Akte heruntergeladen - ein Anteil von nur 0,4% der Versicherten.

 

DiGA - eine regulatorische Erfolgsstory, die noch nicht skaliert

Zu den regulatorischen Erfolgsstorys wiederum zählt das Prüfverfahren für digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA), den Angeboten, die von den Krankenversicherungen mittlerweile auch erstattet werden. Ihnen widmet der eHealth Monitor einen eigenen Schwerpunkt, der auch der Frage nachgeht, warum DiGA bislang so wenig verordnet und heruntergeladen werden. Bis diesen November wurden 24 DiGA in das Verzeichnis des Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte aufgenommen, allerdings stockt die Skalierung noch - neun DiGA, die als App-Anwendung zur Verfügung stehen, kamen seit der Zulassung bis zum 31. Juli 2021 auf insgesamt unter 200.000 Downloads. Zum Vergleich: Im Jahr 2020 wurden laut Wissenschaftlichem Institut der AOK 685 Mio. Fertigarzneimittel verordnet. Insgesamt hatte es bis zum 10.11.2021 Beantragungen für 104 DiGA gegeben. Mehr als die Hälfte von ihnen (55%) waren jedoch an den Aufnahmekriterien der Zertifizierung gescheitert oder haben ihren Antrag zurückgezogen. "Insofern hat das Prüfverfahren zwar den Weg zur Erstattung geebnet, jedoch gleichzeitig die Eintrittshürde für Apps hinsichtlich Nutzennachweis und Datenschutzanforderungen erhöht", stellte Laura Richter fest. Aber: "Diese Kombination aus regulatorischen Qualitätsanforderungen und nationalem Erstattungspfad hat auch viel Interesse im Ausland geweckt."

 

Einen besonderen Fokus legt der eHealth Monitor auch auf die deutschen Forschungspublikationen zur Evidenz von E-Health-Lösungen. Deren Zahl hat sich im letzten Jahrzehnt von 20 auf 116 im Jahr 2020 nahezu versechsfacht. Dennoch sind es nur halb so viele wie in Großbritannien. 84% der Publikationen weisen einen positiven Nutzeneffekt der digitalen Anwendungen nach - allein drei Viertel davon einen verbesserten Gesundheitsstatus der Patient:innen. 10% der Studien belegen höhere Kosteneffizienz, 14% eine Zeitersparnis für Ärzt:innen. Tobias Silberzahn: "Diese Zahlen zeigen, dass E-Health- Anwendungen das Potenzial haben, Patienten bei nachhaltigen Verhaltensänderungen zu helfen - und Ärzt:innen und Pflegende bei der Behandlung unterstützen können."

 

Über den eHealth Monitor

Ergänzend zu den McKinsey-Analysen bietet der eHealth Monitor auch in diesem Jahr wieder in zahlreichen Gastbeiträgen eine mehrdimensionale Sicht auf das Thema E-Health in Deutschland, auf die vielfältigen Chancen, aber auch auf die Herausforderungen, die mit dem digitalen Wandel verbunden sind. Zu Wort kommen Institutionen und Akteure wie das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), die Gematik, Robert-Bosch-Stiftung, Bundesministerium für Gesundheit, Bundesverband Managed Care, Anbieter von eHealth-Lösungen ebenso wie Ärzte und Patienten.

 

Der "eHealth Monitor 2021" erscheint in diesem Jahr erstmals in Buchformat bei der Medizinisch Wissenschaftlichen Verlagsgesellschaft: ISBN: 978-3-95466-656-0

Hier bestellen: https://www.mwv-berlin.de/produkte/!/title/ehealth-monitor-2021/id/805

 

Kostenlos zum Download finden Sie das eBook unter: https:/mck.de/ehealthmonitor2021