Bei dem Streit zwischen den beiden Teledermatologie-Plattformen geht es um die Frage, ob solche Plattformen gemäß neuer Medizinprodukteverordnung (MDR) Medizinprodukte der Klasse I oder IIa sind. Die Dermanostic-Plattform ist ein Medizinprodukt der Klasse I und wurde deswegen im Sommer von OnlineDoctor 24 mit Verweis auf die Regel 11 der MDR abgemahnt und eine Unterlassung gefordert, die der Stilllegung der Plattform gleichkommen würde.
Dermanostic hatte sich geweigert, eine entsprechende Erklärung zu unterzeichnen. Das Landgericht Hamburg gab den Düsseldorfern Recht. Doch OnlineDoctor 24 wandte sich an das Oberlandesgericht, das wiederum der Hamburger Plattform Recht gab und Dermanostic per Einstweiliger Verfügung aufforderte, seine Plattform zu schließen. Das Ganze ist ein wenig heikel, weil auch die OnlineDoctor-Plattform ein Medizinprodukt Klasse I ist. OnlineDoctor macht aber Übergangsfristen für sich geltend, weil es schon vor der neuen MDR im Markt war.
Dermanostic wiederum wollte sich nicht mit dem OLG-Urteil abfinden und legte im Oktober Widerspruch gegen die Einstweilige Verfügung ein, für den nun wieder das Landgericht zuständig war. Dies hat jetzt entschieden und in einem recht ausführlichen Urteil detailliert erläutert, warum es dem Widerspruch von Dermanostic stattgibt und die Plattform daher vorerst weiter am Netz bleiben kann. Demnach fällt eine Teledermatologie-Lösung, die lediglich von Patient:innen erstellte Bilder und dazugehörige Anamnesebögen von A nach B transportiert, nicht aber verarbeitet, nach Auffassung des Landgerichts Hamburg nicht unter die Regel 11 und benötigt entsprechend keine IIa-Zertifizierung.
Diese Auffassung teilen auch viele Anwälte, die sich mit der Telemedizinthematik schon länger beschäftigen. Als Gegenargument genannt werden durch Fans der IIa-Zertifizierung üblicherweise die Teleradiologie-Plattformen, die unstrittig IIa-Medizinprodukte sind und dies oft auch schon waren, bevor sie mit KI-Tools aufgerüstet wurden. In Sachen Teledermatologie dürfte das letzte Wort in jedem Fall noch nicht gesprochen sein. OnlineDoctor verweist auf Nachfrage auf die im Sommer anstehende Klärung durch dann erneut das OLG Hamburg. Möglicherweise ist auch das noch nicht die nächste Runde, vielleicht ist am Ende eine Klärung auf bundesgerichtlicher Ebene erforderlich. Dermanostic jedenfalls ist vorerst zufrieden. Klar ist: Schon im Sinne einer zügigen Weiterentwicklung der Telemedizin in Deutschland sollte die Zertifizierungsfrage bei Telemedizinplattformen dringend geklärt werden.