Als Christian Elsner und Jens Scholz, damals beide Universitätsklinikum Schleswig-Holstein (UKSH), den Healthcare Hackathon 2017 ins Leben riefen, kamen auf einen Schlag zweitausend Softwareentwickler:innen und Healthcare-IT-Enthusiast:innen ins kleine Kiel. Seither hat sich das Format zu einer Erfolgsgeschichte entwickelt, auch dank einem ordentlichen Boost durch die Pandemie. Bei der elften Auflage innerhalb von sieben Jahren fanden sich jetzt immerhin fünfhundert Menschen in der Landesvertretung von Schleswig-Holstein und Niedersachen in den Berliner Ministergärten ein. Viel mehr hätten da auch nicht reingepasst.
Das große Ziel ist ein Produkt
Der heimliche Star waren die großen Sprachmodelle, die LLMs, das Oberthema war künstliche Intelligenz. Insgesamt 19 so genannte Challenges wurden eingebracht. Das Schöne am Hackathon-Format ist, dass diese Challenges von Leuten kommen, die sehr eng an der klinischen Versorgung dran sind – oft unmittelbar von Ärzt:innen und Pflegenden, die Interesse an KI haben und in ihrem Alltag Probleme identifizieren, die möglicherweise mit KI-Unterstützung lösbar sind.
Vor Ort wird dann in Projektgruppen an „Tischen“ entwickelt, und die Prototypen werden am Ende der zwei Tage im Plenum im Rahmen von Kurzvorstellungen präsentiert. Manche „Hackathon-Innovation“ hat in der Vergangenheit dann den Weg weiter in Richtung Produktentwicklung genommen. Manches auch nicht, aber das ist Teil der Herausforderung und letztlich der Spaß an der Sache.
KI als Röntgen- und Triage-Assistent
Das Spektrum der KI-fokussierten Challenges war breit, und zugrunde lagen den entwickelten Lösungen natürlich längst nicht nur LLMs. Extrem versorgungsnah beispielsweise ein Tool, das anhand der Bilddaten von DICOM-Bildern in einem gewissen Umfang Metadaten ableiten kann und auf diese Weise erkennt, wenn zum Beispiel eine CT-Untersuchung falsch gelabelt wurde. Um Bilddatenharmonisierung ging es auch noch in einer weiteren Challenge, die auf die Pathologie fokussierte. Die „anentwickelte“ KI-Anwendung zielt darauf ab, das Preprocessing von pathologischen Schnittbildern zu automatisieren, die Farben zu harmonisieren und Schnittartefakte zu entfernen bzw. herauszurechnen.
Auch die Triage war ein Thema, das beim Healthcare Hackathon gleich in mehreren Challenges adressiert wurde. Können KI-Avatare dabei helfen, Patient:innen, die „zu Fuß“ in die Notaufnahme kommen, vorzusortieren im Hinblick darauf, ob sie wirklich die Notaufnahme benötigen oder ob nicht vielleicht eine konventionelle Arztpraxis reicht? Vorgestellt wurde am Ende ein Avatar, der fünf akutversorgungsrelevante Fragen stellen kann und einige Vitalwerte aufzeichnet. So etwas an existierende, evidenzbasierte Triage-Modelle wie das deutsche SmED zu koppeln, liegt zumindest nahe.
Synthetisierte Daten für künstliche Intelligenzen
Neue Wege ging der Healthcare Hackathon in diesem Jahr beim Thema Trainingsdaten für die Entwicklung der KI-Systeme. In einer Kooperation aus UKSH und dem Unternehmen und Forschungsdatenspezialisten Tiplu wurden den Entwickler:innen erstmals so genannte synthetisierte Versorgungsdaten zur Verfügung gestellt. Dabei handelt es sich um echte UKSH-Daten, die so stark anonymisiert und verfremdet wurden, dass sie zwar noch den Verlauf abbilden, aber dennoch quasi anonym sind. Der große Vorteil der KI-Entwicklung auf Basis solcher Datensätze ist, dass sie relativ unkompliziert genutzt werden können – es braucht keine aufwändig geschützten Arbeitsumgebungen, wie sie für die Forschung mit realen Patientendaten sonst nötig sind.