Die rettungsdienstlichen Versorgungsformen im Einsatzgebiet der RKiSH werden um einen bedeutenden Faktor reicher: Den Rettungskräften sollen künftig Telemediziner zur Seite gestellt werden, die im Bedarfsfall per Videoanruf hinzugezogen werden können. Die Vitaldaten der Patienten werden dafür mittels einer speziellen Software und mobiler Technik digital an die Telemediziner in eine noch einzurichtende Zentrale in Pinneberg übermittelt. Nach Planung der RKiSH-Unternehmensleitung soll die Telemedizin-Zentrale ab 2023 ihren Dienst aufnehmen.
Vorbereitungen innerhalb der RKiSH laufen dazu bereits seit vielen Jahren. Im nächsten Schritt schreibt das Unternehmen nun die Stelle der ärztlichen Teamleitung für die Telemedizin mit fach- und notärztlicher Zusatzqualifikation aus, welche ab 2022 die neue Telemedizinzentrale mit den beteiligten Fachbereichen und Stabsstellen aufbauen und nach Inbetriebnahme die Leitung des ärztlichen Teams übernehmen wird. Neben dem Aufbau der notwendigen Infrastruktur werden in der Vorbereitungsphase die Einsatzkräfte im Umgang mit der neuen Technik geschult.
Telemedizin wird bereits in einigen Teilen Deutschlands erfolgreich praktiziert; in Schleswig-Holstein ist die RKiSH der erste Rettungsdienst, der ein solches System implementieren wird. „Der Rettungsdienst hat sich von einem Transportdienst längst zu einer leistungsfähigen Notfallversorgung entwickelt“, sagt RKiSH-Geschäftsführer Michael Reis. Die medizinischen Anforderungen an den Rettungsdienst seien gestiegen, gleichzeitig verzeichne die Zahl der Einstätze im RKiSH-Einsatzgebiet einen anhaltenden Anstieg: „Seit längerem arbeiten wir an Strategien, um im Rahmen einer differenzierten Notfallversorgung unsere Ressourcen auch in der Zukunft weiterhin optimal einsetzen zu können. Die Telemedizin ist entscheidender Schritt in diese Richtung.“
Telemediziner können dann künftig vom Rettungsfachpersonal hinzugezogen werden – etwa, um die Zeit bis zum Eintreffen eines Notarztes zu überbrücken. Während Notärzte zum Einsatzort häufig weite Strecken zurücklegen müssen, was viel Zeit kostet, sind die Telemediziner augenblicklich präsent. Für die Entscheidung, ob der Patient ins Krankenhaus gebracht werden oder anderweitig versorgt werden soll, kann der Telemediziner den Notfallsanitätern außerdem mit ärztlichem Rat zur Seite stehen. Die Telemedizin soll so auch für eine Verringerung nicht medizinisch indizierter Transporte in die Klinik sorgen.
„Dies entlastet nicht nur das Rettungsfachpersonal, sondern auch die überlaufenen Notfallambulanzen in den Krankenhäusern. Vor allem aber hilft es dem Patienten, dem vielleicht mit einer Versorgung im häuslichen Umfeld durch Hausärzte oder Pflegedienste oder mit der Versorgung in einem anderen Sektor besser gedient ist, als aus dem Krankenhaus gleich wieder nach Hause geschickt zu werden“, so Dr. med. André Gnirke, Ärztlicher Leiter Rettungsdienst der RKiSH. „Zwar ermöglichen die von uns entwickelten Standardarbeitsanweisungen (SAA) den Notfallsanitätern schon in vielen Fällen, eigenständige Maßnahmen zu ergreifen und Entscheidungen zu treffen, doch gab es bisher keine Möglichkeit, im Zweifel oder bei Bedarf die ärztliche Expertise hinzuzuschalten.“
Auch bei Sekundäreinsätzen, etwa der Verlegung eines Patienten von einem kleineren Krankenhaus in eine spezialisierte Klinik, können Telemediziner zukünftig eingesetzt werden, die von der Zentrale aus die live übermittelten Patientendaten überwachen und den Notfallsanitätern unterstützend zur Seite stehen.
„Im Fokus steht die Sicherheit für unsere Patienten und Mitarbeiter bei der Durchführung der Versorgung sowie die Rechtssicherheit.“, sagt der Telemedizin-Projektkoordinator der RKiSH, Olaf Cordsen. „Die Einführung der Telemedizin soll also zusätzliche Sicherheit bringen und zudem die Kompetenzentwicklung des Rettungsfachpersonals fördern. Dabei geht es nicht darum, Notärzte zu ersetzen.“
Quelle: RKiSH