Der Sommerempfang der BioRegio STERN Management GmbH wurde gemeinsam mit dem Verein zur Förderung der Biotechnologie und Medizintechnik e. V. und der Technologieparks Tübingen-Reutlingen (TTR) GmbH veranstaltet. Im Rahmen dieses großen regionalen Branchentreffens von Unternehmern, Wissenschaftlern, Investoren und Politikern fand die Preisverleihung des 15. Science2Start Wettbewerbs statt, der wirtschaftlich aussichtsreiche Life-Sciences-Ideen von Wissenschaftlern und Gründern aus der Region auszeichnet. Die Preisgelder in Höhe von insgesamt 5.500 Euro hatten erneut Voelker & Partner Rechtsanwälte Steuerberater Wirtschaftsprüfer ausgelobt. In ihrer Keynote beglückwünschte Ehrengast Dr. Viola Bronsema, Geschäftsführerin von BIO Deutschland, die Preisträger zu ihren außerordentlichen Leistungen.
Die Preisträger des Science2Start-Wettbewerbs 2024
Platz 1: „Vicinity Bio“
Hochdimensionale Bildgebungsverfahren für Krebsdiagnostik und Forschung
PD Dr. Kilian Wistuba-Hamprecht, Prof. Dr. Manfred Claassen, Dr. Dr. Saskia Biskup, Dr. Aaron Mayer und Prof. Dr. Dr. Christian Schürch
Checkpoint-Inhibitoren, Krebsimpfungen, adoptiver Zelltransfer oder genetisch modulierte Zelltherapien: Inzwischen gibt es zahlreiche erfolgsversprechende Krebsimmuntherapieansätze. Je breiter zukünftig die Therapiewahl wird, desto wichtiger sind Biomarker, die Aufschluss über die bestmögliche Wahl einer Therapie bei individuellen Patienten geben können. „Vicinity Bio“ wird mittels innovativer Technologieplattformen (high-dimensional in-situ proteOMICs imaging), fachlicher Expertise und KI-gestützter Analyseprozesse Biomarker für alternative Therapieoptionen identifizieren, und helfen Mechanismen für zukünftige Therapien beispielsweise bei Tumor- oder inflammatorischen Erkrankungen aufzuklären. Die Produktlinien von Vicinity Bio können mehr als 150 Marker, mit subzellulärer Auflösung auf einem einzigen Gewebeschnitt (bspw. Biopsie), visualisieren und somit zum Beispiel die Komposition von Tumoren, ihrer invasiven Front und das angrenzende, nicht maligne Gewebe, hochdimensional darstellen. Vicinity Bio vervollständigt herkömmliche pathologische Untersuchungen und vereint Fachgebiete der Immunologie, Zellbiologie, Biochemie, Onkologie, Pathologie und den Computerwissenschaften zu einer räumlich auflösenden Biologie. Ziel ist die Personalisierung von fundierten Therapieempfehlungen durch hochdimensionale und digitalisierte Krebsdiagnostik.
Platz 2: „REVeyeVE“
Steuer- und abbaubare Nanopropeller für die okulare Gentherapie
Dr. Sven Schnichels und Dr. José Hurst, Universitäts-Augenklinik Tübingen
Das Einbringen von Gentherapeutika wie RNA oder DNA-Plasmiden ins Augengewebe stößt immer noch auf große Hürden. Die aktuellen Therapien in der Klinik als auch in der Entwicklung basieren größtenteils auf viralen Vektoren. Neben Immunreaktionen ist die Effizienz häufig nicht ausreichend, oder es werden nicht die richtigen Zielzellen erreicht. REVeyeVE – ein Projekt aus der präklinischen Forschung – ist ein neuartiges virusfreies Gentherapievehikel, das Nanopropeller verwendet, die mithilfe von Magneten durch das Auge gesteuert werden und schließlich die Therapeutika an der richtigen Stelle der Netzhaut freisetzen. Dies bietet Patienten mit erblichen, bisher nicht behandelbaren Netzhauterkrankungen, eine potenzielle Behandlungsoption. Im Vergleich zu den aktuellen Therapien bieten die Nanopropeller den Vorteil, dass sie modifizierbar sind und eine hohe Flexibilität aufweisen: Neben verschiedenen RNA-Typen können auch große Gene transportiert werden. Die Transfektion mit den Nanopropellern zeigt eine hohe Effizienz, das heißt, das Einbringen von DNA und RNA ist erfolgreicher als mit anderen Methoden. Darüber hinaus sind die Nanopropeller abbaubar und besitzen eine hohe biologische Verträglichkeit.
Platz 3: „Virus neutralizer“
Ein ACE2-M Fusionsprotein als Therapeutikum gegen SARS-CoV-2
Dr. Latifa Zekri von der Klinischen Kooperationseinheit Translationale Immunologie, die sowohl am Universitätsklinikum Tübingen als auch am Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) und dem Deutschen Konsortium für Translationale Krebsforschung (DKTK) angesiedelt ist, Prof. Dr. Gundram Jung, Prof. Dr. Helmut Salih und Prof. Dr. Michael Schindler vom Universitätsklinikum Tübingen
Das Team hat ein ACE2-M-Fusionsprotein entwickelt, das als neues Therapeutikum gegen SARS-CoV-2 eingesetzt werden kann. Das ACE2-M hat die Funktion eines "Virus Neutralizer" und ist auch bei den verschiedenen SARS-CoV-2-Escape-Varianten wirksam. Das Projekt wird im Rahmen des beLAB2122 Partnerships gefördert.
Es besteht ein dringender Bedarf an wirksamen, antiviralen Reagenzien zur Bekämpfung bestehender und künftiger Virusinfektionen. Während der COVID-19-Pandemie wurden monoklonale Antikörper mit starker neutralisierender Wirkung entwickelt, von denen die meisten auf die rezeptorbindende Domäne (RBD) des viralen Spike-Proteins abzielen, das an den ACE2-Rezeptor auf den Zielzellen bindet. Mehrere dieser Reagenzien wurden für den Einsatz in den frühen Phasen der Infektion zugelassen. Ihre neutralisierende Wirkung hat jedoch aufgrund aufeinander folgender Mutationen in den SARS-CoV-2-Varianten abgenommen. Im Gegensatz dazu hat das Spike-Protein der Omikron-Varianten seine Affinität für den ACE2-Rezeptor erhöht, was zu einer höheren Virus-Infektiosität führt. Das Team hat einen „Virus neutralizer“entwickelt, ein ACE2-Fc-Fusionsprotein mit der Bezeichnung ACE2-M, das alle SARS-CoV-2-Varianten neutralisieren kann. ACE2-M wurde so konzipiert und charakterisiert, dass es der viralen Immunevasion entgegenwirkt, was es besonders wirksam gegen neu auftretende Coronaviren im Rahmen der Pandemievorsorge macht.
Platz 3: „SteriDoc“
Steriler Einfachkonnektor für das Labor
Michael Pfeifer, Markus Schandar, Richard Rösch, Fraunhofer IPA, Stuttgart
Ein zentraler Vorgang bei der Herstellung moderner Therapeutika, beispielsweise mit körpereigenen Zellen, ist das Liquidhandling, das in offenen Gefäßen unter Reinraumbedingungen stattfinden muss. „SteriDoc“ ermöglicht die Produktion innerhalb eines geschlossenen Systems und bietet den Vorteil, dass die Anforderungen an die Umgebung gesenkt werden können. Die Idee ist eine Verbindungvorrichtung und ein Verbrauchselement in Nadelform, das durch Hitze sterilisiert wird und dann in das Septum (Durchstichmembran) eines kleinen Fläschchens (Vial), eingestochen wird. Die Verbindungsvorrichtung liefert durch eine Induktionsspule oder Heizelement die erforderliche Energie zur Erhitzung einer steril teilummantelten leitfähigen Nadel, deren Öffnung im Moment des Einstechens zum Vial hin freigegeben wird. Sterile Verbindungsprozesse zu Vials können so in Reinraumanlagen mit niedriger Klassifizierung durchgeführt und zukünftig hoffentlich außerhalb des Reinraums durchgeführt werden.
Quelle: BioRegio STERN Management