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Medizin |

Telemedizin: Thrombolysen unter 20 Minuten durch digitale Datenübertragung

Der Aufnahmeprozess bei einem akuten Schlaganfall ist an der Nahtstelle Rettungsdienst und Klinik ein kritischer Faktor für die Einhaltung der Leitlinienvorgaben. Eine neue Analyse von zwei prospektiven Kohorten kommt zu dem Ergebnis, dass die Versorgungszeit in der Klinik durch eine telemedizinische Voranmeldung maßgeblich beeinflusst wird.

Notfallmanagement; Foto: © ZTM

„Time is brain – Zeit rettet Leben”: Ein Credo, das sich nicht nur Rettungsdienst und Notfallversorgung gesetzt haben. Auch das Team um Chefarzt Dr. Hassan Soda von der Stroke Unit, RHÖN-KLINIKUM Campus Bad Neustadt verfolgt dieses Ziel tagtäglich bei knapp 1.000 Schlaganfallpatient:innen pro Jahr.


Seit nun mehr als 15 Jahren setzt man dabei auf die telemedizinische Voranmeldung durch den Rettungsdienst. Dabei werden Daten (Vitaldaten, Scores, etc.) aus dem Rettungswagen digital an die Klinik übermittelt, mit dem Ziel einen Zeitvorsprung für die Patient:innen zu erreichen. Eine aktuelle Studie in „Cerebrovascular Diseases“ (2021; DOI; doi.org/10.1159/000514563) weist nun den Erfolg dieses Vorgehens nach.


In den beiden Kohortenstudien der „Stroke Angel Initiative“ wurden von 2011 bis 2013 insgesamt 496 Patient:innen und von 2015 bis 2018 insgesamt 349 Patient:innen untersucht. Die Forscher haben untersucht, ob sich eine telemedizinische Voranmeldung positiv auf die Zeit vom Eintreffen in der Notaufnahme bis zur ersten Bildgebung (Door-to-CT) sowie zur Thrombolyse (Door-to-Needle) auswirkt.


In der ersten Kohorte konnte die Door-to-CT-Zeit signifikant um 13 min verkürzt werden. In der zweiten Kohorte (Daten von 2015 bis 2018) war die telemedizinische Voranmeldung u.a. um einen digitalen Schlaganfallscore, erhoben vom Rettungsdienst, und weitere wesentliche Items zur Pa-tientenanamnese erweitert, die eine raschere Einleitung der Akuttherapien ermöglichten. Das führte dazu, dass sich die Chance eine Bildgebung (Door-to-CT) innerhalb von 10 Minuten zu erhalten für Patient:innen in der zweiten Kohorte nahezu um das Dreifache erhöhte (adjustiertes Odds Ratio: aOR 2,70; 2,10 bis 3,47). Die Chance eine Thrombolyse (Door-to-Needle) innerhalb von 20 Minuten zu erhalten, verdoppelte sich (aOR 1,83; 1,14 bis 2,94). Darüber hinaus haben Patient:innen mit einem Verdacht auf Schlaganfall signifikant häufiger eine Thrombolyse erhalten, wenn sie telemedizinisch vorangemeldet wurden (aOR 1,44; 1,07- 1,92).


Mit einer schnelleren innerklinischen Versorgung gehen auch kürzere Stand- und Übergabezeiten für den Rettungsdienst einher. Diese können wiederum die Verfügbarkeit der Rettungsmittel erhöhen. Auch die Transportzeiten haben sich durch die telemedizinische Voranmeldung und die Dateneingabe via Tablet nicht signifikant verlängert.


Das System („NIDAklinik“), das im Rahmen der telemedizinischen Voranmeldung zum Einsatz kommt, wurde in einer hessisch-bayerischen Kooperation des Zentrum für Telemedizin Bad Kissingen, sowie der Firma medDV entwickelt. Immer wieder werden neue Funktionen in das System integriert. Mittlerweile zählt es mit monatlich rund 60.000 Voranmeldungen aus 250 angebundenen Kliniken zu den meistgenutzten Kommunikationsmitteln zwischen Rettungsdienst und Klinik.


Digitales Notfallmanagement als ganzheitliches Konzept

Die weiteren Pläne rund um die Forschung und Entwicklung der telemedizinischen Voranmeldung sehen vor, zukünftig weitere Akteure der Rettungskette digital einzubinden. Dazu gehört beispielsweise die Möglichkeit, die verfügbaren Ressourcen und Kapazitäten der Klinik noch vor einer telemedizinischen Voranmeldung abzufragen, um Sekundärverlegungen und Überfüllungen in den Notaufnahmen zu vermeiden. Das Bundesland Schleswig-Holstein hat sich auf den Weg gemacht dieses Konzept landesweit einzuführen. Erste Erfahrungsberichte und Ergebnisse aus Evaluationen werden in den nächsten Jahren erwartet.

 

Quelle: Zentrum für Telemedizin Bad Kissingen (ZTM)