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Medizin |

Wer wird schizophren? KI weiß (ein bisschen) Bescheid.

Ein KI-Modell sagt anhand von elektronischen Patientenakten vorher, welche Patient:innen in psychiatrischer Behandlung wahrscheinlich eine Schizophrenie entwickeln.

Bild: © Suriyo– stock.adobe.com, 995110122, Stand.-Liz.

Psychische Erkrankungen sind weiter auf dem Vormarsch, das zeigen aktuelle Krankenkassendaten zur Diagnosehäufigkeit von Depression einmal mehr. Doch nicht jeder Arztkontakt wegen psychischer Erkrankungen betrifft Menschen, die im Verlauf eine schwere Psychose oder Depression entwickeln. Gleichzeitig wäre es wichtig, diejenigen, die für schwere psychische Erkrankungen besonders gefährdet sind, früh zu erkennen.

 

Dr. Lasse Hansen und Kolleg:innen von der Abteilung für affektive Störungen an der Psychiatrie der Aarhus Universität Dänemark haben jetzt ein KI-Modell entwickelt, das darauf trainiert wurde, besonders gefährdete Patient:innen anhand der Einträge in psychiatrischen Patientenakten zu erkennen. Genutzt wurden die Akten psychiatrischer Versorger:innen in der Zentraldänemark. Insgesamt 24.449 Patient:innen wurden berücksichtigt – alle, die zwichen Januar 2013 und November 2016 mindestens zwei Kontakte zu psychiatrischen Dienstleistern – Ärzt:innen wie Therapeut:innen – hatten. Zielzeitraum für die Diagnose einer Schizophrenie oder einer bipolaren Erkrankung waren die Jahre 2023 und 2024.

 

Positiv prädiktiver Wert noch zu gering

Es zeigte sich, dass eine Prädiktion auf Basis von Patientenakten innerhalb gewisser Grenzen möglich ist. Die KI wurde so eingestellt, dass sie bei 4 % der Patient:innen anschlug. Bei dieser Einstellung betrug die Sensitivität für Detektion von Schizophrenie oder bipolarer Störung zwar nur 9,3 %, die Spezifität aber 96,3 %, woraus sich ein positiv prädiktiver Wert von 13 % errechnet.

 

Bei getrennter Auswertung zeigte sich, dass die Prädiktion für eine Schizophrenie besser war als für eine bipolare Erkrankung. Die Sensitivität für Erkennung einer späteren Schizophrenie lag immerhin bei 19,4 %, bei einer Spezifität von erneut 96,3 %. Maßgebliche Datenquelle der KI für ihre Prädiktionen waren demnach die klinischen Freitexteinträge der Behandelnden in der Dokumentation.

 

Prof. Dr. Søren Dinesen Østergaard, Senior-Autor der Studie, betont in einem Podcast des JAMA Network, dass die Ergebnisse aus seiner Sicht vielversprechend seien: „Wir haben viel Evidenz dafür, dass eine Verzögerung der Diagnose bei diesen Erkrankungen die Prognose verschlechtert.“ Klar sei aber aber, dass der gewählte technische Ansatz große Limitationen habe. Insbesondere sei der positiv prädiktive Wert relativ niedrig, was auf dem derzeitigen Stand der Modellentwicklung noch gegen einen klinischen Einsatz spreche. Das könne nach Weiterentwicklung des Modells aber anders aussehen.

 

„Wir sehen es als einen Test, der dabei helfen würde, die Aufmerksamkeit stärker auf bestimmte Erkrankungsverläufe zu lenken“, so Østergaard. Auf diese Weise könnte bei erneuten Vorstellungen eines Patienten oder einer Patientin beispielsweise gezieltere Fragen gestellt werden, um eine mögliche Entwicklung in Richtung Schizophrenie oder bipolare Störung besser zu eruieren als im Rahmen normaler Konsultationen. 

 

Weitere Informationen:

Originalpublikation “Predicting Diagnostic Progression to Schizophrenia or Bipolar Disorder via Machine Learning”; JAMA Psychiatry Februar 2025; https://jamanetwork.com/journals/jamapsychiatry/fullarticle/2830144

https://jamanetwork.com/journals/jamapsychiatry/fullarticle/2830144