Schon seit 2016 leistet sich das Land Berlin für seine Universitäten ein gemeinsames Inkubatorprogramm. Unter dem Titel „Science & Startups“ werden Gründer:innen aus der Wissenschaft bei ihren ersten Schritten in Richtung kommerzielle Welt unterstützt – durch Räumlichkeiten, durch Zugang zu Laboratorien aller Art und nicht zuletzt durch ein Netzwerk von insgesamt über 100.000 Wissenschaftler:innen, die an HU, FU, TU und Charité forschen. Insgesamt wurden bisher 800 Stipendiat:innen in 250 Startup-Teams unterstützt. Der aktuelle Jahrgang hatte jetzt seine Abschlussfeier.
Mit dem Scanner in die Umkleide
Dort präsentierten sich nicht nur, aber auch Digital Health Unternehmen. Denn das Programm hat ein Cluster „Healthcare & Prevention“ unter der Ägide von Claudia Dirks. Eines der Jungunternehmen des aktuellen Jahrgangs ist mimaps, das eine interaktive Landkarte für psychosoziale und psychologische Hilfsangebote entwickelt hat. Das Startup GreenMates wiederum bewegt sich an der Grenze von Prävention und Lifestyle: Die App erstellt personalisierte Ernährungspläne, die eine gesunde Ernährung befördern und gleichzeitig das Klima schonen.
Spannend auch PAPS, eine medizintechnische Gründung der Zahnärztin Stine Hecht. Ihre Mission ist es, das Thema Sportmundschutz neu zu denken. Statt Zahnabdruck, Gipsmodell und 500 Gramm Müll pro Mundschutz geht die Berlinerin einen anderen, digitalen Weg für ihre CE-zertifizierten Schutzschienen: Mit portablen Scannern wird der Mund der Sportler:innen direkt in Sportvereinen vermessen, und das Schutzprodukt wird dann mit nur wenig Müll per 3D-Druck hergestellt. Hecht entwickelt quasi aus eigener Betroffenheit heraus: Sie hat viele Jahre Hockey gespielt, eine der Zieldisziplinen für derartige Produkte.
Wie in jedem Jahrgang gibt es auch Überflieger, die eine Klasse überspringen. Das Unternehmen PraxiPal, das die KI-gestützte Telefonassistent Luna entwickelt, sei ebenfalls Teil des aktuellen Science & Startups Jahrgangs gewesen, berichtete Claudia Dirks im Gespräch mit E-HEALTH-COM. Es wurde aber zu schnell zu groß und geht mittlerweile eigene Wege.
Chancen sehen statt ständig Angst haben
Klar ist: Die Zeiten für Startups waren schon mal einfacher. Aber schlechte Laune wollte Gastredner Prof. Marcel Fratzscher nicht gelten lassen. Der DIW-Präsident diagnostizierte für Deutschland eine kollektive Depression, die neue Ideen ausbremse und die deswegen dringend überwunden werden müsse. Es gelte, zum einen die Transformation in Richtung grüner Energie und zum anderen die digitale Transformation simultan zu bewältigen: „Wir brauchen kreative Zerstörung. Die Transformationen werden als Bedrohung wahrgenommen, aber es bieten sich dadurch auch riesige Chancen.“
Allem Krisengerede zum Trotz leben wir in goldenen Zeiten für echte Innovatoren, das war die Botschaft, und sie kam gut an. Erfolgsfaktoren für Startups, so Fratzscher, seien neben Geld und Freiheit vor allem die drei „T“ – Technologie, Talente und Toleranz. Toleranz für neue Ideen, Toleranz für Denken in ungewöhnlichen Bahnen und Toleranz für Menschen aller Lebensläufe: „Diversität ist Treibstoff für Neugründungen“, so Fratzscher. Das darf man in diesen Zeiten schon mal betonen.
Weitere Informationen: http://www.science-startups.berlin