Weibliche Führungskräfte haben einen entscheidenden Anteil daran, die Gesundheitsversorgung und -wirtschaft resilient und zukunftsfähig zu machen. Das Businessnetzwerk Healthcare Frauen (HCF) e.V., eines der führenden Netzwerke im Healthcarebereich, zeigte auf seiner Herbsttagung im Hotel Oderberger, wie Veränderungen entstehen, wenn Leaderinnen der Gesundheitswirtschaft, leitende Ärztinnen sowie Aufsichtsrätinnen und Vertreterinnen von Institutionen und Verbänden im Gesundheitswesen zusammenkommen. Sie setzen Impulse, sind innovativ und treiben auf verschiedenste Weise die Transformation voran – so wie Bianka Grau, Dr. Nora Herzog, Dr. Estefania Lang, Dr. Viyan Sido und Andrea Krull.
In der Kategorie Transforming Leadership erhielt Bianka Grau den „1. Female Transformers in Healthcare“-Award für ihre Führung in der Pflege. Als Pflegedirektorin an der Evangelischen Lungenklinik der Johannisstift Diakonie schaffte sie althergebrachte Strukturen ab und führte u. a. die neue Position Leitung Pflege- und Prozessmanagement mit erweitertem Aufgabengebiet ein.
Dr. Nora Herzog konnte die Jury in der Kategorie Transforming Cooperation mit ihrer Hochschul-Veranstaltungsreihe „Clinicum digitale“ überzeugen, die mit der Verknüpfung von Informatik, Ingenieurswesen und Medizin zu einer wichtigen Schnittstelle für Studierende, Gesundheitswesen und -wirtschaft geworden ist.
In der Kategorie Transforming Processes gewannen Dr. Estefanía Lang, Mitgründerin der Online-Hautarztpraxis dermanostic, und Herzchirurgin Dr. Viyan Sido. Sido rief eine geschlechtsspezifische Ambulanz mit spezieller Frauensprechstunde ins Leben, um den Krankheitsverlauf von Frauen und Männern unterschiedlich zu betrachten und damit Prävention und Therapie zu individualisieren.
In der Sonderkategorie Ehrenamt wurde Andrea Krull, Gründerin und Vorsitzende des Verein Gynäkologische Krebserkrankungen Deutschland e.V., ausgezeichnet. Der Verein unterstützt Frauen mit der Diagnose Eierstockkrebs mit fundierten Informationen, Selbsthilfegruppen und Begleitung bei der Behandlung und Therapieentscheidung. Darüber hinaus setzt er sich dafür ein, an Eierstockkrebs Erkrankte systemisch besser zu versorgen.
Der „Female Transformers in Healthcare“-Award wurde gemeinsam von HCF und dem Fachmagazin Health&Care Management ausgelobt. Die Preisträgerinnen erhalten jeweils ein Preisgeld von 2.000 Euro. Zur achtköpfigen Jury zählten Christine Vogler (Präsidentin Deutscher Pflegerat e.V.), Dr. Pedram Emami (Präsident Ärztekammer Hamburg), Dr. Markus Horneber (Vorstandsvorsitzender Agaplesion gAG), Dr. Irmgard Stippler (Vorstandsvorsitzende AOK Bayern), Prof. Dr. Clarissa Kurscheid (Präsidentin EU|FH), Prof. Dr. Sylvia Thun (Direktorin Core Unit eHealth und Interoperabilität, Berlin Institute of Health), Vanessa Conin-Ohnsorge (Geschäftsführerin IDV GmbH) und Bianca Flachenecker (Chefredakteurin Health&Care Management) . Neben den Jurymitgliedern hielt auch Alexander Stütz, stellvertretender Vorstandvorsitzender der AOK Baden-Württemberg, eine Laudatio. Die Krankenkasse unterstützte als Premium-Partner den Award. „Wir waren von der Expertise der mehr als 100 Frauen, die sich beworben haben, mehr als begeistert. Es ist wunderbar zu sehen, wie viele inspirierende Frauen im Gesundheitswesen den Wandel jeden Tag in ihrem Umfeld voranbringen“, betonte Cornelia Wanke, HCF-Vorständin, die gemeinsam mit HCM-Chefredakteurin Bianca Flachenecker die Verleihung des Awards moderierte.
„Digitalisierung als Katalysator für Veränderungen nutzen“
Um das Gesundheitssystem zu verbessern, bedarf es neben der Bereitschaft zur Veränderung des Zusammenwirkens verschiedener Sektoren. So legte Dr. Bernadette Klapper, Bundesgeschäftsführerin des Deutschen Berufsverbands für Pflegeberufe, mit ihrem politischen Impuls den Finger in die Wunde: „Wir stehen noch mit einem Fuß in einer altertümlich anmutenden Vergangenheit.“ Es gelte, die Digitalisierung als Katalysator zu nutzen. „Wir müssen überkommene Strukturen überwinden, verengte Sichtweisen erweitern, intraprofessionelle Kooperationen verstärken“, so Klapper weiter.
Diesen Faden nahm das erste Panel auf: „Female Transformers in der Versorgung: Wie interprofessionelle Zusammenarbeit und Digitalisierung die Versorgung verändern“. Panelteilnehmerin Prof. Dr. Heidi Höppner MPH (Alice Salomon Hochschule Berlin) regte an, „Bildungssilos aufzubrechen und in den Gesundheitsberufen miteinander zu lehren und zu lernen“. Für Dr. Susanne Ozegowski, Abteilungsleiterin für Digitalisierung im Bundesgesundheitsministerium, schafft das Gesetz zur Beschleunigung der Digitalisierung des Gesundheitswesens eine Basis für Veränderungen: „Wir werden mit dem Digital-Gesetz die elektronische Patientenakte endlich flächendeckend Realität werden lassen und mit Daten füllen, die einen unmittelbaren Nutzen stiften“, so Ozegowski. „So werden wir auch zukünftig eine hochklassige Versorgung für alle Bürgerinnen und Bürger ermöglichen.“
Das zweite Panel mahnte die längst überfällig gewordene Transformation mit Blick auf die Gendermedizin an. Miriam Stein, Journalistin, Spiegel-Bestsellerautorin („Die gereizte Frau“) und Initiatorin der Grassroots-Kampagne #wirsind9millionen, kritisierte: „Frauengesundheit fehlt auf der Agenda des Bundesgesundheitsministeriums.“ Prof. Mandy Mangler (Vivantes Kliniken) ergänzte: „Medizinisch gibt es viel zu tun auf dem Weg zu einer individualisierten und geschlechter-gerechten Medizin. Bislang ist Medizin für den männlichen Mainstream gemacht.“
Wie bessere Versorgung aussehen kann, zeigten die Teilnehmerinnen des dritten Panels „Treiber einer innovativen Versorgung: Wie Frauen die Digital Health Szene verändern“. Caroline Mitterdorfer, Gründerin und Geschäftsführerin von LEVY Health, einer medizinischen Software für die Diagnose von endokrinologischen Krankheiten, oder Anna von Stackelberg, Co-Founder und CBDO von doctorly, einer Praxissoftware für mehr Interoperabilität im Gesundheitswesen, sind Beispiele dafür, wie die Versorgung durch digitale Angebote besser werden kann. Laura Henrich, Geschäftsführerin von Klenico, einem Digital Mental Health Unternehmen, machte klar, wie wichtig niedrigschwellige Versorgungsangebote für die psychische Gesundheit sind: „Egal, welches Geschlecht – das Thema mentale Gesundheit betrifft uns alle. Die Offenheit, um über psychische Gesundheit zu sprechen, wächst bei beiden Geschlechtern, und davon profitieren alle.“
Neuer HCF Mentoring-Beirat und weiterentwickeltes Mentoring-Programm
Das von der Deutschen Gesellschaft für Mentoring zertifizierte HCF Mentoring Programm trägt seit 2009 dazu bei, den Aufstieg weiblicher Potenzialträgerinnen innerhalb von Healthcare-Unternehmen zu ermöglichen und hat bis heute rund 150 Mentees in mehr als 80 Unternehmen begleitet (mehr dazu unter healthcare-frauen.de/projekte). Auf der Herbsttagung wurden die 22 Mentées des aktuellen Jahrgangs 2023/24 begrüßt und der vorherige Jahrgang verabschiedet. Auch Annett Martin nahm Abschied: Die langjährige HCF-Beirätin Mentoring, die gemeinsam mit ihrer Beiratskollegin Nora Möllers das Mentoringprogramm aufgebaut und betreut hat, legte ihr Amt nieder. Dafür bekommt Möllers künftig mit den HCF-Mitgliedern Hilke Schröder-Rumsfeld, Maria Luchterhandt und Judith Kärtner gleich dreifache Unterstützung. Neben dem neuen Angebot für Mentées, Situationen aus der männlichen Perspektive zu reflektieren, soll es ab 2024 auch Reverse Mentoring geben, das mittels Rollentausch den Wissenstransfer und die Vernetzung fördert.
Quelle: Healthcare Frauen e.V.