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Health-IT |

Compliance-Studie enttäuscht

© VITALITY, Inc.

Unerwartet und für die mHealth-Branche unerfreulich: Eine große, randomisierte Studie zu digitalen Compliance-Tools nach Herzinfarkt endet als Schlag ins Wasser.

 

Eine Verbesserung der Arzneimittel-Adhärenz schreiben sich viele Digital Health-Anwendungen auf die Fahnen. Und es gibt ja auch eine Menge Erkrankungen, bei denen hohe Adhärenz ein wichtiger Erfolgsfaktor ist. Der Herzinfarkt gehört ohne Zweifel dazu: Medikamentöse Sekundärprävention verhindert erneute Infarkte, und auch die regelmäßig eingesetzten Stents benötigen eine medikamentöse Abdeckung, um Stentthrombosen zu verhindern.

 

Ganz einfach ist die Sache mit der Adhärenzverbesserung aber nicht. Adhärenzforscher wissen das schon lange, die recht ehrgeizige, randomisierte HeartStrong-Studie aus den USA, deren Ergebnisse jetzt in der Zeitschrift JAMA Internal Medicine veröffentlicht wurden, zeigt es erneut. 1509 Patienten nach akutem Myokardinfarkt wurden eins-zu-zwei randomisiert zu entweder konventioneller Versorgung oder Versorgung unter Einsatz einer aufwändigen Compliance-Intervention.

 

Die Intervention kombinierte eine elektronische Arzneimitteldose mit finanziellen Anreizen und sozialem Support. Bei der elektronischen Dose handelte es sich um das Produkt Vitality Glowcap, die finanziellen Anreize bestanden in per Lotterie verteilten Geldbeträgen von bis zu 50 Euro, und der soziale Support bestand in der Option, Freunde oder die Familie digital einzubinden.

 

Zu technologiegetrieben?

Die Studie, und das macht sie besonders, war angelegt auf klinische Effektivität. Sie hatte den primären Endpunkt „Zeit bis erster Revaskularisierung oder Tod“, ein in der Herz-Kreislaufmedizin üblicher und für die Patienten klinisch relevanter Endpunkt. Im Ergebnis gab es in keinen statistisch signifikanten Unterschied zwischen den Gruppen, und auch bei den sekundären Endpunkten „Zeit bis zur Hospitalisierung“ und „Zahl der Hospitalisierungen“ gaben sich die Gruppen nichts.

 

Dieses neutrale Ergebnis mag man noch auf den sportlichen Ansatz zurückführen, klinische Unterschiede nachzuweisen. Tatsächlich unterschied sich aber auch die Adhärenz in den beiden Gruppen nicht signifikant. Die Intervention funktionierte also schlicht nicht, und es gab auch keine Unterschiede in den Kosten.

 

Als mögliche Gründe für das enttäuschende Abschneiden diskutieren die Wissenschaftler die Frage, ob Patienten nach Infarkt möglicherweise die falsche Zielgruppe waren. Auch sei denkbar, dass der Ansatz trotz Einbindung von Anreizen und sozialem Support immer noch zu technologiegetrieben gewesen sein könnte.

 

Text: Philipp Grätzel von Grätz, Chefredakteur E-HEALTH-COM