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Medizin |

Familien profitieren vom Versorgungsnetz „Sichere Geburt“

Seit 2022 untersucht das Projekt, wie hochschulmedizinische Expertise in der gesamten Versorgungsregion Ostsachsen verfügbar gemacht werden kann. Rückläufige Geburtenzahlen machen es schwerer, im ländlichen Bereich eine flächendeckende, wohnortnahe Betreuung von Schwangeren und Müttern mit ihren Früh- oder kranken Neugeborenen sicherzustellen. Telemedizin verbessert die heimatnahe Betreuung der Familien. Erfahrungen des Zentrums für feto-neonatale Gesundheit können bundesweit nutzbar gemacht werden. Seit gut einem Jahr wird im Versorgungsnetz untersucht, wie telemedizinische Unterstützung in einer Region etabliert werden kann und ob damit die flächendeckende Versorgung verbessert wird.

Per Krankentransport wurde Fin anschließend wieder vom Uniklinikum Dresden nach Bautzen zurückgebracht, wo er in den Oberlausitz-Kliniken bis zu seiner Entlassung in der Nähe seiner Familie weiterbehandelt wurde. Bild: © UKD/Michael Kretzschmar

Das im Rahmen des Innovationsfonds geförderte Projekt des Universitätsklinikums Carl Gustav Carus Dresden (UKD) und der AOK PLUS ist im Oktober 2022 offiziell an den Start gegangen. Seitdem profitierten immer mehr Schwangere sowie Mütter und ihre Babys aus der Region von der engen Zusammenarbeit mit dem UKD. Das Projekt leitet Prof. Mario Rüdiger, Direktor des Zentrums für feto-neonatale Gesundheit, ein Zusammenschluss von Pränatalmedizinerinnen und -medizinern sowie Kliniken in Ost- und Westsachsen. Ziel des Versorgungsnetzes ist es, die Betreuung von Schwangeren sowie Früh- und kranken Neugeborenen auch in ländlichen Regionen auf höchstem Niveau zu gewährleisten. „Damit beweist die Hochschulmedizin Dresden erneut, wie Expertise ausstrahlen kann und die medizinische Versorgung im ländlichen Raum davon profitiert. Es ist uns ein großes Anliegen, auch mithilfe der Telemedizin eine moderne Therapie in allen Bereichen in die Regionen zu bringen und die Kolleginnen und Kollegen dort zum Wohl der kommenden Generation zu unterstützen“, sagt Prof. Michael Albrecht, Medizinischer Vorstand am Universitätsklinikum Dresden.

Sachsen ist das Bundesland mit der niedrigsten Neugeborenensterblichkeit. Trotzdem steht der Freistaat vor der Herausforderung, die Versorgung von Schwangeren und deren Neugeborenen in ländlichen Regionen auch künftig zu sichern. Mit dem Versorgungsnetz Sichere Geburt steht seit vorigem Jahr eine weitere Versorgungsstruktur für Risikoschwangere sowie kranke Neugeborene und deren Familien zur Verfügung. Dafür arbeiten beteiligte ambulante und stationäre Partner im Verbund zusammen und bieten strukturierte, auf den jeweiligen Betreuungsbedarf bezogene und durch Videokommunikation unterstützte Interventionsbündel an. Im Januar 2023 begann die Kontrollphase, seit Mai wird das Unterstützungsangebot quartalsweise in einer neuen pränatalmedizinischen Praxis oder beteiligten Klinik eingeführt.

„Geburt und Schwangerschaft sind prägende und wunderbare Zeiten im Leben der Menschen. Dabei erwarten sie zurecht von uns, dass wir eine für ihre Bedarfe passende medizinische Versorgung sicherstellen“, sagt Rainer Striebel, Vorstandsvorsitzender der AOK PLUS. „Dafür müssen in Zeiten von sinkenden Fallzahlen und schwierigen Personalsituationen neue Wege ausprobiert werden, auch in der Geburtshilfe. Mit Projekten wie dem Versorgungsnetz Sichere Geburt gehen wir zusammen mit unseren Partnern diesen Schritt und testen, wie wir die Versorgung zukunftsfest gestalten können, sodass die Menschen und jungen Familien unabhängig davon, wo sie wohnen, mit einer hohen Qualität betreut werden können.“

Familie Hockauf ist eine der ersten Familien, die von der engen Zusammenarbeit der Kliniken und niedergelassenen Ärzte im Umland mit dem Uniklinikum Dresden direkt profitieren. Ihr Sohn Fin kam vier Wochen vor dem errechneten Termin in den Oberlausitz-Kliniken in Bautzen per Notkaiserschnitt zur Welt. „Er hatte einen Infekt und die Lunge war noch nicht fertig ausgebildet“, erzählt Mutter Sarah Hockauf. Da sich der Zustand von Fin im weiteren Verlauf verschlechterte, nahmen die Ärzte in Bautzen Kontakt mit dem Uniklinikum auf. Einen Tag nach seiner Geburt wurde Fin per Krankentransport nach Dresden ins Uniklinikum gebracht. Durch die Behandlung auf der Neugeborenen-Intensivstation verbesserte sich der Zustand von Fin schnell. In gemeinsamen telemedizinischen Konsilen wurde der Zustand von Fin besprochen und eine schnelle Rückverlegung nach Bautzen ermöglicht. Da das behandelnde Team auch nach Fins Rückkehr jederzeit telemedizinische Rücksprachen mit dem Team am Uniklinikum nehmen kann, ist diese heimatnahe Rückverlegung deutlich schneller als sonst möglich. Familie Hockauf freut sich, dass der Aufenthalt in Dresden nur sehr kurz dauerte und sie ihren Sohn bis zur Entlassung jeden Tag besuchen konnten, ohne den langen Weg nach Dresden machen zu müssen.

Dr. Ulf Winkler, Chefarzt der Oberlausitz-Kliniken gGmbH im Krankenhaus Bautzen, betont, wie wichtig das Versorgungsnetz für die Familien in Ostsachsen ist. „Als geburtenstärkste sächsische Klinik östlich von Dresden sind wir sehr froh, mit unserem Frauen- und Kinderzentrum als eine der ersten Kliniken am Versorgungsnetz Sichere Geburt teilnehmen zu können. Die Möglichkeit einer sofortigen telemedizinischen Unterstützung rund um die Uhr sichert uns eine spezialisierte Fachexpertise bei Notfällen im Kreißsaal genauso wie bei Problemen oder Fragen im Rahmen der weiteren medizinischen Behandlung von kranken Früh- und Neugeborenen. Dies gibt unserem Team Sicherheit, genauso wie den Eltern der kleinen Patientinnen und Patienten, und garantiert jederzeit eine Behandlung auf höchstem medizinischem Niveau.“

Das Uniklinikum Dresden ist ein Perinatalzentrum der höchsten Versorgungsstufe und versorgt damit alle Risiko- und Mehrlingsschwangerschaften sowie alle Früh- und kritisch kranken Neugeborenen. Es übernimmt im Rahmen des Versorgungsnetzes Sichere Geburt koordinierende, schulende und beratende Aufgaben und tauscht sich über die Telemedizin mit Kolleginnen und Kollegen im ländlichen Raum aus. Ist das Angebot in allen Einrichtungen etabliert und dessen Wirksamkeit nachgewiesen, so profitieren ambulante Pränatalmedizinerinnen und -mediziner sowie Geburts- und Kinderkliniken in der Region, da sie auf die große Erfahrung des Perinatalzentrums zugreifen können und Unterstützung bekommen. „Das Versorgungsnetz gewährleistet trans- und intrasektorale Versorgungssicherheit und damit die konkrete Umsetzung des Nationalen Gesundheitsziels, Gesundheit rund um die Geburt‘“, sagt Prof. Mario Rüdiger, Leiter des Projektes Sichere Geburt und Direktor des Zentrums für feto-neonatale Gesundheit am Universitätsklinikum. „Damit ist dieses deutschlandweit erste Zentrum ein gutes Beispiel, wie den mit Geburtenrückgang und Fachkräftemangel einhergehenden Herausforderungen entgegengetreten und die Versorgung von Schwangeren und deren Kindern in einer Region auch künftig gesichert werden kann.“

 

Das Projekt wird durch den G-BA mit 3,3 Millionen Euro unterstützt und adressiert drei sehr aktuelle Themen: die Möglichkeit der Steuerung einer regionalen Versorgung, die Gewährleistung einer sicheren Versorgung von Schwangeren und Neugeborenen in einer Region mit rückläufigen Geburtenzahlen sowie den Einsatz von telemedizinischen Angeboten.

 

Quelle: Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden