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Forschung |

Künstliche Intelligenz an Doktor: Dieses Adenom ist böse!

© aleutie

In einer der ersten prospektiven Studien zur softwaregestützten Endoskopie konnten japanischen Experten zeigen, dass Algorithmen dazu beitragen können, abzuschätzen, ob ein Koloskopie-Befund bösartig ist oder nicht.

 

Die Studienergebnisse wurden von Dr. Yuichi Mori vom Digestive Disease Centre des Showa Universität Northern Yokohama Hospital bei der UEG-Woche in Barcelona vorgestellt, der Jahrestagung der United European Gastroenterology (UEG). Zum Einsatz kam der Prototyp eines neuen endoskopischen Systems von Olympus, das es erlaubt, kolorektale Polypen im Rahmen von Vorsorgekoloskopien in 500facher Vergrößerung zu untersuchen.

 

Die entscheidende Frage bei Vorsorgekoloskopien ist, ob ein Polyp Anzeichen für Bösartigkeit zeigt oder nicht. Davon hängt ab, ob Ärzte ihn während der Endoskopie abtragen oder nicht. Der „menschliche Augenschein“ ist diesbezüglich allerdings nicht besonders zuverlässig. Die Folge ist, dass Polypen bei Vorsorgekoloskopien sehr großzügig entfernt werden, um nicht einen möglichen bösartigen Polypen zu übergehen.

 

Endoskop analysiert 300 Eigenschaften in weniger als einer Sekunde

Das neue System analysiert mit Hilfe eines lernenden Software-Algorithmus – die Wissenschaftler sprachen von „künstlicher Intelligenz“ – rund 300 individuelle Eigenschaften des jeweiligen Polypen. Dies geschieht auf Basis einer Datenbank mit mehr als 30000 endozytoskopischen Bildern, die dem KI-System als Referenz dienen und anhand derer Maschinenlernalgorithmen trainiert wurden. Auf Basis dieser Analyse wird dann eine Vorhersage gemacht, und zwar in weniger als einer Sekunde.

 

An der prospektiven Studie nahmen 250 Männer und Frauen teil, bei denen im Rahmen einer Koloskopie Polypen entdeckt worden waren. Diesen Polypen wurden von dem KI-System bewertet, dann entfernt und pathologisch untersucht. Bei insgesamt 306 Polypen betrug die Sensitivität der Software 94 Prozent, es wurden also 94 von 100 bösartigen Polypen korrekt als solche erkannt. Die Spezifität lag bei 79%, das heißt von 100 als bösartig kategorisierten Polypen waren 79 tatsächlich bösartig.

 

„Die künstliche Intelligenz erlaubt bei diesem System eine optische Biopsie kolorektaler Polypen in Echtzeit, und zwar unabhängig von den Fähigkeiten des Endoskopikers. Auf diese Weise werden unnötige Polypektomien von nicht neoplastischen Polypen verhindert“, betonte Mori in Barcelona. Der Gastroenterologe sagte auch, dass er der Auffassung sei, dass die in der Studie erzielten Ergebnisse ausreichend gut seien, um einen klinischen Einsatz schon jetzt zu rechtfertigen. Eine Multicenter-Studie als nächster Schritt der klinischen Evaluation ist in Planung.

Text: Philipp Grätzel von Grätz, Chefredakteur E-HEALTH-COM