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Vernetzung |

Streit um Terminvergabe: Kommt die Lex Doctolib?

Die Online-Terminvergabe in Arztpraxen ist ein hochpolitisches Thema. Mit dem Vorschlag eines „Portal-Bonus“ für Ärzt:innen hat jetzt die FDP eine hitzige Diskussion initiiert.

Bild: © Doctolib

Die Online-Terminvergabe in Arztpraxen soll dazu beitragen, dass Menschen weniger lang auf ambulante Arzttermine warten müssen. Organisiert wird das u.a. über die bundesweit einheitliche Telefonnummer bzw. App 116117 der Kassenärztlichen Vereinigungen. Für die bekommt man bei dringlichen Facharztterminen einen Code von Hausarzt oder Hausärztin und kann sich dann an die Vergabestellen wenden.

 

Die 116117 erntet allerdings einiges an Kritik patientenseitig, v.a. wegen langer Warteschleifen. Auf Twitter gibt es diesbezüglich quasi ein eigenes Genre. Ärztlicherseits wird die 116117 unterschiedlich bewertet. Mitte Januar startete die Userin @saftmoppel auf Twitter eine Umfrage unter Fachärzt:innen mit der Frage, ob jemals ein Termin über die 116117 gebucht worden sei. Viele beteiligten sich, und das Antwortspektrum reichte von „Nein“ bis „Jeder eingestellte Termin wird vergeben“.

 

FDP schlägt Bonuszahlungen vor

In Berlin hat jetzt die FDP-Fraktion des Deutschen Bundestags mit einem Vorschlag aufhorchen lassen, der die Terminvergabe betrifft: Die Partei schlägt vor, die Terminvermittlung über kommerzielle Portale wie Doctolib oder Jameda finanziell zu fördern. Dieser so genannte Doctolib-Zuschlag zeuge von der mangelnden Durchschlagkraft der Terminservicestellen, so der Tagesspiegel Background. Die beiden Koalitionspartner zeigten sich dafür zumindest „offen“.

 

Weniger offen zeigt sich der Virchowbund, der dem Ansinnen prompt eine ziemlich deutliche Absage erteilte: „Es gibt eine Terminservicestelle der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) unter der Rufnummer 116 117 und sie funktioniert!“, erklärt der Bundesvorsitzende des Virchowbundes, Dr. Dirk Heinrich. Die KBV allein sei für die Sicherstellung der ambulanten Versorgung in Deutschland zuständig. „Und deshalb gehört die Terminvermittlung auch ausschließlich dort hin.“

 

Virchowbund wittert Verrat

Heinrich redet sich in seiner Pressemitteilung zum Thema förmlich in Rage: „Die FDP verrät damit den Freien Beruf des Arztes, denn die Terminvergabe gehört ausschließlich in die Hände der Ärzte.“ Für einen traditionell FDP-nahen Berufsstand ist das schon nahe an Kirchenaustritt. Heinrich weist darauf hin, dass die kommerziellen Anbieter keine Versorgungsverantwortung trügen und gleichzeitig ein Geschäftsmodell unterhielten, dass sich in erster Linie durch die teilnehmenden Ärzt:innen finanziere.

 

Prinzipiell lasse sich das Problem mit der Vergabe ärztlicher Termine nicht über digitale Tools lösen, so der Virchowbund. Es sei vielmehr Folge der Budgetierung und des Ärztemangels: „Solange die Politik über den Weg der Budgetierung die Leistungen nicht oder nicht vollständig bezahlt, wird es begrenze Leistungen – und damit Termine – geben. Da nutzt auch die beste Terminvermittlung nichts“, so Heinrich, der auch gleich noch forderte, „die hohe Zahl an unentschuldigt versäumter, online vereinbarter Arzttermine durch Patienten anzugehen“.

 

Wartezeitenthematik ist komplex

Das Thema Termine und Vergütung ist derzeit an anderer Stelle politisch heiß. Der Berufsverband der HNO-Ärzt:innen BVHNO hat in der vergangenen Woche den so genannten Mandelstreik ausgerufen, bei dem niedergelassene, operierende HNO-Ärzte keine Tonsillotomien und Adenotomien mehr durchführen wollen. Hintergrund ist, dass diese einfachen operativen Eingriffe immer schlechter bezahlt werden, sodass sie sich kaum noch rechnen. Die Folge ist, dass HNO-Ärzte immer wenige geneigt sind, sie durchführen, weswegen es vielerorts monatelange Wartezeiten gibt. Klar scheint in jedem Fall: Wartelisten auf Facharzttermine haben mehr Gründe als nur eine suboptimale 116117.