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Vernetzung |

Berliner AOK-Versicherte bewerten „Apps auf Rezept“ überwiegend positiv

Rund 58 Prozent der Versicherten, die eine digitale Gesundheitsanwendung (DiGA) verschrieben bekommen hatten, bewerten sie als sinnvolle Ergänzung zu ihrer Therapie. Das geht aus einer bundesweiten Online-Befragung von mehr als 2.600 AOK-Versicherten hervor, die eine „App auf Rezept“ genutzt haben.

In den rund zwei Jahren seit Einführung der ersten „Apps auf Rezept“ hat die AOK Nordost als regional größte Krankenkasse Berliner Versicherten die Kosten für rund 1.350 DiGAs genehmigt.

 

 

Am beliebtesten bei den Berliner:innen ist die Rücken-DiGA Vivira. Dahinter folgen DiGAs, die gegen Adipositas, Migräne, Tinnitus und Schlafstörungen helfen sollen.

 

Nicht nur etwas für Junge – App-Nutzende sind im Schnitt 50 Jahre alt

Bislang haben lediglich rund 0,22 Prozent der Berliner AOK-Versicherten eine DiGA genutzt. Die „Apps auf Rezept“ sind also noch ein Geheimtipp. Aber sie werden keinesfalls nur von Menschen genutzt, die ohnehin mit ihrem Smartphone “per Du“ sind. Im Schnitt waren die befragten DiGA-Nutzer:innen 50 Jahre alt. Rund Zwei Drittel waren Frauen.

 

„Die Umfrageergebnisse zeigen: Nicht nur junge, digital affine Versicherte nutzen DiGAs. Auch ältere Menschen sind offen für die Apps auf Rezept – insbesondere, wenn sie unter einer chronischen Erkrankung leiden“, sagt Natascha Kierstein, DiGA-Expertin bei der AOK Nordost. Viele der DiGAs richten sich an Menschen, die chronische Beschwerden haben – wie zum Beispiel Rückenschmerzen, Übergewicht, Schlafstörungen oder Depressionen. Die Anbieter versprechen, dass die Nutzer:innen diese Krankheiten mit Hilfe der jeweiligen App auf Rezept besser in den Griff bekommen.

 

Geteiltes Echo beim erlebten Nutzen der „Apps auf Rezept“

Doch nur für knapp die Hälfte der befragten Nutzer:innen hat sich dieses Versprechen eingelöst: 40 Prozent gaben an, die „App auf Rezept“ habe ihnen geholfen, die eigene Erkrankung besser in den Griff zu bekommen. Als größten Vorteil gegenüber einer herkömmlichen Behandlung wie zum Beispiel einer Physiotherapie benannten die Befragten, dass sie sich die Behandlung mit der DiGA zeitlich flexibel einteilen konnten.

 

Die meisten anderen Nutzer:innen einer „App auf Rezept“, profitierten weniger von ihr. Diese Versicherten gaben an, sie hätten vollständig oder teilweise Probleme bei der Umsetzung der digitalen Therapieinhalte gehabt. Für 15 Prozent der Befragten passten die Inhalte gar nicht zu ihrer individuellen Krankheitssituation. „Die Ergebnisse zeigen, dass viele Nutzer:innen offenbar mehr Unterstützung und Anleitung brauchen, um von einer DiGA zu profitieren. Zudem sollten die DiGAs künftig passgenauer verordnet werden“, sagt Natascha Kierstein.

 

DiGAs müssen besser in die ärztliche Behandlung integriert werden

Die Umfrage zeigt deutlich, dass viele Ärz:tinnen offenbar noch fremdeln mit den „Apps auf Rezept“. 94 Prozent der befragten Versicherten gaben an, sie hätten die DiGA durch ein Rezept des behandelnden Arztes oder einer Therapeutin erhalten. Aber mehr als ein Drittel wurde vom Behandler nicht über die Funktionen der „App auf Rezept“ informiert. Und nur 38 Prozent der Befragten haben ihr Nutzungsverhalten und die Resultate der DiGA-Anwendung mit ihrem Arzt oder Therapeuten besprochen. 

 

„Apps auf Rezept können nur dann ihr Potential entfalten, wenn sie sinnvoll in die herkömmliche ärztliche Behandlung integriert werden. Das scheint laut den Ergebnissen unserer Befragung bislang oft noch nicht der Fall zu sein“, fasst Natascha Kierstein die Studienergebnisse zusammen. Da die wichtigste Informationsquelle für Ärzte Fachveranstaltungen seien, müsse hier angesetzt werden.

 

Kritik an freier Preisgestaltung im ersten Jahr

Kritisch sieht die AOK Nordost, dass DiGA-Anbieter im ersten Jahr nach der Zulassung ihre Preise frei gestalten können. Der Anbieter der DiGA levidex ruft beispielsweise 2.077,40 Euro pro Verordnung auf. „Der Gesetzgeber sollte im Sinne der Solidargemeinschaft der Versicherten das Wirtschaftlichkeitsgebot stärken – und diese freie Preisgestaltung abschaffen. Stattdessen müssen Preise verhandelt werden, die bereits ab dem ersten Tag der Aufnahme in das DiGA-Verzeichnis gelten“, so Kierstein.

 

Die beliebteste DiGA, die Rücken-App Vivira, kostet derzeit pro 90-tägiger Verordnung rund 211 Euro. Sie ist damit ebenfalls teurer als sechs Sitzungen Physiotherapie, die beispielsweise nach einer Verletzung üblicherweise verordnet werden.

 

Quelle: AOK Nordost