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Vernetzung |

Beyer-Entlassung: Schlechter Stil.

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn hat in der deutschen eHealth-Szene ein relativ gutes Standing, weil er vielen das Gefühl vermittelt, verkrustete Strukturen aufbrechen zu wollen und den mit jedem Tag peinlicheren Digitalisierungsstillstand zu beenden. Der Beweis, dass ihm das gelingt, steht freilich noch aus.

Quelle: © gematik

Zuletzt sah sich das Ministerium wegen seiner Pläne, zur selbstgesetzten Frist Anfang 2021 mit einer elektronischen Patientenakte nach Gematik-Spezifikation 1.0 zu starten, harscher Kritik ausgesetzt, weil diese Spezifikation keinerlei differenziertes Zugriffsmanagement ermöglicht. Auch konzeptionell kommt man bei dem Thema Patientenakten nur langsam vorwärts. Der Schlussstrich unter das angeblich nicht mehr zeitgemäße „Patientenfach“ der alten Gematik-Patientenakte hat sich längst als Augenwischerei herausgestellt. Das jetzt vorgesehene Nebeneinander von fixiertem EPA-Kern nach §291 und frei gestaltbaren Zusatzfunktionen der Krankenkassen inklusive der Option, Dokumente von einem Aktenteil in den anderen zu kopieren, kommt einem schon ziemlich bekannt vor. Patientenfach hieß das früher, und die Gematik hatte das vor zwei Jahren auch schon mal spezifiziert.

 

Kurz: Die Politik ist bei den Patientenakten derzeit in der Defensive. Vor diesem Hintergrund wirkt die Ad-hoc-Entlassung von Alexander Beyer ein wenig wie eine Übersprungshandlung. Es stimmt: Wenn in der freien Wirtschaft Unternehmen den Besitzer wechseln, wechselt oft auch das Management. Das ist legitim, und der Wechsel an der Gematik-Spitze ist deswegen auch nicht wirklich überraschend.

 

Was sauer aufstößt, ist der Stil, in dem dies geschieht. Eine Quasi-Entlassung übers Wochenende, die dann auch noch über die Presse lanciert wird, ist kommunikativ, moralisch und menschlich ein Armutszeugnis. Alexander Beyer hat einen Job gemacht, um den er nicht zu beneiden war. Der Job war deswegen so undankbar, weil Bundesgesundheitsministerium und Selbstverwaltung in gemeinsamer Verantwortung ihn genau so konzipiert hatten. Die Gematik samt ihrer Gesellschafterstruktur wurde in der Friedrichstraße erfunden, und mehrere Minister unterschiedlicher parteipolitischer Herkunft haben sie gestützt.

 

Innerhalb dieser Rahmenbedingungen hat Alexander Beyer gute Arbeit geleistet. Einen solchen Abgang hat er nicht verdient, im Gegenteil: Er hat die Gematik auf Kurs gebracht und er hat sie, nachdem zwei nur relativ kurz amtierende FDP-Minister sie haben ausbluten lassen, personell wieder auf die Höhe der Zeit geholt. Es ist Jens Spahn hoch anzurechnen, dass er jetzt bei der Gematik in die Verantwortung geht. Das hat sich vor ihm niemand getraut. Trotzdem: Man kann Menschen, die etwas geleistet haben, auch mit Stil entlassen.