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Medizin |

Charité und Barmer starten Projekt zur telemedizinischen Mitbetreuung von Herzpatienten

Die Charité – Universitätsmedizin Berlin und die BARMER starten jetzt eine Kooperation zur telemedizinischen Mitbetreuung von Patienten mit chronischer Herzschwäche in der integrierten Versorgung. Das Konzept baut auf den positiven Ergebnissen der Fontane-Studie* der Charité auf, die erstmals nachgewiesen hatte, dass Telemedizin das Leben von Herzpatienten verlängern kann.

Pressekonferenz zum Start der telemedizinischen Mitbetreuung: Prof. Dr. Frei, Prof. Dr. Kuhlmey, Staatssekretär Rachel, Dr. Schwerecke, Prof. Dr. Köhler und Dr. Mani Rafii (v.l.). Foto: Peitz / Charité

Rund 2,5 Millionen Deutsche leiden an einer chronischen Herzinsuffizienz, jährlich kommen rund 300.000 Neuerkrankungen hinzu. In den vergangenen zehn Jahren war sie die häufigste Ursache für stationäre Aufnahmen. Die Fontane-Studie hatte gezeigt, dass Telemedizin hilft, Krankenhausaufenthalte zu reduzieren und Unterschiede in der Versorgung von Herzinsuffizienz-Patienten im ländlichen Raum und in Metropolregionen auszugleichen.

Thomas Rachel, Parlamentarischer Staatssekretär, Bundesministerium für Bildung und Forschung: „Die Ergebnisse der vom Bundesforschungsministerium finanzierten Telemedizin-Studie Fontane zeigen: Telemedizin wirkt. Mehr noch: die Effekte bleiben. Das heißt Patientinnen und Patienten profitieren langfristig von der Telemedizin, und das ganz unabhängig davon, ob sie auf dem Land oder in der Stadt wohnen. Deshalb werden wir als Bundesforschungsministerium uns auch weiterhin zugunsten der Telemedizin engagieren und Forschung und Innovationen für die digitale Gesundheitsversorgung unterstützen.“

Zur telemedizinischen Versorgung erhalten die Patienten vier Messgeräte: ein Elektrokardiogramm (EKG), ein Blutdruckmessgerät, eine Waage sowie ein Tablet zur Selbsteinschätzung des Gesundheitszustands. Die Technik ist leicht zu bedienen und alltagspraktikabel. Zudem werden die Patienten im Umgang mit den Geräten und ihrer Erkrankung durch speziell ausgebildete Pflegefachkräfte der Charité geschult. Über das Tablet werden die Vitalwerte via Mobilfunk automatisch an das Telemedizinzentrum der Charité übertragen. Ärzte und Pflegekräfte bewerten die übertragenen Messwerte 24 Stunden täglich an 7 Tagen in der Woche und reagieren bei einer Verschlechterung der Werte. So werden beispielsweise die Medikationen angepasst, Empfehlungen für einen ambulanten Arztbesuch oder eine Krankenhauseinweisung gegeben.

Prof. Dr. Ulrich Frei, Vorstand Krankenversorgung der Charité: „Die telemedizinische Mitbetreuung von Patientinnen und Patienten ist ein erfolgreiches Beispiel für den Nutzen von digitaler Medizin. Gleichzeitig wird dadurch die Verbindung ambulanter Versorgung und Einrichtungen der Maximalversorgung gestärkt. Damit trägt Telemedizin dazu bei, die Qualität der Patientenversorgung zu verbessern – und das unabhängig vom Wohnort. Wir sind stolz, an der Charité das Konzept der telemedizinischen Mitbetreuung von Herzinsuffizienz-Patienten von der erfolgreichen Forschung konsequent für die medizinische Versorgung weiterzuentwickeln. Die Charité hat deshalb einen Arbeitsbereich Kardiovaskuläre Telemedizin eingerichtet. Für die Zukunft hoffen wir, dass wir diese Versorgungsmöglichkeit allen Patientinnen und Patienten zugutekommen lassen können.“

Die Charité und die BARMER arbeiten seit 2005 eng bei der telemedizinischen Forschung von Patienten mit Herzinsuffizienz zusammen. Sie haben zunächst im Projekt „Partnership for the Heart“ (gefördert vom damaligen Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie), gemeinsam mit den Konsortialpartnern, wichtige wissenschaftliche und technische Grundlagen für das anschließende Fontane-Projekt gelegt. Die Zusammenarbeit mit der BARMER wurde 2010 im Projekt „Gesundheitsregion der Zukunft Nordbrandenburg – Fontane“ und in der Fontane-Studie fortgesetzt. Die jetzige Kooperation ist ein Vertrag zur besonderen Versorgung nach §140a Sozialgesetzbuch V.

Dr. Mani Rafii, Vorstandsmitglied der BARMER: „Die Digitalisierung ist ein Megathema im Gesundheitswesen. Ein ganz wesentliches Element davon ist die Telemedizin. Die Partnerschaft mit der Charité ist ein gelungenes Beispiel dafür, wie digitale Angebote bereits heute die Versorgung verbessern können. Die Telemedizin wird die enge Mitbetreuung von Herzinsuffizienz-Patienten durch den behandelnden Arzt vor Ort nicht ersetzen, sie kann aber einen wesentlichen Beitrag dazu leisten, Versorgungslücken zu schließen, allem voran in ländlichen Regionen.“

Prof. Dr. Adelheid Kuhlmey, Wissenschaftliche Leiterin des CharitéCentrums für Human- und Gesundheitswissenschaft sowie Sprecherin der „Plattform – Charité Versorgungsforschung“: „Die Charité hat in den letzten Jahren ihr Wissenschaftsprofil um den Bereich Versorgungsforschung ergänzt und gestärkt. Ein besonderes Profil der Charité in der Versorgungsforschung bildet die digitale Medizin. Mit der jetzt startenden regulären telemedizinischen Mitbetreuung haben wir ein Vorzeigeprojekt für die Translation wissenschaftlicher Studienergebnisse in die Versorgungspraxis. Erfolgreiche Versorgungsforschung ist nur in einer engen Zusammenarbeit mit den niedergelassenen Ärzten vor Ort und den Kostenträgern möglich. Wir sind zuversichtlich, dass die gelungene Zusammenarbeit beispielgebend für andere Felder der Versorgungsforschung sein wird.“

Prof. Dr. Friedrich Köhler, Leiter der Kardiovaskulären Telemedizin und Studienleiter Fontane: „Wir sind sehr stolz, dass wir in weniger als anderthalb Jahren nach der Veröffentlichung der Ergebnisse der Fontane-Studie dieses Versorgungskonzept nun den BARMER-Versicherten anbieten können. Dies ist ein großer Erfolg unserer 15-jährigen Forschung und Entwicklung in diesem Bereich. Dabei haben die Einhaltung des Datenschutzes sowie die datenschutzkonforme Verarbeitung der Daten höchste Priorität, um zu jedem Zeitpunkt die Datenschutzgrundsätze zu gewährleisten und die Rechte der Personen zu schützen.“

Zwischen dem Kardiovaskulären Telemedizinzentrum der Charité und den regulär betreuenden Haus- und Fachärzten der Patienten gibt es eine feste Kooperation, die sowohl bei Veränderungen als auch bei regulären ambulanten Vorstellungen über den medizinischen Verlauf des Patienten durch das Telemedizinzentrum informiert werden.

Dr. Anke Schwerecke, Fachärztin für Innere Medizin und Hausärztin, Templin: „Telemedizin für herzinsuffiziente Patienten bedeutet eine bessere Lebensqualität sowie mehr Sicherheit für die Patientinnen und Patienten auch im ländlichen Raum. Die Patienten werden so besonders in der kritischen Phase nach einem stationären Aufenthalt und außerhalb der Sprechzeiten ihrer niedergelassenen Ärzte fachärztlich mitbetreut. Die Versorgung durch den primär betreuenden Arzt vor Ort bleibt aber auch für telemedizinisch mitbetreute Patienten der Schlüssel für gute Versorgung vor Ort, die durch Telemedizin ergänzt, aber nicht ersetzt wird.“
 

 

*Fontane-Studie
Die fünfjährige Fontane-Studie (2013 bis 2018) mit mehr als 1.500 Patientinnen und Patienten wurde mit verschiedenen Partnern und in enger Kooperation mit zwei großen Krankenkassen durchgeführt. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung hat das Projekt mit 10,2 Millionen Euro gefördert. Ziel der Studie war es, die Patienten möglichst lange außerhalb eines Krankenhauses behandeln zu können und die Lebenserwartung sowie die Lebensqualität zu erhöhen. Zudem sollte überprüft werden, ob Telemedizin strukturelle Defizite der medizinischen Versorgung auf dem Land gegenüber städtischen Regionen ausgleichen kann. Aktuell forscht das Team um Prof. Köhler an der Skalierbarkeit des im Fontane-Projekt entwickelten Konzepts, um es allen rund 150.000 betroffenen Patienten in Deutschland zugänglich zu machen. Als einer der Lösungsansätze bieten sich Verfahren der künstlichen Intelligenz an. Als Konsortialführer arbeitet die Charité im Sinne einer telemedizinischen Grundlagenforschung aktuell an einer neuartigen Systemlösung. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie fördert das Großvorhaben für drei Jahre mit rund 4,5 Millionen Euro, wovon die Charité als Konsortialführerin 2,1 Millionen Euro erhält.

 

Quelle: PM Charité Berlin