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Medizin |

Datenschutz: „Nicht übertrieben, sondern unzureichend ausgestaltet“

Die Deutsche Gesellschaft für Unfallchirurgie (DGU) sieht ihr TraumaRegister durch zu strenge Datenschutzanforderungen gefährdet. Besteht Handlungsbedarf?

Quelle: © DGU

Das TraumaRegister der Initiative TraumaNetzwerk der DGU, der über 600 Traumazentren angehören, dient der Qualitätssicherung. Es existiert seit fast 30 Jahren und ist eines der umfangreichsten Register für die Behandlungsverläufe von Schwerverletzten weltweit. In den besten Jahren wurden knapp 30.000 pseudonymisierte Patientendatensätze pro Jahr dort dokumentiert. Doch diese Zahl sinkt: Schon 2018 nahm sie um 6% ab. 2019 ging es dann noch einmal um satte 17% runter. Die DGU sieht einen wesentlichen Grund in der Europäischen Datenschutzgrundverordnung (DSGVO): „Übertriebener Datenschutz gefährdet Menschenleben“, so DGU-Präsident Prof. Dr. Michael Reschke.

 

DGU: Plädoyer für ein Registergesetz

Die DGU kritisiert vor allem „Unsicherheiten und Hürden“ bei der Einwilligungserklärung, die eine rechtssichere und praktikable Umsetzung der Qualitätssicherung de facto unmöglich machten. Die Einwilligung kann bei Schwerverletzten oft nicht in der Akutphase, sondern erst nach Stabilisierung eingeholt werden, was Zusatzaufwand bedeutet. Erteilt der stabilisierte Patient keine Einwilligung oder verstirbt er, bevor er einwilligen kann, wird sein Datensatz nicht Teil des Registers. So entsteht in einem Fach, in dem Sterblichkeit ein relevanter Endpunkt ist, ein Bias im Register.

 

Um diese Probleme zu lösen, versuche die DGU seit mehreren Jahren, eine gesetzliche Regelung zu erreichen, die es erlauben würde, das Register und damit die Qualitätssicherung auch ohne Einwilligung rechtssicher mit pseudonymisierten Datensätzen zu betreiben, so Reschke. Dies sei umso wichtiger, als es eine gesetzlich vorgeschriebene Pflicht zur Qualitätssicherung gebe. „Mit einem Registergesetz wäre die Erlaubnis zur Datenverwendung gegeben“, so DGU-Generalsekretär Prof. Dietmar Pennig.

 

Reicht eine G-BA Richtlinien auf Basis von § 299 SGB V aus?

Der Experte für Medizin- und IT-Recht Uwe Schneider hat sich auf Twitter mit dem DGU-Statement befasst. Er weist darauf hin, dass es denkbar sei, auch bei nicht-konsentierten Fällen Daten zu erfassen. Dies müsse dann aber anonymisiert geschehen. Werde eine pseudonymisierte, nicht-konsentierte Erfassung angestrebt, sei in der Tat eine gesetzliche Grundlage nötig.

 

Eine solche bestünde aus Schneiders Sicht für die einrichtungsübergreifende Qualitätssicherung, auch durch in der GKV zugelassene Krankenhäuser, grundsätzlich mit § 299 SGB V. Diese Vorschrift müsste für die Traumatologie allerdings noch durch eine Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschuss konkretisiert werden.

 

Föderaler Flickenteppich besteht trotz DSGVO

Eine Neuregelung auf Basis von § 287a SGB V, der auch die Grundlage für die epidemiologische Forschung von Krankenkassen und KVen ist, hält Schneider dagegen für problematisch, da ein Qualitätssicherungsregister nicht nur Forschungszwecken diene. Auch sei die Abgrenzung zur Kompetenz der Bundesländer mit ihren Landeskrankenhausgesetzen zumindest unklar. Der schon lange bestehende „föderale Flickenteppich“ sei ohnehin eines der zentralen Probleme für Projekte wie das TraumaRegister, so Schneider: „Viel hat sich daran auch durch die DSGVO wegen der Öffnungsklauseln für die Verarbeitung von Gesundheitsdaten leider nicht geändert.“ Der Jurist plädiert vor diesem Hintergrund dafür, nicht von „übertriebenem Datenschutz“ zu reden, sondern eher von einer „unzureichenden Ausgestaltung durch Bund und Länder“. Diese sollten stärker als bisher versuchen, gemeinsame Lösungen zu formulieren und umzusetzen.