E-HEALTH-COM ist das unabhängige Fachmagazin für Gesundheitstelematik, vernetzte Medizintechnik , Telemedizin und Health-IT für Deutschland, Österreich und die Schweiz.
Mehr

Für das ePaper anmelden

Geben Sie Ihren Benutzernamen und Ihr Passwort ein, um sich an der Website anzumelden

Anmelden

Passwort vergessen?

Vernetzung |

DVG Änderungsanträge zu KOM-LE und Praxis-IT. Wilde Diskussionen um §303.

Am Donnerstag soll das DVG durch den Bundestag. Die aktuellen Änderungsanträge konkretisieren unter anderem das Verhältnis von KOM-LE und KV-Connect und geben der KBV mehr Einfluss.

Auf den letzten Metern bis zur parlamentarischen Abstimmung schlägt das Digitale-Versorgung-Gesetz (DVG) von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn nochmal kräftig Wellen. Übers Wochenende schaukelte sich eine Diskussion zu dem im neuen § 303 SGB V geregelten, im Gefolge der DIMDI-BfArM-Fusion künftig beim BfArM angesiedelten, umfangreicheren und leichter zugänglichen Forschungsdatenzentrum im Kontext der GKV-Abrechnungsdaten zu wilden Verschwörungstheorien auf. Diese warfen und werfen so ziemlich alles durcheinander, was in der digitalen Gesundheitspolitik durcheinander geworfen werden kann.

 

Ausgangspunkt waren einige konkrete Bedenken hinsichtlich der detaillierten Ausgestaltung von Pseudonymisierung und Datenzugriff, die unter anderem der Bundesrat und die Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen haben. Offenbar hat auch der Bundesdatenschutzbeauftragte Ulrich Kelber Einwände, die er dieser Tage dem Bundestag vortragen will. Letzteres ist noch nicht öffentlich, ergibt sich aber aus einer Andeutung von Ulrich Kelber bei Twitter.

 

Änderungsantrag 10: Kassenärzte sollen KOM-LE machen

Jenseits dieser Diskussionen geraten die aktuellen Änderungsanträge zum DVG etwas aus dem Blick. Zu Unrecht, denn die enthalten interessante Punkte zu den Themen Telematikinfrastruktur und digitale Kommunikation der Leistungserbringer. So befasst sich der Änderungsantrag 10 explizit mit dem viel diskutierten Verhältnis der beiden ärztlichen Kommunikationsstandards KV-Connect, von vielen KVen genutzt, und KOM-LE. Letzteres ist der geplante gematik-Standard für die Übermittlung von eArztbriefen, eAUs, Befunden und Co. Hier startet Anfang des Jahres 2020 in Nordrhein-Westfalen ein großer Pilottest.

 

Der Hintergrund: KV-Connect ist aus regulatorischen Gründen kein so genanntes „sicheres Übermittlungsverfahren“ (SÜV) gemäß §291 SGB V und kann daher künftig nicht mehr in allen Kontexten genutzt werden, insbesondere nicht bei der Übermittlung von eArztbriefen. KOM-LE wurde als SÜV entwickelt, steht aber noch nicht zur Verfügung. Beides parallel zu nutzen, macht nur eingeschränkt Sinn, denn die Ärzte müssen ja miteinander kommunizieren können, was über Standardgrenzen hinweg schwierig wird.

 

Der Änderungsantrag 10 der Regierungsfraktionen bringt hier jetzt etwas Klarheit, indem §87 sowie §291 b/f/h geändert bzw. neu geschaffen werden. Konkret bekommt die KBV die Möglichkeit, KOM-LE-Dienste zu betreiben. Außerdem wird eine Vergütungsoption geschaffen, die es erlaubt, elektronische Arztbriefe auch dann gemäß gesetzlicher Vorgaben attraktiv zu vergüten, wenn sie über KV-Connect geschickt werden. Letzteres ist befristet bis zum 30. Juni 2020 und betrifft damit im Wesentlichen das zweite Quartal 2020. Das ist das Quartal, ab dem die Vergütung für Faxarztbriefe deutlich reduziert werden soll.

 

Die beiden Änderungen klingen zunächst widersprüchlich, öffnen aber in der Realität möglicherweise einen Ausweg aus dem KV-Connect/KOM-LE-Dilemma: KV-Connect könnte in Richtung eines KOM-LE-Dienstes migriert werden, und die KVen können diesen weiterhin selbst anbieten. Das war ein wichtiges Anliegen der Kassenärzte. Sie sollen aber kein KOM-LE-Spieler auf dem freien Markt werden, sondern dürfen den Dienst „nur den jeweiligen durch sie vertretenen Kassenärztlichen Vereinigungen oder Kassenzahnärztlichen Vereinigungen […] anbieten“, heißt er in der Begründung des Änderungsantrags.

 

Seitens der KV Telematik, dem IT-Dienstleister der Kassenärztlichen Vereinigungen, wird der Änderungsantrag sehr begrüßt: „Das KV-System und die Softwareindustrie haben gemeinsam in den letzten Jahren mit viel Aufwand KV-Connect bundesweit etabliert. Es freut uns sehr, wenn wir nun mit der gematik das sichere Übertragungsverfahren in der TI voranbringen und den niedergelassenen Ärzten anbieten dürfen. Diese von vielen erhoffte Gesetzesänderung wäre ein Meilenstein für die sichere Kommunikation und die Digitalisierung von Versorgungsprozessen im Gesundheitswesen“, betont KV-Telematik-Chef Florian Fuhrmann gegenüber E-HEALTH-COM.

 

Klar ist allerdings auch, dass das Ganze mit der Befristung der Arztbrief-Erstattung via KV-Connect bis Ende zweites Quartal 2020 extrem sportlich ist. Der KV-Telematik steht viel Arbeit bevor, und genauso muss die KOM-LE-Arbeitsgruppe in der gematik, die für die KOM-LE-Tests Anfang 2020 verantwortlich zeichnet, zügig vorankommen, damit die digitale ärztliche Kommunikation nicht am Ende des zweiten Quartals 2020 in ein Zwischentief rutscht.

 

Änderungsantrag 13: Offene und standardisierte Schnittstellen

Spannend ist außerdem der Änderungsantrag 13 der Regierungsfraktionen. Er betrifft die §291d und 291e SGV V. Dieser Änderungsantrag erweitert zum einen die Befugnisse des BMG im Hinblick auf eine schon im ersten DVG-Entwurf angelegte Rechtsverordnung zur Durchsetzung offener und standardisierter Schnittstellen. Er bringt aber vor allem eine weitere konkrete Frist, nämlich den 1. Januar 2021. Ab diesem Zeitpunkt dürfen Vertrags(zahn)ärzte für die abrechnungsbegründende Dokumentation nur noch Informationssysteme einsetzen, die ein Bestätigungsverfahren bei der KBV durchlaufen haben. Die Vorgaben für dieses Verfahren muss die KBV im Einvernehmen mit der gematik festlegen. Auch auf Krankenhausseite soll die Frist 1. Januar 2021 für den Beginn eines Bestätigungsverfahrens der im Krankenhaus eingesetzten IT-Systeme gelten. Hier legt die gematik die Bestätigungsvorgaben direkt selbst fest.