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Vernetzung |

Elektronische Patientenakte soll Serienheldin werden

Silvester fällt dieses Jahr schmal aus, und auch bei der ePA wird es zum 1. Januar kein Feuerwerk geben. Der Gematik-Chef verbreitete trotzdem Optimismus, und sein hih-Kollege will die ePA ins Fernsehen hieven.

Bild: © jozefmicic – stock.adobe.com

„Die ePA wird ein Schlüsselelement des gesamten Gesundheitswesens werden“, so Markus Leyck-Dieken im Rahmen eines Symposiums der Techniker Krankenkasse bei der diesjährigen Medica im virtuellen Düsseldorf. Was mit der ePA entstehe, sei nicht ein Produkt, sondern letztlich eine Transformation: „Die ePA wird zum großen Hafenpier für Anwendungen wie DiGAs oder Krankenversicherungsanwendungen.“

 

Vor das Anlegen der Dampfer hat die Hafenarchitektur freilich das Ausbuddeln der Schifffahrtsrouten gesetzt. Und das kann dauern. Kleinere Schiffe sollen von Beginn an andocken können: Ein Impfpass werde bei der ePA beispielsweise von vornherein enthalten sein, so Leyck-Dieken. Die gematik sei aktuell davon überzeugt, dass alle Krankenkassen in Deutschland es schaffen werden, am 1. Januar ein ePA Angebot auszusprechen: „Sie werden auch eine App anbieten können, in der sie Patienten die ePA eröffnen können. Das wird bundesweit gelingen.“

 

Abgespeckter Feldtest und Evaluation geplant

Um eine vernünftige Interoperabilität zu erreichen, werde in den ersten Monaten des Jahres 2021 ein bundesweiter Feldtest durchgeführt, sagte der gematik-Chef. Dabei gehe es darum, Erfahrungen zu sammeln, damit die Interaktionen mit den Primärsystemen der Leistungserbringer reibungslos laufen: „Ein solcher strukturierter Test im ersten Quartal ist sinnvoll, damit die ePA im Laufe des Jahres mehr und mehr strukturell angebunden werden kann.“

 

Die Nomenklatur für diese Phase ist etwas uneinheitlich, und die Pläne noch etwa schwammig. Offenbar sind für diese Feldtests zwei Komponenten vorgesehen. Der ePA-Konnektor-Feldtest soll Funktionalität und Interoperabilität der Konnektoren und ihrer Anwendungsfälle beim Wechsel in die Produktivumgebung sicherstellen. Zusätzlich soll es für das ePA Aktensystem eine „kontrollierte Inbetriebnahme“ geben. Diese kontrollierte Inbetriebnahme ist ein stark eingedampfter Feldtest, bei dem es nur um die Konfiguration der IT-Lösungen geht. Konzepte für beides sind im gematik-Fachportal veröffentlicht. Angedacht zu sein scheint außerdem ein ergänzenden Konnektor-Feldtest, der auch Krankenhäuser einbezieht. Details dazu gibt es aber noch nicht.

 

Ergänzend wird es eine feldtest- und produktivbetriebbegleitende, wissenschaftliche Evaluation geben. Auch hierzu sind Details noch nicht veröffentlicht. Das terminliche Ziel in Sachen Praxisanbindung ist für Leyck-Dieken in jedem Fall der 1. Juli 2021. Er persönlich habe den Eindruck, dass insbesondere die Arztsoftwarehersteller dieses Datum sehr ernst nähmen. Die ePA-Kompatibilität der Praxis-IT mit den Optionen, Daten einzusehen und in der ePA abzulegen, sie könnte demnach zum dritten Quartal 2021 kommen. Viele halten das jedoch allenfalls für das Idealszenario, es könnte auch etwas länger dauern.

 

EKG-Archiv geht von Anfang an, Datenspende ist Zukunftsvision

Die etwas verzögerte Anbindung an die Primärsysteme bedeutet zwangsläufig, dass es mit originären medizinischen Dokumenten in der ePA anfangs noch dünn aussehen wird, sofern der Patient sie nicht selbst digitalisiert und einstellt. Dies geht von Anfang an, auch mit einigen anderen Dokumenten bzw. Datensätzen. Leyck-Dieken nannte bei der Medica beispielhaft EKG-Befunde einiger Smartwatches, sofern diese den FHIR-Standard unterstützen. Auf diese Weise könnten Bürger in ihrer ePA über die Jahre eine Art persönliches EKG-Archiv aufbauen. Solche Vorbefunde machen es Kardiologen deutlich einfacher, sollten irgendwann einmal tatsächlich Rhythmusstörungen oder EKG-Veränderungen auftreten.

 

Noch deutlich weiter weg als die Anbindung der Leistungserbringer an die ePA ist die gesetzlich vorgesehene Forschungskompatibilität der ePA: „Hier müssen wir ins Gespräch kommen, um zu sehen, wie weit wir diese Ambitionen strecken wollen“, so Leyck-Dieken. Seiner Auffassung nach sei es nötig, dass Patienten einzelne Datenfelder als strukturierte Datenfelder in der ePA angezeigt bekommen, um Datenspenden so durchführen zu können, wie dies von Ethikern als wünschenswert angesehen werde.

 

Kommt die ePA bald ins Fernsehen?

Für die Techniker Krankenkasse mahnte der stellvertretende Vorstandsvorsitzende Thomas Ballast an, dass die Mühen der Ebene bei der ePA-Einführung nicht unterschätzt werden dürften: „Die Dinge werden in den ersten zwei Jahren nicht zu 100 Prozent funktionieren. Diejenigen, die die ePA ohnehin kritisch sehen, werden da reingrätschen. Darauf müssen wir uns einstellen, und wir müssen dann zusammenstehen.“ Ballast betonte, dass die ePA eines jener Felder sei, wo es künftig Wettbewerb zwischen den Krankenkassen geben werde. Er gehe davon aus, dass die ePA Apps eine ähnliche Bedeutung für die Krankenkassenwahl bekommen wie die Banking-Apps im Bankenwesen.

 

Bleibt die Frage, wie die ePA den Bürgerinnen und Bürgern schmackhaft gemacht werden kann. Hierzu äußerten sich der Chef des Health Innovation Hub, Prof. Dr. Jörg Debatin, und Prof. Dr. Petra Thürmann vom Helios Klinikum Wuppertal bei der Digital Health Conference des BITKOM. „Die ePA gehört ins Fernsehen“, so Debatin, der dafür die Baumarktwerbung vor der Tagesschau opfern würde. Thürmann würde gerne Zeitungsseiten und Litfaßsäulen in großem Umfang nutzen. Alles vergleichsweise analoge Medien für ein innovatives Digitalprodukt in jedem Fall.