E-HEALTH-COM ist das unabhängige Fachmagazin für Gesundheitstelematik, vernetzte Medizintechnik , Telemedizin und Health-IT für Deutschland, Österreich und die Schweiz.
Mehr

Für das ePaper anmelden

Geben Sie Ihren Benutzernamen und Ihr Passwort ein, um sich an der Website anzumelden

Anmelden

Passwort vergessen?

Vernetzung |

Endlich aufgewacht?

© bakhtiarzein

Die deutsche Hochschulmedizin will eine forschungskompatible elektronische Patientenakte entwickeln. Sektorübergreifend sollen alle Ärzte während einer Behandlung mit relevanten Informationen versorgt werden können. Ein notwendiger Kraftakt.

 

Der TV-Bericht über einen kleinen Jungen, der an einer extrem seltenen Krankheit leidet, die Verzweiflung seiner Eltern und ihre Odyssee, diente als idealer Aufschlag für die Vernetzungsinitiative der deutschen Hochschulmedizin, die am Freitag vorgestellt wurde. Heyo Kroemer, Präsident des Medizinischen Fakultätentages e.V. (MFT) und Dekan der Universitätsmedizin Göttingen, bemerkte zu Beginn mit Hinweis auf diesen Fernsehbericht, dass es eine Tragödie sei, in einem Land wie Deutschland mit einer seltenen Krankheit völlig isoliert zu sein, „trotz der Patientendaten, die wir heute zwar schon haben, die jedoch in keiner Weise miteinander verknüpft sind. Was wir brauchen, ist eine intelligente Vernetzung über die einzelnen Standorte hinaus“.


Forschung trifft Patientenversorgung

Genau an diesem Punkt setzt die mit 300 Millionen Euro geförderte Medizininformatikinitiative des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) an. E-HEALTH-COM hat darüber wiederholt und ausführlich berichtet. Sie bildet die Basisarbeit der jetzigen VUD-Initiative: Sieben Konsortien (http://www.gesundheitsforschung-bmbf.de/de/6685.php) schaffen derzeit in einem ersten Schritt die Grundlagen für eine forschungskompatible und vernetzte Patientenakte.

 

Für Michael Albrecht, 1. Vorsitzender des Verbandes der Universitätsklinika Deutschlands e.V. (VUD) und Medizinischer Vorstand des Universitätsklinikums Dresden, ist das eine der besten Initiativen, die in den vergangenen Jahren in diese Richtung gestartet wurde. Was durchaus als Seitenhieb auf die Gematik verstanden werden darf. „Mit der Entwicklung einer solchen Patientenakte unter Federführung der Universitätsmedizin könnte nicht nur für die Forschung, sondern vor allem auch für die Gesundheitsversorgung ein neues Zeitalter anbrechen“, so Albrecht.

 

Er räumt ein, dass die ausschließlich projektassoziierte IT in der medizinischen Forschung in der Vergangenheit ein stiefmütterliches Dasein fristete. Dies gelte es zu revidieren gilt. Die informationstechnologische Verknüpfung zwischen Forschung und Versorgung sei das I-Tüpfelchen und der „Unique Selling Point“ zwischen all den Patientenakten-Initiativen, die derzeit aus dem Boden schießen. Aus Sicht der an der VUD-Initiative beteiligten ist genau das der entscheidende Hebel für einen signifikanten Mehrwert für den Patienten.

 

Herausforderung Umsetzung

Schaffen soll dies in ersten Schritten die Bündelung der klinischen Daten aus den unterschiedlichen Gesundheitseinrichtungen und die Nutzung der standardisierten Daten für die Forschung. In weiteren Schritten sollen dann die sich daraus ergebenden Erkenntnisse einen schnellen Weg in den Versorgungsalltag der Patienten finden – und zwar flächendeckend ebenso für nicht-universitäre Kliniken, wie für niedergelassene Ärzte.

 

Der Anspruch ist also gewaltig breit. In dem vorgestellten Papier der Initiative heißt es: „Aus routinemäßig im klinischen Bereich anfallenden Patientendaten sollen rasch und zielgerichtet neue Erkenntnisse über Erkrankungen und erfolgreiche Behandlungskonzepte gewonnen werden. Umgekehrt sollen gesicherte neue wissenschaftliche Erkenntnisse in die Patientenversorgung zurückfließen.“

 

Albrecht betont, dass er die Verantwortung für die konzeptionellen und methodischen Grundlagen einer solch zukunftsorientierten Infrastruktur bei der Universitätsmedizin sieht, die rund 10 Prozent der stationären Patienten in Deutschland versorgt. Die Sogwirkung der erfolgreichen Initiative werde die derzeitig initiierten Insellösungen obsolet machen: „Ziel muss es sein, die entstandenen Silos zu knacken.“

 

Ob es klappt, wird sich auch daran entscheiden, ob die ja nicht immer uneigensinnigen Universitätskliniken es schaffen, in technischen und konzeptionellen Fragen Einheitlichkeit zu erzielen. Stand heute haben sich die sieben Konsortien auf die Zugangsregeln und auf die Standards für die Patientenerfassung und die Patientenerklärung geeinigt. Die Abstimmung mit den Landesdatenschützern läuft gerade. Zentrale Schnittstelle sollen die lokalen Datenintegrationszentren werden.

Text: Claudia Dirks