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Vernetzung |

Erkrankungsrisiken rechtzeitig vorhersagen: Medizin-KI der Universitäten Kiel und San Francisco startet

Delegation der Uni Kiel eröffnet in San Francisco zusammen mit Ministerpräsident Daniel Günther eine erste Express-Verbindung für Künstliche Intelligenz (KI) zwischen Kiel und San Francisco (UCSF)

KI-Netze können damit anhand von Patientendaten der Unikliniken in San Francisco und in Kiel gemeinsam trainiert werden

Erste Anwendung: KI soll anhand von Röntgenbildern Knochenbrüche vorhersagen oder die richtige Behandlung bei ersten Schlaganfallanzeichen empfehlen können

In San Francisco eröffnete Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther zusammen mit einer Delegation von CAU und UKSH das Projekt "KI-Exchange". Foto: © Staatskanzlei SH

Der Blick in die Zukunft wird zur Gegenwart: Anhand einfacher Röntgenbilder soll eine Künstliche Intelligenz (KI) erkennen können, ob in den kommenden zehn Jahren mit hoher Wahrscheinlichkeit ein Hüftbruch auftreten wird oder nicht. Was kürzlich noch wie Science-Fiction klang, ist heute Realität und nur ein Teilbereich der Kooperation zwischen der Medizinischen Fakultät der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) und des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein (UKSH) mit der University of California, San Francisco (UCSF).

Eine Delegation von CAU und UKSH hat in der Nacht zum 8. Juni 2023 (deutscher Zeit) zusammen mit Schleswig-Holsteins Ministerpräsidenten Daniel Günther die neue Infrastruktur für die KI in den USA eröffnet. „Heute geben wir mit dem gemeinsamen Projekt den Startschuss für eine neue Brücke zwischen unseren Regionen. Die UCSF und die CAU sind bekannt für herausragende medizinische Forschung. Und beide sind führend beim Einsatz von Künstlicher Intelligenz in der Medizin. Wenn sie ihr Knowhow zusammentun, bieten sich großartige Chancen. Davon profitieren unsere Hochschulen, unsere Gesundheitswirtschaft und natürlich vor allem Patientinnen und Patienten, die die bestmögliche Versorgung erhalten“, sagte Günther bei der Eröffnung in San Francisco.

CAU-Präsidentin Prof. Dr. Simone Fulda wurde aus Kiel nachts live zugeschaltet und bekräftigte das Engagement der CAU für diese Kooperation: „Die CAU kann mit dieser Kooperation ihre Rolle als zentrale und international vernetzte wissenschaftliche Akteurin in Schleswig-Holstein weiter stärken. Und gerade dieses Projekt zeigt eindrücklich den Mehrwert internationaler Zusammenarbeit für den Einsatz datengetriebener KI-Technologien in der Medizin“, so Fulda.

Prof. Dr. Joachim Thiery, Dekan der Medizinischen Fakultät und Vorstand für Forschung und Lehre des UKSH, Campus Kiel, sagte: „Wir sehen den heutigen Start der Datenautobahn zwischen dem UKSH und der Medizinischen Fakultät mit der Informatikkompetenz der UCSF als wegweisenden Auftakt für eine engere wissenschaftliche Zusammenarbeit mit der Bay Area. Wir wollen gemeinsam die Möglichkeiten der Künstlichen Intelligenz in der Medizin nachhaltig für den klinischen Nutzen der Bevölkerung beider universitätsmedizinischer Standorte einsetzen.“

Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Jens Scholz, Vorstandsvorsitzender des UKSH, ergänzte: „Perspektivisch werden wir schon in kurzer Zeit von dem Erfahrungsaustausch mit dem Universitätsklinikum in San Francisco profitieren. Die Weiterentwicklung dieser Künstlichen Intelligenz kann die Vorsorge- aber auch Akutbehandlung revolutionieren und unseren Ärztinnen und Ärzten einen enorm wichtigen Informationsvorsprung liefern.“

Daten beider Standorte laufen zusammen
Das Projekt „KI Exchange“ zwischen dem „Intelligent Imaging Lab“ an der CAU und dem „Center for Intelligent Imaging“ an der UCSF nutzt die „Federated Learning“-Technologie, die insbesondere sensible Daten wie Röntgenbilder schützt. „Mit dieser Technologie bleiben alle sensiblen medizinischen Daten vor Ort, am UKSH oder bei der UCSF, so dass der Datenschutz gewährt ist“, sagt Prof. Dr. Claus-Christian Glüer, der das Projekt leitet. Zusammen mit Prof. Dr. Jan-Bernd Hövener hat er das Intelligent Imaging Lab und die Sektion Biomedizinische Bildgebung in der Radiologie aufgebaut. „Anstatt die Daten hin und her zu schicken, trainieren wir die Netzwerke an jedem Standort innerhalb der jeweiligen Firewalls“, führt Hövener aus. „Nach einer gewissen Zeit kombinieren wir die Ergebnisse der lokalen Netzwerke, sodass wir den Vorteil der großen Datenmengen beider Standorte nutzen und unsere Daten schützen können.“ Dies sei ein wichtiger Schritt für die Bildgebung in der Präzisionsmedizin, welche mit dem Exzellenzcluster Precision Medicine in Chronic Inflammation (PMI) einen Schwerpunkt im Norden bildet.

Die KI-Netze an beiden Standorten werden zunächst unabhängig an beiden Standorten trainiert, „sie sammeln praktisch Erfahrungen“, beschreibt es Hövener. Diese werden an einen zentralen Server am UKSH geschickt und zusammengeführt. Daraus entsteht ein gemeinsames neues Netzwerk, das erfahrener als die einzelnen ist. Dies wird dann wieder und wieder zurück an die lokalen Trainingsorte geschickt bis es optimal trainiert ist. „Denn je mehr Daten in ein KI-Netz einfließen, desto genauer und treffsicherer kann es später arbeiten und Menschen helfen“, so Hövener.

Trefferquote soll erhöht werden
Eine erste Anwendung soll die Vorhersage von Hüftbrüchen anhand von Röntgenbildern sein. Menschen ist es nicht möglich, anhand einfacher Aufnahmen treffsicher vorherzusagen, ob innerhalb der nächsten zehn Jahre ein Bruch auftreten wird. Die KI an der CAU schafft derzeit eine Vorhersagegenauigkeit, die besser ist als die von aktuellen Vorsorgeuntersuchungen. Zusammen mit den Daten der UCSF soll die Trefferquote weiter verbessert werden. Kurz- und mittelfristig sind auch weitere Projekte geplant. Ein Beispiel ist die automatisierte Erkennung der Ursache von Schlaganfällen in der Notfallambulanz: Liegt eine Blutung vor, die gestillt werden muss, oder muss eine verstopfte Ader wieder durchgängig gemacht werden? Für Patientinnen und Patienten ist es lebenswichtig und dringlich, die richtige dieser extrem unterschiedlichen Behandlungen zu erhalten. Die KI kann den Ärztinnen und Ärzten helfen, nichts zu übersehen.

 

Quelle: Christian-Albrechts-Universität zu Kiel