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Vernetzung |

Ethik im digitalen Gesundheitswesen

Foto: © M.Dörr & M.Frommherz

Welche ethischen Fragen stellt der digitale Wandel des Gesundheitswesens? Bei der Jahrestagung der Akademie für Ethik in der Medizin 2018 in Köln diskutierten darüber Ethiker, Mediziner und Patientenvertreter.

 

Den Auftakt bildete ein Beitrag von Prof. Dr. Reinhard Meier, Direktor der Klinik für Radiologie, Isarklinikum München und Gründer der TeleClinic, der zeigte, was die Digitalisierung in Sachen Telemedizin inzwischen möglich macht. Das Geschäftsmodell des Unternehmens fußt auf einer Plattform, die Patienten mit medizinischen Fachärzten verbindet.


„Arzt-Patienten-Beziehung leidet nicht“

Die Dienste sind per Telefon, Video oder Chat verfügbar. Nachdem im Mai dieses Jahres das Fernbehandlungsverbot gekippt wurde, dürfen die TeleClinic-Ärzte per Internet Diagnosen stellen und behandeln, ohne dass vorher ein physischer Kontakt zum Patienten notwendig ist. Bei dieser Art der Behandlung leide die Arzt-Patienten-Beziehung nicht, so Meier.

 

Vielmehr sei das Angebot als Ergänzung zu den herkömmlichen Arzt-Patient-Kontakten zu sehen. Die Technik hilft, Versorgungslücken zu schließen, unnötige Arztbesuche zu vermeiden und schafft Freiräume für längere Gespräche. Meier verwies auf eigene Erhebungen, nach denen die durchschnittlichen Arzt-Patienten-Gespräche im telemedizinischen Kontakt bei 12 Minuten liege, was mehr sei als die durchschnittliche Gesprächsdauer außerhalb des digitalen Raums.

 

Den Nutzen von digitaler Technik als ärztliche und pflegerische Arbeit ergänzende Systeme stellte auch Christa Fricke, Senior Researcher beim SIBIS Institut für Sozialforschung und Projektberatung, in den Vordergrund ihres Vortrags. Das Institut testet den Einsatz von Servicerobotern für die Pflege und Rehabilitation. Die Roboter konnten Rehapatienten nach einem Schlaganfall motivieren, eigenständiges Gehtraining durchzuführen. Sie begleiteten ältere Menschen in ihrer häuslichen Umgebung und übernahmen beispielsweise Weckdienste, erinnerten an ausreichendes Trinken oder animierten die Bewohner, einen Spaziergang zu machen. Die Forscher interessierte besonders, wie die Nutzer auf die Geräte reagieren. Fricke berichtete von überwiegend positiven Rückmeldungen und einer guten Annahme der Roboter als Assistent im Alltag.

 

Der Halbgott in Weiß dankt ab

Ist der Einsatz von immer mehr Technik in die Gesundheitsversorgung ethisch vertretbar? Wo liegen die moralischen Grenzen und welche wie verändert sich dadurch die Arzt-Patient-Beziehung? Diese Fragen warf Prof. Dr. Peter Dabrock, Professor für Systematische Theologie (Ethik) am Fachbereich Theologie der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen, in seinem Redebeitrag auf. Stets an oberster Stelle, so seine Forderung, sollte der Wille des Patienten stehen. Dieser sollte in einem Prozess des shared decision making einbezogen werden, an dessen Ende eine Entscheidung stehe, die dem Respekt vor der Patientenautonomie Rechnung trage.

 

Die Digitalisierung führt bereits jetzt zu einer Rollenveränderung von Ärzten, weg vom Halbgott in Weiß hin zum Partner in Gesundheitsmanagement, erklärte der Ethiker. Patienten kommen vorinformiert in die Praxen. Damit müssen Ärzte umgehen. „Es bringt nichts, sich über den educated patient zu ärgern. Wer sich als Arzt nicht darauf einstellt, gräbt sich sein eigenes Grab“, sagte Dabrock.

 

Patienten, die Krankheitssymptome in Internet googeln, stehen jedoch vor einer Überfülle an Informationen, die sie verunsichern. Daher brauchen sie den Arzt, der sie unterstützt und leitet. „Je komplexer unsere Welt wird, umso wichtiger ist die Kommunikation zwischen Arzt und Patient.“, so Dabrocks Fazit. In der Arzt-Patienten-Beziehung ist also der menschliche Kontakt und Austausch wichtiger denn je, damit sowohl Ärzte als auch Patienten die Vorteile der Digitalisierung im Gesundheitswesen nutzen können.

 

Miriam Mirza, Redaktion E-HEALTH-COM