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Vernetzung |

FINSOZ zum Koalitionsvertrag: "Digitalisierung in der Sozialwirtschaft wird kaum berücksichtigt"

„Der Fokus der Digitalisierung muss auch auf der Sozialwirtschaft liegen – und nicht primär auf der öffentlichen Verwaltung, Gesundheits- und Pflegewirtschaft.“

Der Digitalverband FINSOZ begrüßt ausdrücklich, dass sich Digitalisierung im vorliegenden Koalitionsvertrag erstmals als Querschnittsthema über verschiedene Politikfelder erstreckt und an zahlreichen Stellen Berücksichtigung findet. Unter anderem werde auch die Dringlichkeit der Digitalisierung von öffentlichen Verwaltungen betont. „Längst überfällige Maßnahmen wie der Abbau von gesetzlichen Digitalisierungshemmnissen sowie ein vertrauenswürdiges, allgemein anwendbares Identitätsmanagement sind hierfür als zielführend zu bezeichnen“, sagt FINSOZ-Vorstand Prof. Helmut Kreidenweis. In diesem Zuge sei es ebenso begrüßenswert, dass im Bereich Gesundheit und Pflege umfangreiche Vorhaben avisiert werden, welche die dort unter der Vorgängerregierung bereits begonnenen Digitalisierungsinitiativen weiter vorantreiben und vertiefen sollen.


Kritisch anzumerken ist jedoch, dass wiederum die Finanzierung von Digitalinvestitionen in der Pflegebranche keine Erwähnung findet. Sie ist aus Sicht des Fachverbandes FINSOZ jedoch eine zwingende Voraussetzung, um die genannten Vorhaben in der Praxis umzusetzen und die Pflege nachhaltig zu entlasten.

Ein bemerkenswerter weiterer Mangel in einer – zukünftig SPD-geführten – Ampelkoalition ist in der Abstinenz des Themas Digitalisierung für weite Bereiche der Sozialwirtschaft festzustellen: Beim Thema Inklusion bleiben die avisierten Ziele der zukünftigen Bundesregierung eindeutig hinter den Erwartungen zurück, so Prof. Kreidenweis: „Die Digitalisierung im Bereich Inklusion wird fast ausschließlich auf das Thema der Barrierefreiheit verengt. Es fehlen nach wie vor ein explizit formuliertes Recht auf digitale Teilhabe für Menschen mit Behinderungen sowie konkrete Initiativen, um diese zu verwirklichen.“ Im Bereich der Eingliederungs- und der Kinder- und Jugendhilfe wiederum fehle nahezu vollständig der Aspekt der Digitalisierung im intra- und interinstitutionellen Kontext – einschließlich des Aspektes der notwendigen Effizienzsteigerung. Zum Vergleich: Während dieses Thema im Bereich Gesundheit und Pflege detailliert Beachtung findet, steht dem im Jugendbereich nur ein einziger Satz gegenüber, der zudem keine strategische Richtung erkennen lässt: „Wir werden Angebote der Jugendhilfe bei der Digitalisierung unterstützen.“ Für den Bereich der Eingliederungshilfe fehlt dieser Aspekt gänzlich.

 

Gleiches ist für die Aus- und Weiterbildung zu konstatieren: Während beispielsweise für die Gesundheitsberufe ausdrücklich eine Stärkung der Digitalkompetenz geplant ist, ist eine solche Initiative für sämtliche Sozialberufe nicht zu erkennen. Aus Sicht von FINSOZ ist dies jedoch eine zwingende Voraussetzung, um die Digitalisierung langfristig in der Branche zu verankern.

 

Der Digitalverband FINSOZ fordert daher, dass die neue Bundesregierung den Fokus der Digitalisierung verstärkt auch auf die Hilfefelder der Sozialwirtschaft außerhalb der Pflege richtet – allen voran auf die Eingliederungshilfe sowie auf die Kinder- und Jugendhilfe. Prof. Kreidenweis: „Denn nach wie vor werden durch ineffiziente analoge Verwaltungsprozesse bei Leistungserbringern und Leistungsträgern hohe Millionenbeträge in Bürokratie versenkt und dem eigentlichen Hilfezweck entzogen.“

 

Die Digitalisierung der Sozialwirtschaft wird jedoch ohne solide Finanzierung nicht gelingen. FINSOZ fordert daher die neue Bundesregierung auf, gemeinsam mit den Ländern eine ressortübergreifende Initiative zur Digitalisierung des Bereichs sozialer Dienstleistungen zu ergreifen und mit entsprechenden Mitteln auszustatten. Ansonsten bestehe die ernsthafte Gefahr, dass die Sozialwirtschaft von diesen Entwicklungen zunehmend abgehängt wird und an Leistungsfähigkeit sowie an beruflicher Attraktivität verliere.

 

Quelle: FINSOZ