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Vernetzung |

Gesundheit in Europa muss Grenzen überwinden

Der European Health Data Space wird politisch konkreter – und durch die Pandemie ist er gleichzeitig wichtiger geworden denn je.

Quelle: © BillionPhotos.com – stock.adobe.com

Egal ob medizinische Versorgung, gesundheitsbezogene Forschung oder politisch-administrative Datenauswertung: Innerhalb Europas tummeln sich digitale Gesundheitsdaten, soweit überhaupt schon verfügbar, auf Inseln, die sich an den Grenzen der EU-Mitgliedsstaaten orientieren. In vielen anderen volkswirtschaftlichen Sektoren ist das ganz genauso. Schon vor der Pandemie hat die EU-Kommission unter Ursula von der Leyen deswegen die Initiative „Europe fit for the digital age“ gestartet, die im Februar 2020 verkündet wurde.

 

EU-Konsultationsverfahren zum EHDS läuft

Ein Pfeiler dieser Initiative ist die so genannte European Data Strategy, und hier wiederum sind einheitliche europäische Datenräume in insgesamt neun Sektoren eine zentrale Komponente. Einer dieser europäischen Datenräume soll der European Health Data Space, der EHDS, werden. Bei der digitalen DMEA 2021 berichtete Danny van Roijen, Digital Health Director bei dem europäischen Healthcare-Industrieverband COCIR, über den Weg dorthin.

 

Ein wichtiger Teilschritt ist der am 25. November von der EU Kommission vorgeschlagene Data Governance Act, der derzeit im Europaparlament und beim Europäischen Rat diskutiert wird. Dieser Act ist nicht Healthcare-spezifisch, sondern enthält Rahmenvorgaben, die für alle Sektoren und alle Datenräume gelten sollen. Separat davon wird es einen eigenen legislativen Rahmen für den EHDS geben.

 

Hierzu laufe gerade das öffentliche Anhörungsverfahren, an dem sich interessierte Stakeholder noch bis zum 26. Juli beteiligen können, so van Roijen. In diesem Konsultationsverfahren geht es schwerpunktmäßig um die Anforderungen für die staatenübergreifende Nutzung von Gesundheitsdaten in der Versorgung, in Forschung und Entwicklung sowie auf administrativer Ebene, außerdem um die europäische Weiterentwicklung und Harmonisierung digitaler Gesundheitsanwendungen und gesundheitsbezogener KI-Anwendungen.

 

Ziel ist eine Art europäisches Datenportal

Bei allem, was noch unklar ist, sei die übergreifendes Vision des EHDS eine Art europäisches Datenportal, das auf dezentrale Gesundheitsdateninfrastrukturen aufsetzt, so van Roijen. Anders als das aus der eHealth Digital Service Infrastructure hervorgegangene MyHealth@EU Netzwerk, das darauf abzielt, Daten für die Versorgung zur Verfügung zu stellen, geht es beim EHDS um die sekundäre Verwendung von Gesundheitsdaten für Forschung, Entwicklung und Verwaltung bzw. Public Health.

 

Es soll Knotenpunkte geben, die von Ländern oder auch länderübergreifenden Akteuren aufgesetzt werden können und die als „Eintrittspforten“ in den EHDS fungieren. Grundphilosophie ist, dass „Data Holders“ ihre Daten für Forschung und Public Health zur Verfügung stellen, und „Data Consumers“ sie im Rahmen der europäischen Datenschutzbestimmungen nutzen dürfen.

 

Mehr als nur Willensbekundung?

Das Ganze hat zwei Haken, die van Roijen auch nicht verschwieg. Damit ein EHDS überhaupt denkbar wird, sind dezentrale Datennetzwerke nötig, die in den einzelnen EU-Mitgliedsstaaten die nötigen Daten in der nötigen Qualität und unter Einhaltung der nötigen Standards zur Verfügung stellen können. Daran hapert es in Europa bekanntlich gewaltig. Van Roijen nannte Frankreich mit seinem Health Data Hub und Finnland mit dem Finn Data System als Positivbeispiele. Auch existierten bereits einige übergreifende Strukturen, konkret das European Reference Network for Rare Diseases, die Daten für den EHDS zugänglich machen könnten.

 

Das zweite Problem ist der Wille zur Umsetzung der länderübergreifenden Infrastruktur auf nationaler Ebene. Letztlich ist der EHDS eine Art Zwilling der MyHealth@EU Infrastruktur auf Forschungsebene. Letztere existiert unter diversen Namen von epSOS bis eHealth Digital Service Infrastructure seit Jahren, aber die Umsetzung ist extrem zäh. Van Roijen präsentierte eine Landkarte zur vollständigen Umsetzung der Anbindung, und dort sind die fünf Länder Finnland, Estland, Kroatien, Portugal und Tschechien immer noch allein auf weiter Flur. Ob der Schwung der Pandemie ausreicht, nicht nur dieses Netzwerk endlich zum Fliegen zu bringen, sondern gleich noch ein zweites daneben zu etablieren, bleibt abzuwarten.