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Medizin |

Infektionskontrolle mit Köpfchen

Durch elektronische Patientenakten kann die Medizin besser werden, sagt Karl Lauterbach. Recht hat er. Manchmal reicht dazu eine simple Erinnerung.

Bild: © gematik

Unter der Federführung der Chefin der Abteilung V im Bundesgesundheitsministerium, Susanne Ozegowski, wurden in den letzten Wochen im Rahmen des Prozesses für eine Digitalstrategie im Gesundheitswesen acht Stakeholder-Workshops durchgeführt, und es gab im September einen Online-Fragebogen für ein wenig Bürgerbeteiligung in Sachen digitales deutsches Gesundheitswesen. Einer der Punkte, die insbesondere Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach in diesem Prozess bzw. in seinen begleitenden Äußerungen dazu immer wieder macht, lautet: Digitalisierung soll die Medizin nicht „elektrifizieren“, sondern qualitativ besser machen. Hier sieht er die große Stärke elektronischer Patientenakten (ePA). Und es ist auch sein Hauptargument für den, aller Voraussicht nach, anstehenden Wechsel von einem Opt-in- zu einem Opt-out-Modell bei der ePA.

 

Eine wichtige Komponente dieses „Bessermachens“ durch Digitalisierung ist im Bereich Prävention die Identifizierung von Risikopersonen. Dass auf diesem Weg ziemlich simple Maßnahmen einigermaßen effektiv umgesetzt werden können, zeigt eine aktuell publizierte Studie von Nell J Marshall von Evidation Health in Kalifornien. In einer randomisierten Multicenterstudie wurde die Effektivität digital generierter Erinnerungen bei knapp 50.000 Patient:innen mit erhöhtem Grippe-Risiko wegen kardiovaskulärer Erkrankungen untersucht.

 

Die Erinnerungen erfolgten nicht in Form einer Einzelnachricht, sondern als Serie von bis zu sechs derartigen Erinnerungen, je nachdem, ob darauf reagiert wurde oder nicht. Im Ergebnis war die Impfrate in der Interventionsgruppe signifikant höher als in der Kontrollgruppe. Der Unterschied war zwar nicht riesig: Die absolute Differenz betrug rund 2 Prozentpunkte (Impfquoten 61,31% vs. 59,25%). Aber diese zwei Prozentpunkte bedeuten, dass von 50 erinnerten Personen eine zusätzliche Person sich für eine Impfung entscheidet. Immerhin. (JMIR 2022; 24(10):e38710)

 

Wie es deutlich anspruchsvoller geht, illustrierte im Rahmen einer Veranstaltung des eingangs erwähnten Strategieprozesses Ron Balicer, Chief Information Officer von Clalit, einer der vier Health Maintenance Organisationen, die in Israel sowohl als Krankenversicherungen als auch als Anbieter medizinischer Leistungen fungieren. Auch Clalit nutzt risikobasierte Einlademodelle für Grippeimpfungen, geht aber darüber hinaus. So gibt es dort auf Basis der Clalit-ePA zum Beispiel Screening-Algorithmen, die nach unentdeckten Fällen von Hepatitis C fahnden.

 

Und auch für das COVID-Management wird die ePA genutzt: Das Clalit-IT-System erkennt automatisch alle Versicherten mit einem neuen, positiven Covid-Test und kontrolliert anhand von Alter und in der ePA dokumentierten Begleiterkrankungen, ob es sich um Risikopatient:innen handelt. Diese und nur diese werden direkt am nächsten Morgen von einem telemedizinischen Service-Center kontaktiert und erhalten nach Kontrolle der Begleitmedikation das Angebot, fünf Tage Paxlovid zu nehmen. Wer ja sagt, dem wird das Medikament direkt nach Hause geliefert.