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Vernetzung |

Interview: Wie kommt Innovation in die Praxis?

Dr. Oliver Gröne, ist stellvertr. Vorstandsvorsitzender der OptiMedis AG, verantwortlich für F&E sowie für das neu gegründete Digital & Health Innovation Centre.

Die OptiMedis AG, Vorreiter von Managed Care-Szenarien in Deutschland, gründet ein Digital & Health Innovation Centre. E-HEALTH-COM hat mit dem zuständigen Vorstand Dr. Oliver Gröne gesprochen."

 

Warum dauert es so lange, bis sich Versorgungsinnovationen durchsetzen?
Wir haben tatsächlich einen ausgeprägten „Translation Gap“. Das liegt zum Teil daran, dass der Nutzen einer Innovation für Arzt oder Krankenhaus nicht nachvollziehbar ist oder es keine Anreize für eine Systemänderung gibt. Klassische HTA-Prozesse, wie sie das IQWiG durchführt, werden Innovationen nicht vollständig gerecht, weil es auch um Geschäftsmodelle, Outcome auf Bevölkerungsebene und Kosten geht. Ein Beispiel: Die Kosten einer Innovation werden dem Krankenhaus zugeordnet, der Nutzen zeigt sich aber in einer verbesserten Lebensqualität nach Hüft-OP. Welchen Anreiz hat das Krankenhaus dann, zu investieren?


Wie könnte ein geeigneterer Bewertungsprozess aussehen?
Bei vielen Outcome-basierten Geschäftsmodellen kann es z. B. sinnvoll sein, die Arzneimitteladhärenz durch eHealth-Lösungen zu verbessern. Es gibt aber zurzeit niemanden, der die Fülle an Adhärenz-Tools vernünftig bewerten kann. Das IQWiG kann zwar klären, ob sie im Vergleich zur Standardtherapie effektiver sind, aber nicht, welche Bedingungen lokal erfüllt sein müssen, damit sie sich lohnen. Ein alternativer Bewertungsprozess müsste also die Versorgungsebene einbeziehen.


Kann Ihr „Digital & Health Innovation Centre“ hier helfen?
Unser Ziel ist ein mehrstufiger Prozess, um Versorgungsinnovationen zu vergleichen und Anreize für eine Implementierung zu eruieren. Im ersten Schritt sondieren wir Studien und andere Informationen, eine Art HTA-light. Danach bitten wir Ärzte, die Tools in der Praxis zu testen. Das bringt auch Informationen über die Akzeptanz. Im dritten Schritt folgen gesundheitsökonomische und epidemiologische Analysen auf Basis realer Versorgungsdaten in existierenden Netzwerken. Wir berechnen, wie viele Patienten versorgt und wie viele Klinikeinweisungen vermieden werden könnten und was das für die Kosten bedeutet. Am Ende steht eine differenzierte Bewertung, die viel aussagekräftiger ist als reine Studiendaten.


Haben Sie dafür ein Beispiel?
Nehmen Sie Online-Depressionsmodule oder Gesundheits-Apps. Für den einzelnen Arzt gibt es keinen klaren Anreiz, sie zu nutzen. Wir brauchen also ein integriertes Versorgungsmodell. Dazu muss der Kostenträger aber einschätzen können, welche Tools sich lokal wie auswirken. Wie wir gerade feststellen, zeigen sich erhebliche Unterschiede zwischen den unterschiedlichen Tools, auch wenn die Studiendaten ähnlich aussehen.

 

Das Interview führte Philipp Grätzel von Grätz, Chefredakteur E-HEALTH-COM