E-HEALTH-COM ist das unabhängige Fachmagazin für Gesundheitstelematik, vernetzte Medizintechnik , Telemedizin und Health-IT für Deutschland, Österreich und die Schweiz.
Mehr

Für das ePaper anmelden

Geben Sie Ihren Benutzernamen und Ihr Passwort ein, um sich an der Website anzumelden

Anmelden

Passwort vergessen?

Medizin |

Kardiale Amyloidose: Neues KI-System für frühe Diagnose entwickelt

Kardiale Amyloidose ist eine folgenschwere Erkrankung, bei der sich abnormale Proteine (Amyloide) im Herzmuskel ansammeln und die Herzfunktion beeinträchtigen. Da die Erkrankung unbehandelt zu schwerwiegenden Komplikationen wie z. B. Herzinsuffizienz und in vielen Fällen zum Tod führt, ist eine frühe Diagnose für einen rechtzeitigen Therapiebeginn unerlässlich. Ein internationales Forschungsteam unter Leitung der MedUni Wien hat nun ein KI-System entwickelt und überprüft, mit dem die kardiale Amyloidose automatisiert und verlässlich erkannt werden kann. Die Studienergebnisse wurden aktuell im Top-Journal „The Lancet Digital Health“ publiziert.

Entwickelt und validiert wurde das neue KI-System anhand der Datensätze von 16.000 Patient:innen, die in neun Institutionen in Europa und Asien, darunter das AKH Wien, zwischen 2010 und 2020 eine Untersuchung mittels Szintigrafie-Bildgebung erhalten hatten. Szintigrafie ist ein nuklearmedizinisches Verfahren, das u. a. für die Diagnose von Krebs, Schilddrüsen-, Nieren- oder Herzerkrankungen eingesetzt wird. Das im Zuge der Forschungsarbeit unter Leitung von Christian Nitsche (Universitätsklinik für Innere Medizin II der MedUni Wien) und Marcus Hacker (Universitätsklinik für Radiologie und Nuklearmedizin der MedUni Wien) neu geschaffene KI-Tool kann die kardiale Amyloidose im Rahmen einer Szintigrafie automatisiert erkennen und somit die Diagnosestellung entscheidend beschleunigen.

 

Mindestens ebenso zuverlässig wie Ärzt:innen
Die KI-Anwendung wurde im Rahmen der groß angelegten Studie nicht nur entwickelt, sondern auch auf Genauigkeit im Vergleich zur diagnostischen Leistung von Ärzt:innen überprüft. „Dabei haben wir festgestellt, dass das System kardiale Amyloidose durchgehend mindestens ebenso zuverlässig erkennen kann wie medizinische Expert:innen“, berichten die Erstautoren Clemens Spielvogel und David Haberl von der Universitätsklinik für Radiologie und Nuklearmedizin der MedUni Wien. Auch mögliche Übereinstimmungen der Diagnosestellungen des KI-Systems mit dem Auftreten von Herzversagen und dem Sterberisiko wurden vom Forschungsteam untersucht. Dabei zeigte sich, dass Szintigrafiepatient:innen, bei denen das KI-System eine kardiale Amyloidose vorhersagt, ein doppelt so hohes Sterberisiko und ein mehr als 17-fach erhöhtes Risiko für Herzversagen haben als Patient:innen ohne entsprechendes Ergebnis.

 

Die kardiale Amyloidose ist eine bislang selten und oft erst spät diagnostizierte, aber schwerwiegende Erkrankung, die sich z. B. häufiger als bisher angenommen hinter einer Herzinsuffizienz verbergen kann. 2020 wurden in der Europäischen Union erstmals krankheitsmodifizierende Therapien zugelassen, die das Fortschreiten der kardialen Amyloidose stoppen können. Da bereits bestehende Proteinablagerungen und damit die Erkrankung nicht wieder rückgängig gemacht werden können, spielt eine frühe und präzise Diagnose eine wichtige Rolle für die Patient:innen. „Unsere Erkenntnisse und die von uns entwickelte Technologie können in Zukunft ein Screening auf kardiale Amyloidose unter allen Szintigrafiepatient:innen ermöglichen, bei dem das KI-System parallel zu Ärzt:innen die Bilddaten bewertet“, fasst Clemens Spielvogel die enorme Relevanz der Studienergebnisse zusammen.

 

Publikation: The Lancet Digital Health
Diagnosis and prognosis of abnormal cardiac scintigraphy uptake at risk for cardiac amyloidosis using artificial intelligence: An international, multi-center, multi-tracer development and validation study;
Clemens P. Spielvogel, David Haberl, Katharina Mascherbauer, Jing Ning, Kilian Kluge, Tatjana Traub-Weidinger, Rhodri H. Davies, Iain Pierce, Kush Patel, Thomas Nakuz, Adelina Göllner, Dominik Amereller, Maria Starace, Alice Monaci, Michael Weber, Xiang Li, Alexander R. Haug, Raffaella Calabretta, Xiaowei Ma, Min Zhao, Julia Mascherbauer, Andreas Kammerlander, Christian Hengstenberg, Leon J. Menezes, Roberto Sciagra, Thomas A. Treibel, Marcus Hacker and Christian Nitsche;
www.thelancet.com/journals/landig/article/PIIS2589-7500(23)00265-0/fulltext

 

Quelle: MedUni Wien