E-HEALTH-COM ist das unabhängige Fachmagazin für Gesundheitstelematik, vernetzte Medizintechnik , Telemedizin und Health-IT für Deutschland, Österreich und die Schweiz.
Mehr

Für das ePaper anmelden

Geben Sie Ihren Benutzernamen und Ihr Passwort ein, um sich an der Website anzumelden

Anmelden

Passwort vergessen?

Vernetzung |

KBV an Ministerium: AM-VSG bitte ändern!

Die KBV möchte auf den letzten Metern noch Änderungen an Hermann Gröhes AM-VSG erreichen. Sie denkt in einem Brief an den Minister (auch) über eigene Praxissoftware nach.

 

Das Arzneimittelversorgungsstärkungsgesetz (AM-VSG) gilt als Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhes letztes größeres Gesetzesvorhaben in dieser Legislaturperiode. Es enthält auch einige Paragraphen zum Thema Praxis-IT. Im Kern geht es um neue IT-Module für Praxis-IT-Systeme, die dem Arzt die Ergebnisse der Nutzenbewertung des Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) transparent machen – ähnlich wie das bei den Rabattverträgen teilweise schon geschieht.

 

Droht ein bürokratischer Overkill?

Das Thema Nutzenbewertung ist allerdings komplexer. Der Gesetzesentwurf sieht vor, dass Ärzte direkt beim Verordnungsvorgang arzneimittel- bzw. wirkstoffbezogen über die Ergebnisse der Nutzenbewertung informiert werden. Diese Formulierung ist aber dehnbar: Die Information könnte sich auf die reine Nutzenbewertung beschränken. Es könnten aber auch Wirtschaftlichkeitshinweise des G-BA eingeblendet werden, die dem Arzt in bestimmten Situationen mehr oder weniger explizit einen Verzicht auf gewisse Verordnungen nahelegen würden. Vorschreiben kann der G-BA eine Verordnung nicht, das stünde im Widerspruch zur ärztlichen Therapiefreiheit.

 

Die KBV lehnt die Erstellung von Wirtschaftlichkeitshinweisen per Praxis-IT in ihrem Schreiben an das Ministerium kategorisch ab: „Wir halten es nicht für zielführend, wenn das AIS auch zur Verordnungssteuerung eingesetzt würde“, so KBV-Vorstand Andreas Gassen. Er begründet das unter anderem mit der ständigen Aktualisierung dieser Hinweise durch neue Erstattungsvereinbarungen oder eine Neufassung der Nutzenbewertungen.

 

Ein weiteres Problem ist die „Granularität“ der Informationen. Nutzenbewertungen sind komplexe Dokumente, in denen oft Subgruppen von Patienten gebildet werden, bei denen IQWiG bzw. G-BA einen Zusatznutzen sehen. Um hier kontextsensitiv Informationen einblenden zu können, müsste das Praxis-IT-System „wissen“, welcher Subgruppe ein Patient angehört, und damit es das kann, müsste der Arzt es codieren. Für die KBV ist das ein absurder Gedanke: „Häufig sind diese Subgruppen nicht trennscharf und damit einer zweifelfreien Codierung nicht zugänglich“, so Gassen. Für Ärzte ginge die Codierungspflicht außerdem mit deutlich mehr Bürokratie und Arbeitsbelastung einher.


KBV: „Eigene Praxissoftware ermöglichen“

Schließlich thematisiert die KBV in dem wahrscheinlich kontroversesten Teil ihres Briefes an Gröhe auch noch einmal das Thema Kosten, bei dem es Anfang des Jahres zwischen der Körperschaft und dem bvitg ordentlich geknirscht hatte. Um niedrigere Preise für Arzneimittelmodule oder, in Zukunft, G-BA-Software zu erreichen, müssten entweder Finanzierungsvereinbarungen nach dem Vorbild der Telematikinfrastruktur her oder der Wettbewerb müsse gestärkt werden, so die KBV.

 

Einen Weg zu mehr Wettbewerb sieht die KBV in gesetzlichen Schnittstellen, die den Datentransfer erleichtern: „Möchte ein Arzt seine Arzneimitteldatenbank wechseln, kann er das derzeit nur durch einen Wechsel der gesamten Praxissoftware“, so Gassen. Abschließend schlägt er vor, der KBV im Sinne einer Stärkung des Wettbewerbs die Entwicklung eigener Praxissoftware zu ermöglichen. Damit könne „nicht nachvollziehbaren Kostenforderungen sachgerecht begegnet werden.“

 

Dass die Industrie einem solchen Ansinnen kritisch gegenüber steht, muss kaum extra betont werden. Zwar gibt es auf den aktuellen Brief noch keine offizielle Reaktion. Der bvitg hatte sich aber im Januar im Zusammenhang mit den Diskussionen um die Kosten für Arzneimittelmodule auch zum Thema KBV-Software geäußert. Der Verband wies damals darauf hin, dass bei der Refinanzierung gesetzlich geforderter Investitionen angemessene Vergütungen verhandelt werden müssten und dass auch die KBV nicht kostenlos programmieren könne, sondern die Entwicklungskosten auf anderen Wegen durch die Ärzte refinanzieren müsse.

 

Text: Redaktion E-HEALTH-COM