Eine am Patientenwohl orientierte Gesundheitsversorgung sollte die Patientenperspektive systematisch einholen und einbeziehen. Doch gegenwärtig werden Patientinnen und Patienten weder über ihre Erfahrungen noch über die von ihnen wahrgenommenen Therapieergebnisse und -erfolge regelmäßig befragt. Es gilt, die Chancen der Digitalisierung zu nutzen: Mit Digitalen Gesundheitsanwendungen (DiGA) und Patient-Reported Outcome Measures (PROMs) wäre es möglich, Patientenrückmeldungen schnell und strukturiert zu erfassen, auszuwerten und gezielt für die Verbesserung der laufenden Therapie zu nutzen.
PROMs sind validierte Fragebögen, die Symptome, Funktionsbeeinträchtigungen und das Befinden von Patientinnen und Patienten vor, während und nach einer Behandlung erfassen. Mit DiGA könnten PROMs systematisch erhoben und für personalisierte digitale Versorgungsleistungen genutzt werden. So können DiGA das Selbstmanagement der Nutzerinnen und Nutzer stärken sowie die Therapiesteuerung unterstützen und verbessern.
Der Frage, ob und für welche Zwecke DiGA gegenwärtig schon PROM erheben und nutzen und welche Potenziale damit verbunden sind, geht die vorliegende Analyse „Digitale Gesundheitsanwendungen und Patient-Reported Outcome Measures“ nach. Die Studie wurde Ende 2021 von der Konzept-Agentur Bittner + Thranberend GmbH im Auftrag der Bertelsmann Stiftung durchgeführt.
DiGA nutzen PROMs für ihren Wirksamkeitsnachweis
DiGA, die eine Kostenerstattung in der Regelversorgung der gesetzlichen Krankenversicherung anstreben, müssen nach § 139e SGB V neben Anforderungen zur Vertrauenswürdigkeit und Nutzerfreundlichkeit einen positiven Versorgungseffekt in Form eines medizinischen Nutzens und/oder in Form patientenrelevanter Struktur- und Verfahrensverbesserungen nachweisen.
Als Endpunkte zum Nachweis des DiGA-induzierten medizinischen Nutzens werden, neben weiteren Daten, auch sehr häufig PROMs eingesetzt. PROMs haben im Bereich des DiGA-Wirksamkeitsnachweises also bereits eine evaluative Funktion.
DiGA arbeiten mit PROMs im Rahmen ihrer medizinischen Intervention
Ein Gros der untersuchten DiGA erhebt und verarbeitet PROMs bereits als Teil der Intervention. DiGA fragen die Nutzerinnen und Nutzer beispielsweise mithilfe von PROMs regelmäßig nach ihrem Befinden, ihren Symptomen und ihren Funktionseinschränkungen. Durch diese digitale Interaktion auf Basis von PROMs können DiGA eine personalisierte Versorgung anbieten. Eingesetzt werden die Daten für das Selbstmanagement der Nutzerinnen und Nutzer sowie für die Therapiesteuerung.
Am häufigsten nutzen DiGA aus den medizinischen Fachbereichen der Gynäkologie, der Psychosomatik und Psychiatrie, der Neurologie und der Orthopädie bereits PROMs im Rahmen ihrer medizinischen Intervention.
Intelligentes Zusammenspiel aus digitaler und analoger Versorgung notwendig
Da DiGA in einem interaktiven, digitalen Prozess Patientinnen und Patienten auf Basis ihrer eigenen PRO-Daten in ihrem Gesundheitshandeln stärken, sind sie der Prototyp einer patientenzentrierten Versorgungform. Es wird Zeit, dass das Potenzial der DiGA zur Stärkung des Selbstmanagements und zur Verbesserung der Therapiesteuerung endlich anerkannt wird. Es bedarf neuer Regelungen, wie DiGA stärker in die (analoge) Routineversorgung integriert und mit dieser verknüpft werden können, um so ein intelligentes Zusammenspiel aus digitaler und analoger Versorgung auch zwischen regulären Arztterminen zu ermöglichen.
Die Studie können Sie ist unter dem folgenden Link verfügbar:
Quelle: Bertelsmann Stiftung