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Medizin |

Positive Signale aus Telemedizinprojekten des Innofonds

In einem ungewöhnlichen Schritt veröffentlicht der G-BA zwei optimistische Berichte zu Telemedizinprojekten des Innovationsfonds, die derzeit final ausgewertet werden.

Bild: © G-BA

Der Innovationsfonds des Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) galt einst als Vehikel, um Telemedizin nach zwei Jahrzehnten zähem Fortschritt in die Regelversorgung zu überführen. Diese Hoffnung hat sich allerdings, wie auch bei anderen Innofonds-geförderten Thematiken, bisher nicht wirklich erfüllt. Auch positiv evaluierte Projekte haben es schwer, sich in der Regelversorgung zu etablieren. Und dort, wo es einigermaßen gelingt, werden oft Handbremsen angelegt.

 

Derzeit nähern sich mit TELE-KASPER und Optimal@NRW zwei telemedizinische Innovationsfonds-Projekte dem Projektende. Zu beiden hat der G-BA jetzt Projektberichte veröffentlicht, die einen Einblick in erste Evaluationsergebnisse geben. Das ist eher ungewöhnlich, vielleicht ein positives Zeichen. TELE-KASPER ist ein seit 2020 mit insgesamt 7,7 Millionen Euro für 45 Monate gefördertes Projekt, das ein telemedizinisches Antibiotic Stewardship (ABS) Programm etablieren will. Projektleiter ist Prof. Johannes Hübner vom Universitätsklinikum München. Optimal@NRW wird bis 2024 mit 15 Millionen Euro gefördert und will durch intersektorale, telemedizinische Vernetzung die Krankenhauseinweisungen aus Pflegeheimen reduzieren. Projektleiter ist Dr. Jörg Brokmann von der Notaufnahme der Uniklinik der RWTH Aachen.

 

TELE-KASPER: Bessere und weniger Antibiotika bei Kindern

TELE-KASPER konzentriert sich, der Name legt es nahe, auf die Kinder- und Jugendmedizin. ABS in der Erwachsenenmedizin ist relativ weit verbreitet. Pädiatrische ABS-Projekte an Einzelkliniken waren bisher rar, der Aufwand für vergleichsweise wenige Patient:innen ist relativ hoch, und die sehr spezielle Expertise auch nicht überall verfügbar. TELE-KASPER vernetzt deswegen 35 nicht-universitäre Kinderkliniken telemedizinisch mit dem Ziel, die Antibiotikatherapie durch Information und Zugang zu Infektionsexpert:innen sachgerechter zu machen und die Gabe von Antibiotika bei Kindern und Jugendlichen um mindestens 20 Prozent zu verringern.

 

Zentrales Werkzeug dafür ist eine App, die für kooperierende Kliniken als zentrale Informations- und Austauschplattform infektiologische Inhalte speziell im Hinblick auf Kinder und Jugendliche bereithält. Das sind zum einen Basisinformationen, zum anderen aber auch multimediale Weiterbildungsformate. Vor allem aber können spezifische Anfragen gestellt werden, die von Expert:innen der Universitätskliniken direkt beantwortet oder in telemedizinischen Konsilen und Fallkonferenzen beraten werden. Das gab es so bisher nicht in Deutschland.

 

Erste Auswertungen zeigen laut G-BA, dass die App in den kooperierenden Kliniken stark genutzt wird. Besonders oft abgerufen werden Informationen zu ambulant erworbenen Pneumonien, ambulant erworbenen Harnwegsinfekten sowie Tonsillophyrangitiden. Im Durchschnitt beträgt die Wartezeit auf eine so genannte TeleInfo, also eine Antwort auf eine Anfrage, drei Stunden, die auf ein Telekonsil vier Stunden.

 

Optimal@NRW: Kampf dem Pflegeheim-Krankenhaus-Automatismus

Pflegeeinrichtungen haben typischerweise keine Ärzt:innen vor Ort, entsprechend rasch ist außerhalb der normalen hausärztlichen Versorgungszeiten der Rettungsdienst alarmiert. In vielen Fällen werden die Betroffenen dann sicherheitshalber ins Krankenhaus gebracht, was nicht immer nötig ist und die ohnehin strapazierte, stationäre Versorgung zusätzlich belastet. Typische, vermeidbare Krankenhauseinweisungen sind solche wegen Delirs bei Demenzerkrankten.

 

Am Optimal@NRW Projekt nehmen 24 Pflegeeinrichtungen in den Regionen Aachen, Düren und Heinsberg teil. Die Universitätsklinik Aachen stellt eine rund um die Uhr verfügbare, telemedizinischen Anlaufstelle zur Verfügung, die es Pflegekräften ermöglicht, Patient:innen direkt mit Teleärzt:innen per Videosprechstunde zu besprechen. Umgesetzt wird das mit Hilfe spezieller telemedizinischer Visitenwagen mit zwei Bildschirmen, Raumkamera, Vitaldatenmonitor und weiteren Messgeräten.

 

Auch Hausärzt:innen können an dem telemedizinischen Kooperationsnetzwerk mitwirken. Entscheidend ist, dass ärztliche Expertise außerhalb des normalen Rettungsdienstes rund um die Uhr zur Verfügung gestellt wird. Ergänzt wird die telemedizinische Beratung durch „Nicht-ärztliche Praxisassistenzen mit Zusatzaufgaben“ (NäPa(Z)). Diese besuchen bei Bedarf die Pflegeheime und führen dort ärztlich delegierbare Maßnahmen durch. Die laufende Evaluation zeigt, dass die Bewohner:innen der Pflegeheime keine großen Berührungsängste mit der Telemedizin haben, und die NäPa(Z) werden als wesentlicher Beitrag zur ambulanten Versorgung und vom Pflegepersonal als Entlastung wahrgenommen.

 

Weitere Informationen

Projekt TELE-KASPER:

https://innovationsfonds.g-ba.de/service/projekteinblicke/tele-kasper/

 

Projekt Optimal@NRW:

https://innovationsfonds.g-ba.de/service/projekteinblicke/optimal-nrw/