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Medizin |

Rise-uP soll Kreuzschmerz-Versorgung optimieren

© pikovit

Verbessern eHealth-Lösungen das Management von Patienten mit Rückenschmerzen? Das Innovationsfonds-Projekt Rise-uP will das belegen.

 

Mit einer innovativen eHealth-Versorgungslösung will das auf drei Jahre angelegte Projekt „Rise-uP“ unter der Leitung des Münchner Schmerzmediziners Dr. Thomas R. Tölle der Chronifizierung von Rückenschmerzen entgegen wirken. Gefördert wird das telemedizinische Vorzeigeprojekt aus Bayern mit über fünf Millionen Euro aus dem Innovationsfonds.

 

Rückenschmerzen sind in Deutschland die häufigste Einzeldiagnose bei Erkrankungen des Muskel-Skelett-Systems und darüber hinaus der erste Grund für das Fehlen am Arbeitsplatz. Den typischen Behandlungspfad gibt es nicht: „In der Behandlung von Rückenschmerzen haben wir eine äußerst fragmentierte Versorgungsgrundsituation. Patienten konsultieren nicht selten bis zu zehn verschiedene Ärzte“, berichtet Tölle, der im Rise-uP-Projekt als Schmerzmediziner am Zentrum für Interdisziplinäre Schmerzmedizin der TU München die oberste Versorgungsebene repräsentiert.

 

Nationale Versorungsleitlinie Kreuzschmerz als Zielvorgabe

Mit Rise-uP soll der jetzt neu herausgekommenen Nationalen Versorgungsleitlinie für nicht-spezifischen Kreuzschmerz besser Rechnung getragen werden. Diese sieht u.a. vor, die Fehl- und Überversorgung – zu viel Diagnostik, zu viele und zu kostenintensive Operationen, zu viele Injektionen – bei Rückenschmerz zu senken. Insgesamt 5 Modellregionen mit rund 100 Projektärzten, nehmen an Rise-uP teil, darunter auch eine Kontrollgruppe. Per Fragebogen wird zu Beginn jeder Behandlung das Chronifizierungsrisiko ermittelt. Die AOK Bayern und die Bayerische TelemedAllianz unterstützen als Konsortialpartner die technische Umsetzung.

 

Der innovativste Anteil des Projekts besteht in einem intersektoralen Aktensystem. „Wir möchten die Behandlung von Rückenschmerz mittels elektronischer Fallakten sektorenübergreifend strukturieren und auch innerhalb der Sektoren in einen sinnvollen Behandlungs-Algorithmus bringen“, so Tölle. In der Fallakte ist ein intelligenter Therapie-Algorithmus, der sogenannte Therapienavigator, hinterlegt: Einmal angelegt stehen die Patientendaten allen weiterbehandelnden Ärzten zwecks Zusatzuntersuchungen und vernetztem Tele-Konsil zur Verfügung.

 

Auch der Patient selbst kann seine Akte ganz im Sinne der Patient Empowerment via App mit seinen Daten füttern. Schmerzmediziner Tölle: „Die Rücken-App bietet den Betroffenen wissenschaftlich belegte, edukative und psychologische Inhalte, physiotherapeutische Übungen, ein Schmerztagebuch und Entspannungsverfahren.“ Unter Kontrolle des Arztes werden die Ergebnisse in die IT-basierte Behandlungsplattform zurückgespielt, sodass Befunde erhoben und Therapieschritte veranlasst werden können. „Wir melden beispielsweise einen Patienten, der bei unserem Risikostratifizierer ein hohes Chronifizierungsrisiko aufweist, direkt zu einem telemedizinischen Schmerzkonsil an. So wird er unter Umgehung jahrelanger Wartezeiten von vorneherein sachgerecht behandelt.“

 

Evaluation zum Rise-uP Projekt steht noch aus

Evaluiert wird das Projekt durch das Institut für angewandte Versorgungsforschung inav. Es wertet die Primärdaten der Krankenkassen sowie die Behandlungserfolge bei insgesamt 5000 ausgewählten Patienten anonymisiert aus und vergleicht diese mit einer ebenso großen Kontrollgruppe. Ob die Versorgungslösung nach Projektende in die Regelversorgung überführt werden kann – was ja der Anspruch des Innovationsfonds ist – bleibt abzuwarten. Die AOK Bayern möchte sich zum jetzigen Zeitpunkt nicht festnageln lassen, was genau die Erfolgskriterien sind, die es rechtfertigen würden, die Vernetzungslösung über die Projektärzte hinweg auszudehnen und dauerhaft zu erstatten. Tölle hält die Aussichten jedenfalls für mehr als gut: „Wir sind überzeugt, dass sich das Versorgungssystem in fünf Jahren grundlegend gewandelt hat.“

 

Text: Redaktion E-HEALTH-COM