E-HEALTH-COM ist das unabhängige Fachmagazin für Gesundheitstelematik, vernetzte Medizintechnik , Telemedizin und Health-IT für Deutschland, Österreich und die Schweiz.
Mehr

Für das ePaper anmelden

Geben Sie Ihren Benutzernamen und Ihr Passwort ein, um sich an der Website anzumelden

Anmelden

Passwort vergessen?

Medizin |

Spielend gegen ADHS und Co

Digitale Therapien gelten als Milliardenmarkt. Bei der Consumer Electronic Show sind sie diesmal ein Top-Thema. Die US-DiGA-Hersteller zielen u.a. auf ADHS, Schlaf und Lungenkrankheiten.

Quelle: © ZinetroN – stock.adobe.com

Nicht so wie immer, aber immerhin: Die diesjährige Consumer Electronic Show ist, wie andere Großveranstaltungen, ein rein virtuelles Vergnügen. Da trifft es sich, dass auch die Medizin virtueller wird. Ein Baustein: Digital Therapeutics. Jill Gilbert, die seit Jahren den Digital Health Kongress im Rahmen der CES organisiert, gab die Richtung vor: „Analysten erwarten, dass der globale Markt für digitale Therapien bis 2030 auf 8,9 Milliarden US-$ anwachsen wird.“ Das ist doch mal ein Wort.

 

ADHS Therapie EndeavorRx: Ein „Go“ von der FDA

Die Anfänge sind bescheidener, aber so bescheiden wie noch vor Kurzem, als Stand-alone-Apps als Gipfel der Digitaltherapien galten, sind die Hersteller heute nicht mehr. Eddie Martucci von Akili Interactive berichtete über digitale Therapien für kognitive Störungen, denen sich sein Unternehmen verschrieben hat. Im Fokus steht derzeit die ADHS, für die das Unternehmen mit EndeavorRx eine seit Kurzem von der FDA zugelassene, digitale Anwendung im Angebot hat, die auf kognitives Training und hier vor allem auf das Kernsymptom Aufmerksamkeitsstörung zielt.

 

Konkret handelt es sich um eine Serious Gaming Anwendung, die versucht, spezifische Defizite bei der ADHS in Form eines Action-Videospiels zu adressieren. Die spielenden Kinder mit ADHS müssen unterschiedliche, teils überlappende Aufgaben lösen, die sowohl sensorische als auch motorische Anforderungen stellen. Die FDA-Zulassung wurde erteilt, nachdem insgesamt fünf klinische Studien durchgeführt worden waren. Darunter war die randomisierte STARS-ADHD Studie mit über 300 Teilnehmern, im Rahmen derer eine Verbesserung standardisierter kognitiver Indices für die ADHS nachgewiesen werden konnte. 

 

Martucci betonte, dass der Ansatz des Unternehmens nichts mit der bei Mental-Health-Anwendungen weit verbreiteten, kognitiven Verhaltenstherapie zu tun habe. Die Software ziele vielmehr auf eine direkte Stimulation ganz spezifischer ADHS-relevanter Hirnregionen. Letztlich soll die Hirnfunktion auf diese Weise langfristig verändert und normalisiert werden. Die Anwendung könne in den USA von Ärzten verschrieben werden und werde mittlerweile von vielen Kostenträgern regulär erstattet.

 

Dreem: Schlaflabor für zu Hause

Im Grenzgebiet zwischen Medizin und Wellbeing bewegt sich das Unternehmen Dreem, das antritt, die Schlafqualität zu verbessern. Dies geschieht mit einer technisch anspruchsvollen Lösung, die Managing Director Vik Panda vorstellte. Sie verknüpft digitale Software-Tools mit einer Reihe von Sensorprodukten. Dazu gehören Sensoren für Herz- und Atemfrequenz sowie nächtliche Bewegung, vor allem aber auch ein Stirnband, das in der Lage ist, ein EEG abzuleiten.

 

Mit dem Stirnband sei die Anwendung erfolgreich gegen die Polysomnographie validiert worden, so Panda. Die Polysomnographie stellt im Schlaflabor den diagnostischen Standard für die Abklärung einer obstruktiven Schlafapnoe dar, einer wichtigen Differenzialdiagnose bei Schlafstörungen und Tagesmüdigkeit. Von therapeutischer Seite bietet Dreem ein auf kognitiver Verhaltenstherapie für Insomnie basierendes Coaching-Tool. Angeboten wird die Anwendung in den USA zum einen über Versicherungsträger, vor allem aber über Arbeitgeberprogramme.

 

KI-Plattform für chronische Lungenerkrankungen

Spannend war auch, was Meredith Barrett von Propeller Health über die Weiterentwicklung von deren COPD/Asthma-Tools zu berichten hatte. Propeller Health, seit 2019 Teil von ResMed, hat einen FDA-zertifizierten Sensor im Programm, der auf Inhalationstools aufgesetzt werden kann und der es erlaubt, Adhärenz zur Inhalationstherapie, Symptomverschlechterung und den Verbrauch von Rescue-Medikation telemedizinisch zu überwachen. In Studien konnte gezeigt werden, dass diese Art des Telemonitorings die Asthma-Kontrolle verbessern, Notaufnahmebesuche reduzieren und die Patientenzufriedenheit erhöhen kann.

 

Propeller entwickelt das Therapiemonitoring derzeit mit Hilfe von KI-Algorithmen zu einer breiter aufgestellten, digitalen Plattform für chronische Lungenerkrankungen weiter. So konnte das Unternehmen zeigen, dass der Verbrauch der Rescue-Medikation bei seinen Kunden unter anderem mit Luftverschmutzung und anderen äußeren Faktoren korreliert. Dies fließt jetzt in Prädiktionsalgorithmen ein, die, abhängig vom aktuellen Aufenthaltsort der Person, die Wahrscheinlichkeit klinischer Probleme vorhersagen. „Das ist bei unseren Nutzern mittlerweile eines der beliebtesten Features“, so Barrett beim CES.

 

Weitere Informationen

Randomisierte STARS-ADHD Studie von Akili

https://www.thelancet.com/journals/landig/article/PIIS2589-7500(20)30017-0/fulltext