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Medizin |

Stellungnahme zum Referentenentwurf der DVG-Verordnung (DIGAV)

Sebastian Vorberg, Rechtsanwalt und BiM-Vorstandssprecher

Die erste grobe Durchsicht des Referentenentwurfes „Verordnung über das Verfahren und die Anforderungen der Prüfung der Erstattungsfähigkeit digitaler Gesundheitsanwendungen in der gesetzlichen Krankenversicherung“ lässt den Schluss auf eine solide Umsetzung und Konkretisierung des Digitale Versorgung-Gesetz vermuten.

 

Neben den formalen Voraussetzungen versucht der Entwurf auch den Nachweis der positiven Versorgungseffekte zu konkretisieren. Hier wartet der Referentenentwurf mit einer Überraschung auf.

 

Die hierfür wesentlichen Regelungen insbesondere des § 16 (Studien zum Nachweis positiver Versorgungseffekte) und des § 19 (Begründung der Versorgungsverbesserung) sind recht knapp gefasst. Die Auswahl der Möglichkeiten für den jeweiligen Nachweis ist entsprechend spärlich

  • Für den Nachweis der positiven Versorgungseffekte wird ausschließlich der Notwendigkeit einer vergleichenden Studie angeboten und
 
 
  • für die Darstellung des plausiblen Versorgungseffekts vor Antritt der Erprobung wird „mindestens“ eine Pilotstudie.
 

 

Das klingt im Vergleich zu der bisherigen Offenheit der DVG-Gesetzgebung nicht nur etwas einfallslos, sondern auch nach einer erheblichen Verschärfung an die Anforderungen der Evaluation für die digitalen Gesundheitsanwendungen.

 

Diese strengen und etwas einseitigen Anforderungen an den Nachweis der Versorgungseffekte bei digitalen Gesundheitsanwendungen deuten auf eine offensichtlich gewünschte Anpassung und Verschärfung des politischen Willens hin. Jedoch tut sich hier auch eine dogmatische Inkonsistenz auf, die so nicht hingenommen werden kann:

 

 
  • Die Gesetzesbegründung zum DVG hat als Wille des Gesetzgebers klargestellt, dass die positiven Versorgungseffekte durch Fallberichte, Expertenmeinungen, Anwendungsbeobachtungen, Studien oder sonstige valide Erkenntnisse nachgewiesen werden sollen. Diese Motivation der Gesetzesinitiative findet sich in der Verordnung nicht wieder und es stellt sich die Frage, ob der Gesetzgeber die einseitige Forderung einer vergleichenden Studie so gewollt hat.
 
 
  • Das DVG verlangt für die Erprobung der digitalen Gesundheitsanwendungen „… eine plausible Begründung des Beitrags der digitalen Gesundheitsanwendung zur Verbesserung der Versorgung …“ (§ 139e Abs. 4 SGB V n.F.). Hieraus lässt sich die Anforderung einer Pilotstudie nicht entnehmen. Plausibilität zeichnet sich gerade dadurch aus, dass eine Begründung sich allein aus logischen Schlussfolgerungen und Parallelwertungen ohne konkreten Nachweis durch eine Studie oder auch andere valider Methoden ergibt. Der Mindestnachweis durch eine Pilotstudie wäre zwar möglich und in den Fällen, in denen der logischen Schlussfolgerung oder der Parallelwertung noch auf die Sprünge geholfen werden muss, auch sinnvoll. Er ist aber weder dem Begriff der Plausibilität noch dem DVG zu entnehmen.
 

 

Als Ergebnis der überschlägigen Prüfung lässt sich feststellen, dass ggf. noch Nachbesserungsbedarf bezüglich der Nachweispflichten der Versorgungseffekte besteht. Hier lässt sich auch sachlich noch anmerken, dass die Anwendungsbereiche der digitalen Gesundheitsanwendungen so vielfältig sind, dass schon absehbar ist, dass der einseitige Nachweis durch eine Studie, insbesondere einer geforderten Vergleichsstudie, an seine Grenzen stoßen kann. Es sind z.B. digitale Produkte denkbar, denen schlicht eine sinnvolle Vergleichsmöglichkeit fehlt.

 

Hier könnte eine Lösungsmöglichkeit darin liegen, die Vorgaben aus dem DVG und seiner Begründung hier auch in die Verordnung zu übernehmen und dann den konkreten Anspruch an die Evaluationsqualität zu konkretisieren. So könnten aus den einseitigen knappen und etwas starren Regelungen differenzierte flexible Regelungen werden, ohne die Qualität der Versorgungseffekte hier zu gefährden.