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Forschung |

Telemedizinnetzwerk für die COVID-Forschung

Unter dem Dach des Netzwerks Universitätsmedizin entsteht im April 2022 ein universitäres Telemedizinnetzwerk. Es soll zunächst die deutsche Corona-Forschung konkurrenzfähiger machen.

Bild: © ipopba – stock.adobe.com

Die deutsche Forschung hat maßgeblich zur raschen Etablierung der SARS-CoV-2 PCR beigetragen, und sie hat einen der effektivsten Impfstoffe hervorgebracht. Was die klinische Forschung im Kontext COVID-19 angeht, ist das Land aber weit abgeschlagen. „Während in England jede siebte wegen COVID-19 in einem Krankenhaus behandelte Person in eine Therapiestudie einbezogen wurde, war es in Deutschland eine von hundert“, konstatierte der Leiter des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) kürzlich in einem Beitrag im Observer Gesundheit. Niemand widersprach.

 

Universitäres Telemedizinnetzwerk ab April 2022

Das Ganze ist umso deprimierender, als seit Jahren Fördermittel des Bundesforschungsministeriums in großem Umfang fließen, um in diesem Punkt Abhilfe zu schaffen. Die Etablierung der Deutschen Zentren der Gesundheitsforschung (DZG) zielte genauso auf diese Defizite wie die Medizininformatik-Initiative. Konkrete Erfolge in Sachen einrichtungsübergreifende klinische Forschung gibt es bisher allenfalls punktuell in einzelnen DZG. Bei der COVID-19-Pandemie waren die deutschen klinischen Forscher:innen weitgehend blank – und daran konnte auch das im Frühjahr 2020 Hals über Kopf aus der Taufe gehobene Netzwerk Universitätsmedizin (NUM) nicht mehr viel ändern. Wer klinische Studiendaten zu COVID-19 sucht, der schaut nicht nach Deutschland.

 

Ob die Telemedizin helfen kann? Bei der Tagung Digital Health: Now! Von DGTelemed, ZTG und Uniklinikum Aachen berichtete Prof. Dr. Carina Benstöm vom Digital Medicine Innovation Center des Universitätsklinikums Aachen über die Pläne für ein deutschlandweites, universitäres Telemedizinnetzwerk. Es soll, sofern die neue Bundesregierung die Finanzierung des NUM weiterhin gewährleistet, im April 2022 unter dem NUM-Dach seinen Betrieb aufnehmen.

 

Da die größten Pandemiewellen bis dahin wahrscheinlich hinter uns liegen, wolle sich das Netzwerk weniger auf die Akutversorgung als auf den Themenbereich Long COVID konzentrieren, so Benstöm: „Es fehlen strukturierte, longitudinale Daten, um die Langzeitfolgen durch die Covid-19-Infektion beschreiben zu können. Die vorliegenden Daten erlauben keine verlässliche Einschätzung, wie viele Patienten betroffen sind und welche Faktoren das Auftreten begünstigen. Hier kommt das universitäre Telemedizinnetzwerk ins Spiel.“

 

Evidenzbasierte Leitlinien für Studien auf Distanz

Sprecher:innen des Netzwerks werden Prof. Dr. Anja Schneider vom Universitätsklinikum Bonn und Prof. Dr. Gernot Marx vom Universitätsklinikum Aachen sein. Marx und sein Team in Nordrhein-Westfalen haben mit einem teleinfektiologischen Konsil-Netzwerk für die Intensivmedizin einen der wenigen digitalen Leuchttürme der COVID-19-Versorgung in Deutschland errichtet – allerdings mit Fokus Versorgung und nicht mit Fokus Forschung. Das neue Telemedizinnetzwerk soll im Long COVID Kontext jetzt den Forschungsaspekt stärker betonen.

 

Neben den längerfristigen Folgen der COVID-19-Infektion will das neue Netzwerk auch Grundlagenarbeit leisten: Es sollen evidenzbasierte Leitlinien für telemedizinische Versorgungsnetze und vor allem für klinische Fernstudien erarbeitet werden: „Unser Ziel ist nicht ein Jahr Förderung und dann Ende, sondern eine nachhaltige telemedizinische Infrastruktur, die über 2022 hinaus bei der Bewältigung von Krisen helfen kann“, so Benstöm.