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Ulrich Weigeldt, Bundesvorsitzender des Deutschen Hausärzteverbandes, Foto: Deutscher Hausärzteverband e.V.

Der Deutsche Hausärzteverband bietet seinen Mitgliedern für die Abrechnung der HZV-Verträge ab dem dritten Quartal eine webbasierte Lösung als Alternative zu den in die Praxis-IT integrierten HÄVG-Modulen an.

 

Ulrich Weigeldt, der Bundesvorsitzende des Deutschen Hausärzteverbands (HÄV), ist genervt: „Wir sind an einem Punkt, an dem man sagen muss: Die schleppende Digitalisierung ist inzwischen zu einer Gefahr für die medizinische Versorgung geworden.“ Wo immer die Selbstverwaltung versuche, zu digitalisieren, geschehe das nur halbherzig: „Die Videosprechstunde zum Beispiel ist ein Rohrkrepierer. Sie ist ein hoch komplexes Angebot, dass nur einmal die Woche abgerechnet werden kann, sodass sich jeder fragt, ob es sich lohnt, dafür aufzurüsten.“

 

„IT-Systeme sind eine Behinderung“

Auch wenn das mit dem „einmal die Woche“ nicht ganz stimmt: Hinter Weigeldts Äußerungen steckt hörbar der Frust, dass IT zu einem Nervthema für Ärzte geworden ist: „Unsere IT-Systeme, die uns eigentlich helfen sollen, Prozesse abzuschließen und möglichst schnell zu arbeiten, sind eher eine Behinderung. Sie sind komplex und technologisch vielfach veraltet.“ Vor allem beim Hausbesuch seien sie zudem sehr fehleranfällig und kompliziert zu bedienen.

 

Der HÄV will deswegen künftig verstärkt eigene IT-Lösungen vorantreiben, um es den Ärzten in HZV-Verträgen einfacher zu machen. Im Laufe des dritten Quartals will der Verband die von dem Unternehmen egopulse Deutschland entwickelte HZV-Abrechnungssoftware Geniocare in den Markt bringen, die Ärzte für 49 Euro im Monat nutzen können. Bei der Software handelt es sich um eine komplett webbasierte Alternative zu den in die Praxis-IT-Systeme integrierten HZV-Modulen, mit denen in über 600 Hausarztverträgen bisher gearbeitet wird. Ärzte, die Geniocare nutzen, brauchen das integrierte Modul dann nicht mehr.

 

„Es geht uns um die Abrechnung der HZV-Verträge. Wir wollen nicht Praxis-IT-Systeme ersetzen. Es ist eine zusätzliche Software, die ohne zusätzliche Geräte von jedem Smartphone oder Tablet aus genutzt werden kann. Alle HZV-Verträge in Vollversorgung nach §73b können darüber abgerechnet werden“, so Weigeldt. Die ersten Rückmeldungen der Ärzte seien sehr ermutigend. Er rechne damit, dass sich relativ zügig eine vierstellige Zahl an Nutzern für die Weblösung entscheiden werde.

 

Mehr Zeit für die Ärzte?

Insgesamt nehmen rund 16000 Ärzte an der HZV teil. Aktueller Stand ist, dass die Softwaretests nach den Pilottests jetzt auf zahlreiche Arztpraxen ausgedehnt werden. Im nächsten Schritt werden dann die Funktionen für das Medikationsmanagement umgesetzt, ein ganz wesentlicher Bestandteil der HZV-Verträge.

 

Technisch nutze die Software eine mit Datenschützern abgestimmte Zwei-Faktor-Authentifizierung, betonte Lutz Kleinholz von egopulse. Dabei kämen einerseits Mobile-TANs zum Einsatz, andererseits würden Nutzer und Geräte einzeln registriert. Dies sei wesentlich sicherer als reine Mobile-TAN-Verfahren, und es sei auch moderner als die ebenfalls mit Datenschützern abgestimmte Technologie, die für die Krebsregistermeldungen genutzt werde.

 

HÄV-Vorstandsmitglied Jens Wagenknecht, selbst einer der Testärzte, gab zu, dass das Online-Tool ein gewisses Maß an Doppeldokumentation bedeute. Der dafür nötige Aufwand werde aber dadurch, dass der Bedienungskomfort höher und ein zuverlässiger mobiler Einsatz möglich sei, überkompensiert. Ärzte hätten am Ende mehr Zeit, nicht weniger.

 

Text: Philipp Grätzel von Grätz, Chefredakteur E-HEALTH-COM