Nachdem Bundesgesundheitsminister Prof. Karl Lauterbach als eine seiner ersten digitalen Amtshandlungen die verpflichtende Einführung des E-Rezepts zu Anfang Januar 2022 bis auf Weiteres verschoben hatte, weil die Anwendung noch nicht richtig ausgereift sei, fragten sich viele, wie es denn nun weitergeht und wo wir eigentlich stehen. Ein paar Antworten gab ein Panel am ersten Tag der DMEA in Berlin.
Hannes Neumann von der gematik GmbH berichtete von der bundesweit laufenden Testphase des E-Rezepts. Bisher wurden um die 10.000 E-Rezepte ausgestellt – als Vorgabe hatten sich die Verantwortlichen bis Ende der Testphase 30.000 gesetzt. Außerdem war gewünscht, möglichst viele Praxen und Apotheken mit unterschiedlichen Verwaltungssystemen, sowie Patient:innen aller Krankenkassen einzubinden. Ein weiteres Ziel: Ärzt:innen und Apotheker:innen sollten sich miteinander vernetzen, und sich austauschen, damit sie möglichst gut auf das E-Rezept vorbereitet sind.
Die zunächst nur auf Berlin-Brandenburg eingeschränkte Testphase war Ende November 2021 bundesweit ausgeweitet worden, nachdem einige Hersteller die Beschränkung als zu eng kritisierte hatten. In der Folge hatten sich Cluster gebildet, die die Versorgung mit E-Rezepten in den Versorgungsalltag vorangebrachten, erklärte Neumann. Darüber hinaus gab es individuelle Rollouts der Software-Hersteller. „Die gematik hat die Regel zur Teilnahme an der Testphase bewusst einfach gehalten“, sagt Neumann und fährt fort: "Sind die technischen Voraussetzungen durch das Herstellersystem gegeben, braucht es nur einen Heilberufeausweis, um zu testen."
E-Rezept für Privatversicherte ab 2023
Über den aktuellen Stand der Testphase informiert seit dem 10.03.2022 die Webseite ti-score.de. Darauf finden sich auch Selbstauskünfte der Hersteller, Angaben von Referenzen und laufende Aktualisierungen. Die Unternehmen können zudem eigene Informationen wie etwa Tutorials, Service- und Infomaterialien zur Verfügung stellen.
Nach Neumanns Angaben laufen die Tests vielversprechend. Man habe auch schon erste Erkenntnisse für notwendige Anpassungen gewonnen. So wurde ein erster Anpassungsbedarf bei der Quittungssignatur erkannt. Eine Lösung des Problems soll in Kürze zur Verfügung stehen. Bei der App wurde von Nutzerseite Optimierungsbedarf beim Statuswechsel nach der Rezept-Einlösung angemeldet und durchgeführt. Auf Seiten der Hersteller ist eine Verbesserung der Stapelverarbeitung vorbereiteter Rezepte in einzelnen Systemen gewünscht.
Perspektivisch kündigte Neumann das eRezept für Privatversicherte ab 2023 an. Die Voraussetzung dafür ist eine Gesundheitskarte oder die Einführung einer digitalen Identität für die Versicherten. Ab Herbst 2022 soll die Mehrfachverordnung kommen. Die Folgerezeptierung belastet viele Praxen und bedeutet einen hohen Arbeitsaufwand, den man dadurch zu minimieren hofft.
Vom Pilotprojekt zum „E-Rezept Deutschland“
Die gematik ist nicht allein mit dem Testen des E-Rezepts. Die Techniker Krankenkasse hat bereits im Mai 2019 mit einem eigenen Pilotprojekt begonnen. „Uns ging es dabei weniger um die technische Umsetzung als um die Herausforderung, die verschiedenen Partner:innen – nämlich die Ärzt:innen, Apotheker:innen und Patient:innen zusammenzubringen“, so Dr. Frank Verheyen. Das Modellprojekt wurde stufenweise ausgebaut. Bis dato sind knapp 300 Ärzt:innen, 1.400 Apotheker:innnen und ca. 40.000 Versicherte beteiligt. Etwa 1600 E-Rezepte wurden ausgestellt.
Ein Problem, dem sich die Verantwortlichen stellen müssen, ist, die Frage, wie man eine sinnvolle Anwendung wie das E-Rezept in die Breite bekommt. Seiner Erfahrung nach stehe für Versicherte der Aspekt der Arzneimitteltherapiesicherheit nicht im Vordergrund für die Nutzung des E-Rezepts, so Verheyen. Vielmehr gehe es um Convenience. Auch Ärzt:innen und Apotheker:innen ließen sich mit dem Argument der Arbeitserleichterung am ehesten überzeugen. Diese Erkenntnisse sollten sich die Verantwortlichen zunutze machen, um Anwendern die Vorteile des E-Rezepts vor Augen zu führen, um die Anwendung so in die Fläche zu bekommen.